Toolbox für Zivilgesellschaft und Politik
Großprojekte wie die Energiewende oder der Klimaschutz lösen Veränderungsimpulse aus, die über einzelne Wirtschaftsbereiche oder soziale Gruppen hinausgehen. Sie betreffen die gesamte Gesellschaft und verlangen den Menschen erhebliche Anpassungsleistungen ab. Die Akzeptanz für solche Projekte ist zunehmend davon abhängig, ob die Bevölkerung bei ihrer Gestaltung mitreden kann. Die hier vorgestellten Methoden helfen, eine solche aktive Beteiligung zu organisieren. Sie richten sich primär an zivilgesellschaftliche und politische Akteure.
Steckbrief
- Aufwand: ca. 3 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: ein- bis zweitägiger Workshop
- Prozessdauer: ca. 5 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 12 bis 36 Expert/innen
- Integration: Konsultation
Mit einem Gruppendelphi können Sie den Wissensstand von Expert/innen zu einem Thema aufbereiten und auf diese Weise einen Überblick über Konsens und Dissens bei Expertenurteilen bekommen. Dies ermöglicht Ihnen eine Einschätzung für die Bewertung von Sachverhalten, Ereignissen oder Entwicklungstendenzen.
Das Gruppendelphi ist eine Variante des klassischen Delphi-Verfahrens, welches häufig in der Zukunftsforschung und Technologiebewertung zum Einsatz kommt. Eine Gruppe von Expert/innen beantwortet dabei ein und denselben Fragenkatalog mehrmals. In jeder neuen Runde sollen die Expert/innen die Antworten der Gruppe aus der vorherigen Befragung berücksichtigen. Dieses Vorgehen soll die Varianz der Bewertungen verringern und die Urteilssicherheit erhöhen.
Ein wesentlicher Nachteil der klassischen Delphi-Methode besteht darin, dass sie keine Begründungen für abweichende Urteile erfasst. Dadurch stehen Ihnen diese wichtigen Informationen nicht zur Verfügung. Mit dem Gruppendelphi nutzen Sie die erprobten Prinzipien der Delphi-Methode und können gleichzeitig ihre Nachteile vermeiden.
Anwendungsbereich
Das Gruppendelphi eignet sich besonders für die Diskussion von Themen und Entwicklungen, über deren Bewertung, Auswirkungen und Potenziale große Unsicherheiten bestehen. In solchen oftmals kontroversen Situationen wenden Sie diese Methode an, um Klarheit über den Vorrat an einheitlichen Einschätzungen sowie Transparenz über die unterschiedlichen Argumente zu erhalten, die abweichenden Urteilen zugrunde liegen. Mit dem Gruppendelphi nutzen Sie die Expertise von Expert/innen zum Beispiel zur Priorisierung von politischen Handlungsempfehlungen, für Einblicke in neue Erkenntnisse der wissenschaftlich-technischen Forschung oder zur Bewertung von Programm- und Projektergebnissen. Die Methode ist eher nicht geeignet für die Analyse von überwiegend von Werten und Interessen geprägten Debatten.
Ablauf
Bei einem Gruppendelphi laden Sie ausgewählte Expert/innen zu einem ein- bis zweitägigen Workshop ein. Diesen gestalten Sie als Wechsel von Gruppenarbeit und Plenumsdiskussionen. Zu Beginn des Workshops teilen Sie die Expert/innen in Kleingruppen von drei bis sechs Personen auf. Jede dieser Kleingruppen füllt den von Ihnen zuvor erarbeiteten standardisierten Fragebogen aus. Die Antworten jeder Kleingruppe sollten grundsätzlich im Konsens erfolgen. Allerdings sollten Sie auch die Möglichkeit von Minderheitsvoten vorsehen.
In der anschließenden Plenumsdiskussion fokussieren Sie dann auf die Abweichungen in den Antworten zwischen den Kleingruppen. Dazu bitten Sie die zuvor gewählten Vertreter/innen der Kleingruppen, ihre unterschiedlichen Standpunkte zu einer Frage zu erläutern. Dadurch legen Sie die Argumentationsmuster hinter den abweichenden Antworten zwischen den Gruppen offen. Wie sich die Expert/innen innerhalb der Kleingruppen auf eine gemeinsame Antwort einigen, ist dagegen nicht entscheidend.
In der zweiten Workshop-Runde wiederholen Sie die Folge von Kleingruppenarbeit und Diskussion im Plenum. Allerdings setzen Sie jetzt nur noch die Fragen auf die Agenda, zu denen es Uneinigkeit gibt. Dieses Vorgehen wiederholen Sie idealerweise so lange, bis keine Veränderungen im Meinungsbild mehr auftreten oder sich Abweichungen nicht mehr durch weitere Informationen und Argumente auflösen lassen. Am Ende eines Gruppendelphis haben Sie den Geltungsbereich des Konsenses abgesteckt und deutlich gemacht, zu welchen Sachverhalten ein stabiler Dissens besteht.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Gruppendelphi an:
- Erstellung des Delphi-Fragebogens
- Erstellung der Agenda des Gruppendelphis
- Recherche, Auswahl und Einladung der Expert/innen
- Rekrutierung eines Moderators oder einer Moderatorin
- Durchführung des Workshops
- Transkription der Audiomitschnitte der Plenumsdiskussionen
- Auswertung von Fragebogen und Plenumsdiskussionen
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, Ausdruck der Fragebögen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Gruppendelphis zum Einsatz:
- Ausgedruckte Fragebögen
- Laptop und Beamer für Erfassung, Auswertung und Präsentation der Ergebnisse der Kleingruppenarbeit
- Audiorecorder zum Mitschnitt der Plenumsdiskussionen
Expertise
Die Durchführung eines Gruppendelphis erfordert methodische Kompetenzen hinsichtlich der Fragebogenentwicklung und der Moderation von Gruppengesprächen. Weiterhin setzt diese Methode sehr gute Kenntnisse über die zur Debatte stehenden Sachverhalte und die im Themengebiet ausgewiesenen Expert/innen voraus. Dieses Wissen ist notwendig für die Gestaltung des Delphi-Fragebogens, die Auswahl der Workshop-Teilnehmer/innen und eine kompetente Moderation der Plenumsdiskussionen (die Kleingruppen werden nicht moderiert).
Beachten
Pausenplanung
Der Rhythmus von Kleingruppenarbeit und moderierten Plenumsdiskussionen ist zentral für Gruppendelphi-Workshops. Organisatorisch setzt dieser Ablauf die Einplanung von Pausen zwischen den einzelnen Workshop-Blöcken voraus.
Elektronischer Fragebogen
In den Pausen zwischen Kleingruppenarbeit und nachfolgendem Plenum werten Sie die Fragebögen mit Blick auf Konsens und Dissens aus. Um dies rasch bewerkstelligen zu können, sollten Sie den Fragebogen auch elektronisch verfügbar haben (z.B. als Excel-Datei). So können Sie die Antworten der Expert/innen vollständig erfassen und dem Plenum via Beamer präsentieren.
Aktualisierung des Fragebogens
Die Pausen zwischen Plenum und nächster Kleingruppenarbeit nutzen Sie, um den Fragebogen an die Ergebnisse des Plenums anzupassen (Streichung von Fragen, zu denen Konsens bestand; Einarbeitung von Vorschlägen zur Umformulierung einzelner Fragen). Die Änderungen fügen Sie handschriftlich in die zu diesem Zweck bereitgehaltenen Ausdrucke der Fragebögen ein.
Beispiel
Im Projekt InnoSmart wurde im September 2014 ein Gruppendelphi zu den gesellschaftlichen Aspekten von Smart Grids durchgeführt. Ein Smart Grid ist ein intelligentes Stromnetz. Seine Bestandteile wie Stromerzeuger, -verteiler, -speicher und elektrische Verbraucher sind digital vernetzt. Sie überwachen sich gegenseitig und optimieren das Netz auf diese Weise automatisch.
Die Entwicklung von Smart Grids und ihre Integration in größere Energiesysteme standen zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang. Mithilfe der eingeladenen Expert/innen wollte InnoSmart erforschen, welche gesellschaftlichen Aspekte dabei besonders relevant sind. Ziel des Gruppendelphis war es, einen entsprechenden Überblick zu erarbeiten. Detaildiskussionen zu einzelnen Aspekten waren dagegen nicht vorgesehen.
Entscheidend für eine erkenntnisreiche Diskussion war es, Teilnehmer/innen zu gewinnen, die durch Forschungsprojekte, Veröffentlichungen oder Vorträge als ausgewiesene Smart-Grid-Expert/innen bekannt waren. Wichtig war es zudem, Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen einzuladen, um das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Teilnehmerkreis setzte sich schließlich aus 15 Expert/innen mit sozial- und wirtschaftswissenschaftlichem sowie technischem Hintergrund zusammen.
Der Delphi-Fragebogen umfasste sechs Oberfragen, die jeweils durch eine Reihe von Unterfragen spezifiziert wurden. Diese bestanden überwiegend aus zugespitzten Aussagen („Statements“), die die Expert/innen auf einer achtstufigen Skala (von 1 „trifft überhaupt nicht zu“ bis 8 „trifft voll zu“) beantworten sollten. Das folgende Beispiel einer Oberfrage mit einem dazugehörenden Statement illustriert die angewendete Frageweise:
- Oberfrage: „Welche Vor- und Nachteile haben Verbraucher im Smart Grid, wer ist Gewinner oder Verlierer, welche Faktoren beeinflussen die Akzeptanz von Smart Grid-Lösungen? Zu diesen und anderen verbraucherbezogenen Implikationen des Smart Grid haben wir eine Reihe von Aussagen zusammengestellt. Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen.“
- Statement: „Durch Energieeinsparungen und sinkende Energiekosten werden die Verbraucher erheblich von Smart Grid-basierten Anwendungen profitieren.“
Das Gruppendelphi fand als eintägiger Workshop von 10:00 bis 17:00 Uhr statt. In diesem Zeitraum ließen sich zwei Runden aus Kleingruppenarbeit und Plenumsdiskussionen durchführen. Der Workshop begann mit einem Vortrag des InnoSmart-Teams. Darin vermittelte es Hintergründe zu den Inhalten des Gruppendelphis und stellte den Fragenbogen sowie die Tagesordnung vor.
Für die erste Kleingruppenarbeit teilte das InnoSmart-Team die 15 Expert/innen in drei Vierer- und eine Dreier-Gruppe auf. Die Gruppen hatten 90 Minuten Zeit, um den Fragebogen zu beantworten. Für die anschließende Plenumsdiskussion waren 60 Minuten reserviert. Weil das Team den Fragebogen um die Fragen gekürzt hatte, zu denen Konsens bestand, gab es den Kleingruppen in der zweiten Runde nur noch 60 Minuten Zeit. Die zweite Plenumsdiskussion konnte es aus demselben Grund auf 45 Minuten begrenzen.
Pausen fanden jeweils nach der Kleingruppenarbeit statt, um den Expert/innen die Gelegenheit für Erfrischungen und Austausch zu geben. In diesen Pausen bereiteten die InnoSmart- Forscher/innen auch die Ergebnisse der Kleingruppen für die anschließenden Plenumsdiskussionen vor. Die Moderation des Plenums übernahm ein Mitarbeiter des Projekts.
Die Ergebnisse des Gruppendelphis fasste das Forscherteam in einem Bericht zusammen, den es den Expert/innen mit der Bitte um Prüfung übermittelte.
Literatur und Links
- Cuhls, K.; Blind, K. (1999): Die Delphi-Methode als Instrument der Technikfolgenabschätzung. In: Bröchler, S.; Simonis, G; Sundermann, K. (Hrsg.): Handbuch Technikfolgenabschätzung. Berlin: Edition Sigma, S. 545-550.
- Häder, M. (2002): Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
- Niederberger, M. (2015): Das Gruppendelphi. In: Niederberger, M.; Wassermann, S. (Hrsg.): Methoden der Experten- und Stakeholdereinbindung in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Wiesbaden: Springer VS, S. 117-137.
- Niederberger, M.; Renn, O. (2018): Das Gruppendelphi-Verfahren: vom Konzept bis zur Anwendung. Wiesbaden: Springer VS.
- Schulz, M.; Renn, O. (2009): Gruppendelphi. Konzept und Fragebogenkonstruktion. Wiesbaden: Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Hofmaier, C.; Kuhn, R.; Wassermann, S.; Wehner, S.; Berneiser, J.; Senkpiel, C. (o.J.): Maßnahmen und Investitionsverhalten von Akteuren im Bereich „Power-to-Gas“-Bericht eines Gruppendelphis. Stuttgart: ZIRIUS – Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung. (https://www.zirius.uni-stuttgart.de/dokumente/SozioE2S-Bericht-Gruppendelphi-final.pdf)
DOWNLOADS
- Fragebogen des InnoSmart-Gruppendelphis „Gesellschaftliche Aspekte des Smart Grid“
- Ergebnisbericht des InnoSmart-Gruppendelphis „Gesellschaftliche Aspekte des Smart Grid“
TEMPLATES
Hier finden Sie Templates zur Durchführung der Methode. Bitte ersetzen Sie die rot markierten Stellen durch eigene Angaben.
Steckbrief
- Aufwand: ca. 8 bis 10 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 2 Wochenenden und eine drei- bis viertägige Konferenz
- Prozessdauer: ca. 12 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 10 bis 30 Bürger/innen, 10 bis 20 Sachverständige
- Integration: Konsultation
Mit der Konsensuskonferenz geben Sie der nicht organisierten Laienöffentlichkeit eine Stimme in gesellschaftlichen Kontroversen über wissenschaftlich-technische Innovationen sowie soziale und ökonomische Entwicklungen. Als Ergebnis erhalten Sie einen Bericht mit den Bewertungen und Handlungsempfehlungen der am Verfahren beteiligten Bürger/innen.
Die Ursprünge der Konsensuskonferenz liegen im Bereich der Analyse und Bewertung der sozialen Folgen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und technologischer Anwendungen. Der Dänische Rat für Technikfolgenabschätzung entwickelte die Methode Mitte der 1980er Jahre als zivilgesellschaftliches Partizipationsverfahren. Sie ist unter anderem in den Bereichen Biotechnologie, Endlagerung radioaktiver Abfälle oder Gendiagnostik eingesetzt worden.
Anwendungsbereich
Die Konsensuskonferenz ist eine Methode der Bürgerbeteiligung bei gesellschaftlich umstrittenen Themen. Sie wenden diese Methode an, wenn Sie an den Einschätzungen von Laien zu neuen wissenschaftlich-technologischen Entwicklungen sowie sozialen und wirtschaftlichen Problemstellungen interessiert sind. Die Konsensuskonferenz ermöglicht es Ihnen, Bürger/innen in hochspezialisierte, wissensintensive Debatten einzubeziehen und so den Expertendiskurs für die Perspektiven der Zivilgesellschaft zu öffnen.
Ablauf
Für die Durchführung einer Konsensuskonferenz bilden Sie einen Kreis von 10 bis 30 Bürger/innen, die weder beruflich noch aufgrund persönlicher Betroffenheit einen unmittelbaren Bezug zu Ihrem Thema haben. Dieses sogenannte Laienpanel sollte hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildungsstand und Beruf die gesamtgesellschaftliche Sozialstruktur widerspiegeln. Die Auswahl der Bürger/innen können Sie durch Zufallsziehungen in kommunalen Einwohnermelderegistern vornehmen. Ein weiterer Rekrutierungsweg ist die Veröffentlichung von Anzeigen in Print- und Online-Medien.
Der idealtypische Verlauf einer Konsensuskonferenz umfasst die folgenden drei Arbeitsphasen: In der ersten Phase machen Sie die Teilnehmer/innen intensiv mit der zur Debatte stehenden Problemlage vertraut. Diese Aufgabe übertragen Sie einem/r Moderator/in und ausgewiesenen Expert/innen. Ergänzend hierzu statten Sie die Teilnehmer/innen mit detaillierten Hintergrundmaterialien aus.
Mithilfe dieser Informationen legt das Laienpanel in der zweiten Arbeitsphase Fragen fest, die Sie einem Gremium von Sachverständigen zur schriftlichen Beantwortung vorlegen. Die Zusammenstellung des Gremiums nehmen die Teilnehmer/innen selbst vor. Dabei können Sie diese zum Beispiel durch eine Liste mit geeigneten Personen unterstützen. Achten Sie darauf, dass die Personen auf der Liste die relevanten Positionen des Konferenzthemas repräsentieren.
Für die Durchführung der ersten beiden Arbeitsphasen sollten Sie zwei Wochenenden einplanen, an denen die Bürger/innen über den Sachverhalt informiert werden und die Expertenfragen festlegen. In der dritten Arbeitsphase führen Sie die eigentliche Konsensuskonferenz an drei oder vier aufeinanderfolgenden Tagen durch (im Folgenden wird ein dreitägiger Ablauf beschrieben).
- Am ersten Tag hören die Mitglieder des Laienpanels die Stellungnahmen des Gremiums der Sachverständigen zu dem Fragenkatalog, der den Expert/innen nach dem zweiten Wochenende vorgelegt wurde. Die Bürger/innen werten die Expertenantworten aus und formulieren Zusatzfragen.
- Am zweiten Tag beantworten die Sachverständigen zunächst die Zusatzfragen. Auf dieser Basis erstellen die Bürger/innen dann mit Unterstützung der Moderation ein sogenanntes Bürgergutachten oder auch Bürgervotum. Es enthält Bewertungen und Handlungsempfehlungen und nimmt Stellung zur erzielten Übereinstimmung sowie zu Minderheitsvoten.
- Der dritte Tag steht im Zeichen der Präsentation des Bürgergutachtens. Dazu machen Sie die Konferenz für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein besonderes Augenmerk richten Sie dabei auf Entscheidungsträger/innen und Medienvertreter/innen.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Konsensuskonferenz an:
- Auswahl und Rekrutierung von Bürger/innen, Sachverständigen und Moderator/innen
- Einladung der Bürger/innen und Sachverständigen zu Vorbereitungswochenenden und zur Konferenzphase
- Erstellung einer Liste mit Sachverständigen als Grundlage für die Auswahl durch das Laienpanel
- Einladung von Medienvertreter/innen und Entscheidungsträger/innen für den öffentlichen Teil der Konsensuskonferenz
- Zusammenstellung von Hintergrundmaterial für das Laienpanel
- Erstellung des Fragenkatalogs für die Sachverständigen durch das Laienpanel
- Erstellung und öffentliche Präsentation des Bürgergutachtens durch das Laienpanel
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Konsensuskonferenz zum Einsatz:
- Diverse Dokumente für verschiedene Teilnehmergruppen (zum Beispiel Hintergrundmaterial für das Laienpanel, Fragenkatalog für die Sachverständigen, Hand-outs für Entscheidungsträger/innen und Medienvertreter/innen)
- Laptop, Beamer, Drucker, Fotoapparat, Tontechnik
- Moderationsmaterialien
Expertise
Um eine Konsensuskonferenz erfolgreich durchführen zu können, müssen Sie mit dem zur Debatte stehenden Thema intensiv vertraut sein. Dies betrifft sowohl den inhaltlichen Überblick über die zentralen Studien, Fakten und Argumente als auch profunde Kenntnisse über die im Themengebiet maßgeblichen Organisationen, Expert/innen und Interessengruppen. Um ein Laienpanel zusammenzustellen, das den Bevölkerungsquerschnitt abbildet, sind statistische Kompetenzen hinsichtlich der Durchführung einer gewichteten Zufallsstichprobe erforderlich.
Eine Schlüsselrolle für das Gelingen oder Misslingen einer Konsensuskonferenz kommt schließlich der Qualifikation und Qualität der Moderation zu. Bei der Beauftragung eines/r Moderators/in sollten Sie auf folgendes Kompetenzprofil achten:
- Planung mehrstufiger Partizipationsverfahren,
- Durchführung von Expert/innen- und Bürger/innen-Dialogen,
- Unterstützung von Laiengruppen bei der Formulierung und Präsentation von Stellungnahmen,
- Leitung öffentlicher Veranstaltungen mit hochrangigen Entscheidungsträger/innen.
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen an die Moderation einer Konsensuskonferenz empfiehlt es sich, für diese Aufgabe eine Teamlösung zu wählen.
Beachten
- Sachkenntnis als Grundlage
Eine Konsensuskonferenz soll nicht die Bedeutung von Expertenwissen zugunsten von Laienurteilen relativieren. Vielmehr bringen Sie mit dieser Methode zum Ausdruck, dass die Bewertung technischer, sozialer oder ökonomischer Entwicklungen nicht exklusiv in Expertenzirkeln, sondern auch im Bürgerdiskurs zu leisten ist. Grundlage für einen erfolgreichen Bürgerdiskurs ist dabei eine profunde Sachkenntnis. - „Neutrale“ Bürger/innen
Wählen Sie für das Laienpanel Bürger/innen aus, die nicht persönlich von dem zu verhandelnden Thema betroffen sind. Damit vermeiden Sie, dass Bürger/innen als Interessenvertreter/innen auftreten und von Anfang an auf eine bestimmte Position festgelegt sind. Der/die idealtypische Teilnehmer/in hat ein unparteiisches Interesse am Konferenzthema und entwickelt sich im Verlauf des Verfahrens zu einem/r wohlinformierten Bürger/in mit der Fähigkeit, begründete Urteile zu äußern. - Quasi-öffentliches Meinungsbild
Eine Konsensuskonferenz ist kein Instrument zur Erzeugung neuen Wissens. Indem Sie interessierten Bürger/innen eine Stimme geben, sollten Sie keine neue Daten oder Fakten zum Konferenzgegenstand erwarten. Stattdessen erhalten Sie ein quasi-öffentliches Meinungsbild, das zwar nicht statistisch repräsentativ, aber aufgrund der gesicherten Wissensgrundlage des Bürgergutachtens potentiell einflussreich ist.
Beispiel
Die erste deutsche Konsensuskonferenz fand 2001 zum Thema „Streitfall Gendiagnostik“ statt. Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Chancen und Risiken, die mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms und der Entwicklung neuer gendiagnostischer Verfahren entstehen. Von dem Laienpanel wurden drei Themenfelder zur Bearbeitung ausgewählt: Gentests für die Gesundheitsvorsorge, Präimplantationsdiagnostik und pränatale Diagnostik.
Veranstalter der Konsenskonferenz und zuständig für das Projektmanagement war das Forum Wissenschaft im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Zur fachlichen Beratung und Begleitung richtete das Forum einen Beirat aus fünf Wissenschaftlern ein, der insgesamt dreimal tagte. Für die Moderation der Konsensuskonferenz verpflichtete es einen freiberuflichen Mediator, der über langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Formen der Bürgerbeteiligung verfügte. Bei der Leitung der Veranstaltungswochenenden unterstütze ihn eine Assistentin. Seine Tätigkeit war von erheblichen planerischen, organisatorischen und abstimmungsbezogenen Aktivitäten im Vorfeld der Veranstaltungen geprägt.
Die teilnehmenden Bürger/innen wählte das Forum per Zufallsverfahren aus insgesamt 10.000 Adressen aus 40 Gemeinden aus. Dafür stellten die Einwohnermeldeämter aller 16 Landeshauptstädte sowie je einer Kommune mit bis zu 10.000 Einwohner/innen jeweils 250 Adressen bereit. Ergänzend kamen je 250 Anschriften von Bürger/innen einer mittelgroßen Stadt mit 50.000 bis 100.000 Einwohner/innen aus den acht bevölkerungsstärksten Bundesländern hinzu.
Der Veranstalter schrieb alle auf diese Weise ausgewählten Personen an und informierte sie über das Verfahren. Bis zu einem Stichtag im Juni 2001 gingen 292 Rückmeldungen ein. Zwei Besucher/innen des Deutschen Hygiene-Museums losten daraus das Laienpanel der Konsensuskonferenz aus. Dieses setzte sich aus 10 Frauen und 9 Männern im Alter von 18 bis 75 Jahren zusammen.
Im Anschluss an die Auswahl der Teilnehmer/innen informierte das Forum diese schriftlich über die Methode und das Thema. Das erste Vorbereitungswochenende fand vom 21. bis 23. September 2001 statt. Ziele des Treffens waren es, sich gegenseitig kennenzulernen, offene Fragen zu Ablauf und Methode der Konsensuskonferenz zu klären und Inhalte zur Gendiagnostik zu vermitteln. Letzteres übernahm ein Wissenschaftsjournalist, der in einem 90-minütigen Vortrag einen Überblick über die Breite und Komplexität des Themas gab.
Schwerpunkt des zweiten Vorbereitungswochenendes vom 19. bis 21. Oktober 2001 war es, die Fragen der Laiengruppe an das Gremium der Sachverständigen zusammenzustellen. Dieses bestand aus 16 Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen, die die Bürger/innen zuvor mithilfe einer Vorschlagsliste mit 40 Namen ausgewählt hatten. Den Fragenkatalog beantwortete das Gremium nach dem zweiten Vorbereitungswochenende schriftlich. Die Antworten stellte das Forum den Bürger/innen bereits vor der abschließenden Konsensuskonferenz zur Verfügung.
Die viertägige Konferenz fand vom 23. bis 26. November 2001 statt. Sie gliederte sich in eine öffentliche Befragung der Sachverständigen durch das Laienpanel (Tage 1 und 2), die interne Beratung des Laienpanels und die Erstellung des Bürgergutachtens (Tag 3) sowie dessen öffentliche Präsentation und Übergabe an Entscheidungsträger/innen aus Politik und Wissenschaft (Tag 4).
Die beiden ersten Tage folgten dem Format einer Abfolge von Vorträgen und Diskussionsrunden. Die Sachverständigen stellten ihre Stellungnahme in drei thematischen Blöcken vor. An jede Präsentation schloss sich die eigentliche Diskussion zwischen Laienpanel und Sachverständigen an. An beiden Tagen waren sowohl Zuschauer/innen als auch Medienvertreter/innen anwesend. Diese hatten jeweils am Ende beider Tage die Gelegenheit zu eigenen Fragen und Anmerkungen.
Am dritten Konferenztag formulierte das Laienpanel mit Unterstützung des Moderators in einem teilweise kontroversen Diskussions- und Meinungsbildungsprozess sein Bürgergutachten zur Gendiagnostik. Zustimmung und Enthaltung galten dabei als Konsens, während abweichende Meinungen als Minderheitsvoten in das Gutachten eingingen. An der Anfertigung ihres Gutachtens arbeiteten die Bürger/innen von 9:00 Uhr morgens bis 1:30 Uhr nachts. Anschließend formatierte das Projektmanagement-Team des Deutschen Hygiene-Museums den Text für ein ansprechendes Layout.
Den öffentlichen Abschlusstag der Konferenz besuchten rund 70 Teilnehmer/innen. Nach zwei einleitenden Beiträgen des Direktors des Deutschen Hygiene-Museums sowie eines Vertreters des wissenschaftlichen Beirats verlasen vier Mitglieder des Laienpanels das Bürgergutachten im Wortlaut. Anschließend überreichten zwei weitere Bürger/innen das Dokument an Vertreter/innen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft als den beiden Förderern der Konsensuskonferenz. Den Schlusspunkt bildete dann eine für Wortmeldungen aller Anwesenden offene Diskussion des Bürgergutachtens.
Literatur und Links
KONSENSUSKONFERENZ "WIE SIEHT DIE ENERGIEVERSORGUNG DER ZUKUNFT IN DEUTSCHLAND AUS?"
- Internet: www.wissenschaft-debattieren.de/konsensuskonferenz.html
- Literaturhinweis: WiD [Wissenschaft im Dialogik]; Interdisziplinärer Forschungsschwerpunkt Risiko und Nachhaltige Technikentwicklung [ZIRN] (2010): Konsensuskonferenz Essen: Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft in Deutschland aus? Bürgergutachten, 08. Februar 2010. Berlin/Stuttgart
KONSENSUSKONFERENZ „UMWELTDISKURS: ULM WOHIN?"
- Literaturhinweis: Köberle, S. (1998): Ulm wohin? Empfehlungen der Konsensuskonferenz. Bürgergutachten. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg
KONSENSUSKONFERENZ "VERBRAUCHERKONFERENZ NANOTECHNOLOGIE"
- Literaturhinweis: Zimmer, R; Hertel, R.; Böl, G.-F. (Hrsg.) (2008): BfR-Verbraucherkonferenz Nanotechnologie. Modellprojekt zur Erfassung der Risikowahrnehmung bei Verbrauchern. BfR-Wissenschaft 03/2008. Berlin: Bundesinstitut für Risikobewertung
SONSTIGE LITERATUR
- Einsiedel, E. F.; Jelsoe, E.; Breck, T. (2001): Publics at the technology table: The consensus conference in Denmark, Canada, and Australia. Public Understanding of Science 10, pp. 83-98
- Hennen, L.; Petermann, T.; Scherz, C. (2004): Partizipative Verfahren der Technikfolgen-Abschätzung und parlamentarische Politikberatung. Neue Formen der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. TAB-Arbeitsbricht Nr. 96. Berlin: Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag
- Joss, S. (2000): Die Konsensuskonferenz in Theorie und Anwendung. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg.
- Sellnow, R. (2002): Erste deutsche "Konsensus-Konferenz" zum Thema: "Streitfall Gendiagnostik". In: Stiftung Mitarbeit (Hrsg.): Rundbrief Bürgerbeteiligung I/2002, S. 10-18.
- Zimmer, R. (2001): Begleitende Evaluation der Bürgerkonferenz „Streitfall Gendiagnostik“. Karlsruhe: Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung
Steckbrief
- Aufwand: ca. 1 bis 2 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 1 bis 3 Tage
- Prozessdauer: ca. 1-2 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 25 bis mehrere 100 Personen
- Integration: Mitentscheidung
Die Open-Space-Methode ist ein Beteiligungsformat, mit dem Sie in mittleren bis sehr großen Gruppen in wenigen Tagen handlungsorientierte Lösungen für ein komplexes Problem erarbeiten können. Für Open Space wird das Thema zu Beginn vorgeben. Während der Diskussion sind die Teilnehmer/innen selbst für die Bestimmung der Diskussionsgegenstände und Ergebnisse verantwortlich. Am Ende einer Open Space-Konferenz wird häufig eine konkrete Handlungsplanung beschlossen.
Die Open Space-Methode wurde Mitte der 1980er Jahre von Harrison Owen im Nachgang einer Konferenz entwickelt, bei der die Teilnehmer/innen die Kaffeepausen als produktivste Programmpunkte der gesamten Veranstaltung bewerteten. Ausgehend von dieser Erfahrung entwickelte Owen die „Open Space Technology“ als Konferenzformat, das die Kreativitätspotentiale spontaner Interaktion mit den Vorteilen präziser Organisations- und Verlaufsstrukturen verbinden sollte.
Bei einer Open-Space-Konferenz gibt es die folgenden Akteure und Rollen: Der/die Auftraggeber/in (zum Beispiel eine Kommune oder ein Unternehmen) bestimmt das Thema der Konferenz und engagiert den/die Moderator/in; letztere/r ist zuständig für die Vorbereitung und Durchführung der Konferenz; sie/er wird im Vorfeld der Veranstaltung von einer Planungsgruppe und während des Open Space von einer Logistikgruppe unterstützt. Die Teilnehmer/innen einer Open-Space-Konferenz können beispielsweise Bürger/innen, Interessengruppen oder Beschäftigte sein.
Anwendungsbereich
Die Anwendung der Open-Space-Methode empfiehlt sich vor allem bei Problemen hoher Komplexität und Konfliktträchtigkeit. Deren Bearbeitung kann von der Beteiligung vieler unterschiedlicher Personen und Organisationen besonders profitieren. Die Methode ist damit vor allem in Situationen hilfreich, in denen Einzelpersonen oder einzelne Gruppen Lösungsansätze nicht allein entwickeln oder durchsetzen können.
Inhaltlich und räumlich sind bei der Durchführung von Open-Space-Konferenzen praktisch keine Grenzen gesetzt. Man kann die Methode innerhalb einzelner Organisationen (zum Beispiel ein Unternehmen, ein Verband oder eine Verwaltung) oder organisations- und bereichsübergreifend auf lokaler, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene einsetzen.
Thematisch eignet sich der Open-Space-Ansatz für so unterschiedliche Vorhaben wie etwa die Gestaltung kommunaler Energie- oder Verkehrskonzepte, Projekte der Organisations- und Leitbildentwicklung, das Design technischer Produkte, die Generierung von Forschungsfragen oder die Initiierung von Gesprächen zwischen politischen Konfliktparteien.
Ablauf
Der erste Schritt einer Open-Space-Konferenz besteht in einem halbtägigen Vorbereitungstreffen der Planungsgruppe. In dieser Gruppe sollten der/die Auftraggeber/in, der/die Moderator/in sowie Personen vertreten sein, die die Zielgruppe der Konferenz repräsentieren. Auf diesem Workshop wird das von dem/der Auftraggeber/in festgelegte Thema in eine prägnante Überschrift für die Konferenz umgesetzt und die Einladungsprozedur und der zeitliche und organisatorische Rahmen festgelegt. Im Anschluss an das Vorbereitungstreffen erfolgt die Einladung der Teilnehmer/innen mit konkreten Angaben zu Ort und Termin des Open Space.
Idealerweise ist eine Open-Space-Konferenz dreitägig. Zu Beginn werden die Beteiligten durch den/die Auftraggeber/in begrüßt und von dem/r Moderator/in in den Ablauf der Veranstaltung eingeführt. Nach dieser Eröffnung erhalten die Teilnehmer/innen die Gelegenheit, Workshops zu Aspekten vorzuschlagen, die im Zusammenhang mit dem Thema des Open Space stehen. Diese werden an einem für alle zugänglichen zentralen Ort notiert und in ein zeitliches Raster eingeordnet, das die ersten zwei Tage der Veranstaltung abdeckt.
Nach dem Ende der Vorschlagsrunde tragen sich die Teilnehmer/innen für die Workshops ihrer Wahl ein. Diejenigen, die einen Workshop vorgeschlagen haben, leiten diesen auch. Die Teilnehmer/innen eines Workshops halten ihre Ergebnisse auf einer allgemein zugänglichen Dokumentationswand fest. In der Regel enthalten die Ergebnisse erste Ideen, die umgesetzt werden sollen. Die auf diese Weise selbstorganisierte Agenda der ersten beiden Konferenztage wird ergänzt durch sogenannte Abend- und Morgennachrichten, bei denen die Moderation organisatorische Informationen bekannt gibt. Die Ergebnisse der Workshops werden am Abend des zweiten Tages in einem Reader zusammengefasst.
Zu Beginn des dritten Tages erhält das Plenum den von der Organisationsgruppe erstellten Reader mit den Ergebnissen aller Workshops. Die Moderation fragt das Plenum dann nach Vorschlägen und Initiativen zur Umsetzung der Ideen. Anschließend fordert sie die Teilnehmer/innen auf sich zu entscheiden, welche der Initiativen sie unterstützen wollen. Um die Verbindlichkeit der so entstehenden Gruppen zu erhöhen, sind diese dazu angehalten, sofort konkrete Schritte wie Termin und Thema ihres ersten Arbeitstreffens zu verabreden. Die Konferenz endet mit einer letzten Plenumsrunde, in der die Teilnehmer/innen die Gelegenheit zu abschließenden Kommentaren erhalten.
Organisation
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Open-Space-Konferenz an:
- Festlegung des Open-Space-Themas
- Rekrutierung des/der Moderator/in
- Identifikation und Einladung von Repräsentant/innen der anvisierten Teilnehmergruppen
- Vorbereitung und Durchführung des Vorbereitungstreffens der Planungsgruppe
- Aufbau einer Einladungsliste und Einladung der Teilnehmer/innen
- Zusammenstellung des Logistikteams
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
- Durchführung der Open-Space-Konferenz
- Anfertigung Reader mit Ergebnissen der Arbeitsgruppen
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Open-Space-Konferenz zum Einsatz:
- Vorrichtungen für das Schwarze Brett und den Aushang von Workshop-Ergebnissen
- Moderationsmaterialien
- Laptop, Beamer, Drucker, Fotoapparat, Tontechnik
Expertise
Charakteristisch für Open-Space-Konferenzen ist, dass die Teilnehmer/innen die Workshop-Inhalte, Ergebnisse und Handlungsaufträge selbstorganisiert und in eigener Verantwortung bestimmen und verabreden. Sie müssen deshalb Bedingungen schaffen, unter denen die Vorteile des Open Space zum Tragen kommen können. Je nachdem, ob Sie als Auftraggeber/in oder Moderator/in auftreten, ergeben sich daraus unterschiedliche Kompetenzprofile.
Als Auftraggeber/in benötigen Sie inhaltliche und organisatorische Expertise für den thematischen Zuschnitt und die strukturelle Gestaltung einer mehrtägigen Veranstaltung mit möglicherweise mehreren hundert Teilnehmer/innen. Zudem müssen Sie die für Ihr Themengebiet relevanten Interessengruppen kennen und dazu in der Lage sein, diese mit überzeugenden Argumenten für Ihren Open Space zu gewinnen.
Als Moderator/in ist vor allem Ihre Fähigkeit gefragt, den Teilnehmer/innen den „offenen Raum“ zu verschaffen, den diese benötigen, um sich voll und ganz auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren zu können. Ihre Hauptaufgabe liegt daher nicht in der Moderation und Zusammenfassung einer vielstimmigen Debatte, sondern darin, die Teilnehmer/innen auf ihrem Weg zu selbstorganisiert erzielten Ergebnissen zu begleiten und dabei gleichzeitig präsent und unsichtbar zu sein.
Beachten
Zentrales Merkmal von Open-Space-Veranstaltungen ist die selbstbestimmte Verabredung und Durchführung thematischer Workshops durch die Teilnehmer/innen. In diesem Sinne gibt es auch keine Vorgaben etwa hinsichtlich der Gruppengröße oder der Gesprächsführung. Um den Workshops dennoch eine gewisse Form zu geben, gehören zur Open-Space-Methode einige einfache Regeln, die der/die Moderator/in den Teilnehmer/innen vermitteln muss:
Vier Prinzipien: Sie bringen zum Ausdruck, dass das, was gerade in einem Workshop geschieht, genau das richtige ist. Nicht was hätte sein können oder sollen ist wichtig, sondern einzig und allein das, was sich tatsächlich ereignet. Die Prinzipien lauten: (1) Die da sind, sind genau die Richtigen; (2) was auch immer geschieht, es ist das Einzige, das geschehen konnte; (3) wann immer es beginnt, es ist die richtige Zeit; (4) vorbei ist vorbei.
Gesetz der zwei Füße: Nach dieser Regel steht es jedem/r Teilnehmer/in frei, jederzeit einen Workshop zu verlassen und sich an einem anderen zu beteiligen. Dies gilt besonders für Situationen, in denen ein/e Teilnehmer/in für sich keine Lerneffekte mehr erwartet oder glaubt, keine produktiven Beiträge mehr zum Workshop-Thema leisten zu können.
Zwei Rollen: Aus dem „Gesetz der zwei Füße“ ergeben sich zwei Rollen, die ausdrücklich erwünscht sind und metaphorisch als „Hummeln“ und „Schmetterlinge“ bezeichnet werden. Hummeln bewegen sich ständig von Workshop zu Workshop und „befruchten“ den Open Space mit ihren vielfältigen Eindrücken, die sie auf ihrem „Flug“ gesammelt haben. Die Schmetterlinge sind häufiger am Getränkestand als in den Workshops zu finden. Hier initiieren sie spontan Gespräche, die häufig den Weg in die regulären Workshops finden und dort als willkommene Bereicherung begrüßt werden.
Beispiel
Die Kommune Murg in Baden-Württemberg wandte bei ihrer Bürger/innenversammlung zum Thema „Murg auf dem Weg zur Energieautonomen Kommune“ im Jahr 2013 die Open-Space-Methode in einer verkürzten Form an. Bei der Bürger/innenversammlung anwesend waren das Organisationsteam, zwei Vertreter der Gemeinde (der Bürgermeister und der Hauptamtsleiter) sowie ein Moderationsteam, eine Referentin und 60 Teilnehmende.
Um die Open Space-Methode einzuleiten, wurden den Teilnehmenden die vier Open-Space-Prinzipien sowie das Gesetz der zwei Füße und die zwei Rollen erläutert und auf einem großen Plakat für alle sichtbar präsentiert. Anschließend wurden in der Mitte eines großen Stuhlkreises fünf Flipchartbögen ausgelegt, die mit den Themen Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Mobilität, Bauen und Wohnen und Gutes Leben beschriftet waren. Diese Themen waren bei einer vorherigen Bürger/innenversammlung als diskutierenswert identifiziert worden.
Die Teilnehmenden wurden nun dazu aufgefordert, sich ein Thema auszusuchen, zu dem sie gerne arbeiten wollten. Zusätzlich zu den fünf beschrifteten Bögen gab es noch einen leeren Flipchartbogen für weitere Themenvorschläge. Die Teilnehmenden entschieden sich dafür, als zusätzliches Thema die „Bewahrung von Schätzen“ mit aufzunehmen. Als sich Kleingruppen zu jedem Thema gefunden hatten, sollte jede Kleingruppe eine/n „Themenverantwortliche/n“ festlegen und jede/r Teilnehmende sich für eine der beiden Rollen („Schmetterling“ oder „Hummel“) entscheiden. Anschließend verteilten sich die Kleingruppen im Raum und begannen mit der inhaltlichen Gruppenarbeit.
Das Ziel der Kleingruppenarbeit war es, Ideen zu finden und zu präzisieren, die Bereitschaft der Teilnehmenden für eine spätere Mitarbeit auszuloten sowie erste konkrete und umsetzbare Projektideen zu entwickeln. Um die Energiewende und den Klimaschutz in Murg voranzubringen, sollten die Kleingruppen folgendermaßen vorgehen:
- Gibt es Ergänzungen zu den bisherigen Themenvorschlägen?
- Welche Themen erscheinen uns besonders wichtig und könnten ein nächster konkreter Schritt sein?
- Bitte machen Sie sich Notizen für die anschließende Diskussion.
Während der Bearbeitung der Fragen waren die Teilnehmenden dazu aufgefordert, ihre Rollen als „Hummeln“ und „Schmetterlinge“ einzunehmen, um den Austausch zwischen den Thementischen zu gewährleisten.
Die in den Kleingruppen gesammelten Ergänzungsvorschläge und Prioritäten wurden anschließend mit Punkten bewertet und dokumentiert. Sie sind in Form eines Protokolls auf der Internetseite der bürgerschaftlichen Initiative „Murg im Wandel“ verfügbar. Auch wurde erfasst, welche Personen prinzipiell Interesse hatten, sich zukünftig in einem Bürgerarbeitskreis mit einzubringen und wie viele Stunden sie pro Monat dafür aufwenden wollten. Zum Abschluss wurden Auswertungsbögen unter den Teilnehmenden verteilt, anhand derer sie die Veranstaltung bewerten konnten.
Literatur und Links
- Benighaus, L.; Hofmaier, C.; Kastl, L. V.; Steckermeier, L. (2014): European Open-Space-Conference Food and Health - Research 2020 – How can we Shape the Future of Research in Food and Health? Stuttgart: Dialogik
- Grolman, F. (o.J.): Open Space Methode: 47 Praxistipps zur Vorbereitung. Berlin: initio Organisationsberatung
- Maleh, C. (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsbeispiele: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel: Beltz.
- Owen, H. (2008): Open Space Technology. A User’s guide. Third Edition. Revised and expanded. San Francisco: Berrett-Koehler.
- Saam, N. J. (2002): Das Großgruppenverfahren Open Space. Einführung von Marktmechanismen in Organisationen. In: Zeitschrift für Soziologie 31, S. 163-185
- Protokoll der Bürger/innenversammlung der Kommune Murg zum Thema „Auf dem Weg zur Energieautonomen Kommune“ (2013)
- Weltkarte mit länderspezifischen Informationen zu Open Space: www.openspaceworldmap.org
- Internationale Informationen zu Open Space: www.openspaceworld.org
Steckbrief
- Aufwand: zwei Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: je halb- bis ganztägige Veranstaltungen
- Prozessdauer: Einige Wochen bis mehrere Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 20-40 unterschiedliche Stakeholder
- Integration: Konsultation
Participatory Integrated Assessment, kurz PIA, ist ein strukturierter Prozess, in dem gemeinsam mit Interessenvertreter/innen die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen eines komplexen Themas und die Auswirkungen politischer Entscheidungen bewertet werden. Die im Rahmen eines PIA verwendeten partizipativen Methoden richten sich nach der Fragestellung und dem Kontext. Ziel ist es ein gemeinsam abgestimmtes Szenario oder Handlungsempfehlungen zu erreichen.
Allgemein ist ein PIA ein strukturierter Prozess zur Validierung und Verfeinerung von Ergebnissen oder Prozessen mit Personen verschiedener Disziplinen und Interessengruppen, insbesondere unter Einbezug von Personen aus Zivilgesellschaft und Politik. Es wird häufig in politiknahen wissenschaftlichen Projekten eingesetzt. Die Einbeziehung diverser Teilnehmender soll diesen nicht nur die Möglichkeit zur Mitsprache geben, sondern stellt eine Qualitätssteigerung für den Entscheidungsprozess dar: Eingebrachte Kenntnisse und Werte sind diverser, das Risiko auf ausgetretenen Pfaden zu bleiben und einseitigen Normen zu folgen, verringert sich. Häufig werden im PIA verschiedene Szenarien z.B. aus Modellberechnungen verglichen, um mögliche Schritte und Verkettungen von Entscheidungen zu analysieren.
Anwendungsbereich
Das PIA wird gerne bei komplexen Problemen des Mensch-Umwelt-Systems (z.B. Klimawandel, Energiesystem, nachhaltiges Wirtschaften) verwendet, da es nicht nur auf berechneten Zukunftsszenarien basiert, sondern durch Einbindung der Stakeholder auch die Ungewissheiten des menschlichen Handelns und resultierender Umweltfolgen anerkennt. So lässt diese Methode ein hohes Maß an Kreativität und Entscheidungsfreiheit zu. Zum Beispiel können Teilnehmende verschiedene Zukunftsbilder der Energiewende ausarbeiten und die jeweils notwendigen Entscheidungen ableiten. Daher eignet sich das PIA insbesondere für realitätsnahe und politikrelevante Problemstellungen, die aufgrund ihrer Komplexität ein hohes Maß an Ungewissheit in sich bergen.
Ablauf
Auch wenn es keine einheitliche Abfolge und Methodenwahl im PIA gibt, werden in der Regel die folgenden Phasen durchlaufen. Es gibt außerdem einen Pool an Methoden und Formaten.
- Problemstellung definieren
Das Problem sollte möglichst konkret beschrieben werden. Dies kann entweder isoliert im Kreis der Organisator/innen geschehen oder gemeinsam mit Stakeholdern. - Teilnehmende identifizieren
Für das PIA muss klar definiert werden, welche Interessen, Expertisen, Bedürfnisse und Ideen integriert werden sollen. Hier ist zu betonen, dass ein zentrales Element des PIA eine disziplin- und sektorenübergreifende Teilnehmergruppe ist. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass alle Gruppen, die von dem betrachteten Mensch-Umwelt-System betroffen sind, vertreten sind um im Ergebnis einen Konsens für die Entscheidungen zu erreichen. - Methoden festlegen
Die Methoden hängen davon ab, welches Mensch-Umwelt-System betrachtet wird und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits vorhanden sind. Gängige Methoden im PIA sind:- Zukunftsszenarien: Die gemeinsame Entwicklung und Analyse von normativen Zukunftsszenarien („eine wünschenswerte Zukunft“) ist eine weitverbreitete Methode. Die Erstellung von qualitativen Zukunftsszenarien geschieht häufig mit Hilfe von Kollagen, Zeichnungen und ausformulierten Narrativen. Um Zukunftsszenarien zu entwickeln, wird häufig das sogenannte Backcasting eingesetzt: ausgehend von einer gewünschten Zukunft werden rückwärts Meilensteine bis in die Gegenwart hergeleitet.
- Modelle: Mit Hilfe von Computermodellen lassen sich mögliche Wirkungen von Entscheidungen quantifizieren. In den PIAs können Teilnehmende entweder direkt oder indirekt Einfluss auf das Modell nehmen. Während der indirekte Einfluss auf die Modelle, zum Beispiel durch die Erarbeitung von Szenarien oder Konzepten, ähnlich konzipiert wird wie die oben beschriebenen Zukunftsszenarien, können die Teilnehmenden auch interaktiv Einfluss auf das Modell nehmen, etwa durch partizipative Modellierung, betreute Modellnutzung und interfacegesteuertes Modelldesign.
- Beteiligungsformat bestimmen
PIA zeichnen sich durch gruppenbezogene Formate wie Fokusgruppen oder Workshops aus, um einen Diskurs zwischen den Stakeholdergruppen anzuregen. Vereinzelt werden diese auch durch Interviews und andere individuelle Formate ergänzt:- Fokusgruppe: Fokusgruppen in PIAs sind in der Regel länger (>2,5h) und strukturierter (mehr Fragen werden eingebracht) als gewöhnlich.
- Stakeholderworkshop: Das meistverbreitete Beteiligungsformat sind Stakeholderworkshops die wiederum mit verschiedenen partizipativen Methoden ausgestaltet sind.
- Konsens-Formate: Wenn das PIA auf einen Konsens abzielt, können Formate wie das Gruppendelphi oder die Konsensuskonferenz genutzt werden.
- Einzelformate: Manchmal ist es sinnvoll, Einzelformate wie Interviews einzusetzen. Dies wird vor allem für die Problembeschreibung eingesetzt.
- Das PIA vorbereiten und durchführen
Wenn Problemstellung, Teilnehmergruppen, Methoden und Formate bestimmt sind, wird der Ablauf des PIA geplant, Teilnehmende eingeladen, Materialien zur Veranschaulichung hergestellt und geeignete Räumlichkeiten gesucht. Der vorbereitende Prozess kann bis zu einigen Monaten dauern, insbesondere wenn die Einbindung eines Modells geplant ist, das entwickelt werden muss. Die Veranstaltung selbst dauert, je nach gewählter Methode, in der Regel einen halben bis zwei Tage. Je nach Methode werden 3-5 Organisator/innen für die Moderation, Experteninput, Veranschaulichung und Protokollführung benötigt. - Ergebnisse präsentieren
Da ein PIA auf die Lösung realer Probleme abzielt, gehört die Dissemination der Ergebnisse unbedingt dazu. Diese können entweder politik- oder prozessweisend sein und können in einem entsprechenden Format präsentiert werden, etwa einem Strategiepapier oder Evaluationsbericht.
Expertise
Die Planung, Durchführung und Auswertung des PIA bedarf eines hohen Maßes an Expertenwissen über die Problemstellung, da die Szenarien oder Modelle inhaltlich vorbereitet werden müssen. Zudem sollten die relevanten Stakeholder bekannt sein.
Beachten
Auswahl der Teilnehmenden
Die Interessengruppen müssen sorgfältig ermittelt werden, um eine möglichst disziplinübergreifende Teilnehmergruppe unter Einbezug der Zivilgesellschaft zu schaffen. Zudem sollte bei dem Ziel eines Konsenses darauf geachtet werden, dass alle Meinungen vertreten sind. Um eine Umsetzung der Entscheidungen zu erreichen, müssen auch politische Akteure eingebunden sein.
Komplexität
PIAs behandeln komplexe Problemstellungen. Zusätzlich bergen die integrativen Ansätze durch das Zusammenbringen einer Vielzahl unterschiedlicher Stakeholdern und die reflektiven Methoden ein hohes Maß an Komplexität. Es bedarf daher guter Expertise, Vorbereitung und Nachbereitung, um zum einen gute Ergebnisse zu erzielen und zum anderen den Prozess für zukünftige Anwendungen zu optimieren.
Interaktion
In einem PIA können verschiedene Methoden eingesetzt werden, die entweder Distanz zur Thematik schaffen wie etwa Simulationen oder Virtual Reality oder solche, die den Bezug erhöhen, zum Beispiel Dialogformate oder Rollenspiele. Es kann auch hilfreich sein, beide Formen zu verbinden. Eine distanzierte Vorgehensweise hilft häufig bei kreativen Prozessen, ein enger Bezug hingegen enthüllt verborgene Annahmen der Teilnehmenden und schafft eine größere Bindung zum Ergebnis.
Prozessergebnisse
Sowohl Ergebnisse als auch Prozess werden in der Regel evaluiert und gewonnene Erkenntnisse über den Beteiligungsprozess festgehalten, damit alle Beteiligten und Entscheidenden den Diskurs nachvollziehen können.
Beispiele
Beispiel 1: Backcasting im Projekt PROSEU
Das EU-Horizon2020-Projekt PROSEU beschäftigt sich mit dem Mainstreaming des Prosumer-Phänomens für erneuerbare Energien in der Europäische Energieunion. Prosumer sind aktive Energieverbraucher, die sowohl Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren als auch selbst verbrauchen. In dem Projekt wurden vier PIA mit dem gleichen Konzept durchgeführt. Sie behandelten unterschiedliche Problemstellungen, darunter Prosumer Geschäftsmodelle, Energie-Inklusivität durch Prosuming und die Einbindung von Prosumern in zukünftige Energiesysteme. Zwar waren alle vier PIAs ursprünglich als Präsenzveranstaltung geplant, konnten aber durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 nur online durchgeführt werden. In den jeweils eintägigen Stakeholderworkshops mit 25-40 Teilnehmenden wurden Projektergebnisse und Expertenwissen präsentiert und anschließend im Plenum oder in parallelen Gruppen diskutiert. Präsentationen wurden vom Forschungsteam und von Teilnehmenden mit dem entsprechenden Expertenwissen oder Erfahrungsschatz gehalten. Die teilnehmenden Stakeholder setzten sich dabei aus einer Mischung von Wissenschaft, Politik, Beratung, innovativen Unternehmen und Bürgerinitiativen zusammen.
Als zentrale Methode wurde im Rahmen einer 1,5-stündigen Sitzung mit Backcasting gearbeitet. Hierfür erläuterte das Forschungsteam den Teilnehmenden in Kleingruppen Eckpunkte zu verschiedenen Zukunftsszenarien für Prosumer. Daraufhin konnten die Teilnehmenden in jeder Gruppe jeweils ein Zukunftsszenario ausschmücken. Anhand von Zeitungsartikeln für das Jahr 2050 formulierten die Teilnehmenden, wie eine solche Zukunft aussehen könnte und welche Akteure für die Umsetzung dieser Zukunft zentral sind. Anschließend wurden gemeinsam die notwendigen Entscheidungen, sozio-politischen Veränderungen und die Akteure, die diese herbeiführen, potenzielle Wendepunkte und parallele Entwicklungen bis in die Gegenwart zurückverfolgt. Alle wichtigen Aspekte wurden visualisiert und in der Kleingruppe miteinander in einen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Das Ergebnis ist für jedes Szenario eine Roadmap. Für das letzte PIA wurden die entstandenen Roadmaps verglichen und zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Dieses wurde mit Teilnehmenden der ersten drei Workshops diskutiert und verifziert. Die Ergebnisse der PIAs stehen der weiteren Forschung im Projekt und darüber hinaus zur Verfügung. Visualisiert wurden sie fortlaufend – sodass die mit dem Fortschreiten der PIAs einhergehenden Veränderungen erkennbar waren (siehe Abbildung).
Abbildung: Visualisierung der Ergebnisse der Backtracking-Sitzung des Zukunftsszenarios „Vernetztes Prosumerism“ in PIA 2, Quelle: PROSEU/Carlotta Cataldi
Beispiel 2: Partizipative Modellierung im Projekt TransWind
Ein PIA unter Anwendung eines Computermodells wurde 2014 im transdisziplinären Forschungsprojekt TransWind der Universität für Bodenkultur Wien durchgeführt. Dieses Projekt hatte zum Ziel, anhand des PIAs verschiedene Faktoren von sozialer Akzeptanz für Windenergie zu testen und die wesentlichen Faktoren in ein Computermodell zu Windkraftpotenzialen aufzunehmen.
Eingebunden in das Projekt war eine sogenannte „Referenzgruppe“ aus etwa 30 Teilnehmenden, die sich aus folgenden Gruppen zusammen setzten: Politik/Verwaltung, Interessengruppen (Unterstützer/innen oder Gegner/innen von Windenergie), Windenergie-Unternehmen und Stromversorger sowie Aufsichtsbehörden. Im Rahmen des PIA wurden zwei moderierte Stakeholderworkshops durchgeführt, in denen die Methoden World Café und partizipative Modellierung zum Einsatz kamen. Außerdem führte das Projektteam eine Online-Umfrage sowie mehrere Interviews und Fokusgruppen durch.
Mit Hilfe der partizipativen Modellierung wurden Stromgestehungskosten für unterschiedliche Szenarien des Windausbaus ermittelt und Potenziale für die Windkraft in Österreich ermittelt. Hierfür identifizierte das Projektteam zunächst mittels einer Onlinebefragung in der Referenzgruppe, welche Flächen vom zukünftigen Windausbau ausgeschlossen werden sollten und welche Abstände Windkraftanlagen einhalten sollten. Die Ergebnisse der Onlinebefragung wurden in einem Kriterienkatalog zusammengefasst und zur Definition von drei Szenarien (Minimum-, Medium-, Maximumszenario) für potenziell geeignete Windkraftanlagenstandorte verwendet. In einem Stakeholderworkshop diskutierte die Referenzgruppe die erste Version des Kriterienkataloges inklusive verschiedener vorgeschlagener räumlicher, technischer und topologischer Parameter. Auf dieser Basis wurden der Kriterienkatalog und die Szenarien überarbeitet. Mit Hilfe eines GIS basierten Modellierungstool wurden optimale Standorte für Windturbinen, abhängig von der räumlichen Verteilung der Windressourcen ermittelt. Für die Szenarien wurden Stromgestehungskosten und Angebotskurven für Windenergie entwickelt. So konnte das Verständnis für mit dem Windkraftausbau verbundene Kosten erhöht werden.
Zusätzlich führte das Projektteam in sechs Kommunen Workshops durch. Dafür wurde das jeweilige Windenergiepotenzial mit Hilfe des Modellierungstools ermittelt. Zudem wurden in den Workshops interaktive 3D Modelle eingesetzt, mit deren Hilfe die Teilnehmenden den visuellen Einfluss von Windrädern auf die Landschaft bewerten konnten. Durch den partizipativen Modellierungsansatz im Projekt TransWind konnten unter der Einbeziehung der Perspektiven verschiedener Akteur/innen Kriterien für geeignete Gebiete für die Windenergieproduktion definiert werden.
Literatur und Links
- Salter, J., Robinson, J., & Wiek, A. (2010). Participatory methods of integrated assessment—a review. Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change, 1(5), 697-717.
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/wcc.73 - van Asselt M, Rijkens-Klomp N (2002). A look in the mirror: reflection on participation in integrated assessment from a methodological perspective. Global Environmental Change, 12, 167–184.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378002000122 - Scherhaufer, P., Höltinger, S., Salak, B., Schauppenlehner, T., Schmidt, J. (2018). A participatory integrated assessment of the social acceptance of wind energy. Energy Research & Social Science, 45, 164-172. www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2214629618306777
- Van de Kerkhof, M. (2001). A survey on the Methodology of Participatory Integrated Assessment. Interim Report IR-01-014. International Institute for Applied System Analysis (IIASA).
http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download;jsessionid=BF2D04474A27F584166CEF0054BCF66B?doi=10.1.1.7.9892&rep=rep1&type=pdf - Hornsby, C., Ripa, M., Vassillo, C., Ulgiati, S. (2017). A roadmap towards integrated assessment and participatory strategies in support of decision-making processes. The case of urban waste management. Journal of Cleaner Production, 142(1), 157-172.
www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0959652616308769 - Hare, M., Pahl-Wostl, C. (2010). Stakeholder Categorisation in Participatory Integrated Assessment Processes. Journal Integrated Assessment, 3(1), 50-62.
www.tandfonline.com/doi/abs/10.1076/iaij.3.1.50.7408 - Ridder, D., Pahl-Wostl, C. (2005). Participatory Integrated Assessment in local level planning. Regional Environmental Change, 5, 188-196.
https://link.springer.com/article/10.1007/s10113-004-0089-4 - De Kraker, J., Kroeze, C., Kirschner, P. (2011). Computer models as social learning tools in participatory integrated assessment. International Journal of Agricultural Sustainability, 9(2), 297-309.
www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/14735903.2011.582356?journalCode=tags20 - Huang, L., Yin, Y., Du, D. (2015). Testing a participatory integrated assessment (PIA) approach to select climate change adaptation actions to enhance wetland sustainability: The case of Poyang Lake region in China. Advances in Climate Change Research, 6(2), 141-150.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1674927815000556
Abschlussbericht des Forschungsprojekts TransWind der Universität für Bodenkultur Wien
Projektwebseite des Forschungsprojekts TransWind der Universität für Bodenkultur Wien
Steckbrief
- Aufwand: 1-2 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: sehr unterschiedlich, von einem Tag bis zu einer Woche. Abschätzung der Dauer eines kurzen Planspiels: Vorbereitung 2 Stunden, Durchführung Planspiel 4-6 Stunden, Nachbereitung 2 Stunden
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl der Teilnehmenden: 8-12
- Integration: Konsultation bis Mitentscheidung
Besonders knifflig sind Probleme, in denen die Positionen involvierter Akteure gegeneinanderstehen und die Gefahr eines Konfliktes daher hoch ist. Mit Hilfe von Planspielen werden potenziell konfliktive Verhandlungen auf eine spielerische Ebene gehoben. Man trifft im Spiel Entscheidungen, ohne direkt mit den Konsequenzen, die sie in der Realität hätten, konfrontiert zu sein. Besonderer Schachzug dabei: Man nimmt als Spielende/r eine andere Rolle ein und vertritt in einer spielerischen Auseinandersetzung ihre Interessen. Dabei lernen die Beteiligten den Blick der anderen auf das Problem kennen und verstehen bestenfalls die Gegenargumente besser. Es gibt jedoch auch Planspiele, in denen man in der Spielsituation die eigene Rolle vertritt. Dann steht das Ziel des Verstehens anderer Perspektiven nicht im Vordergrund.
Planspiele setzt man dann ein, wenn eine Problembearbeitung es erfordert, die Perspektiven unterschiedlicher Akteure einzubeziehen. In Planspielen eignen sich die Teilnehmenden fachliches Wissen an und stärken ihre Argumentations- und Diskussionskompetenz. Die Probleme und Herausforderungen werden in einer Spielsituation simuliert. Die Teilnehmenden nehmen in vorgegebenen Rollen die Position von Akteuren ein, die vor Ort beteiligt und vom Problem betroffenen sind. Die Rollen spiegeln in der Regel verschiedene Interessengruppen wider, deren Positionen sich die Teilnehmenden zu Beginn des Spiels aneignen. Im Spiel argumentieren sie aus ihrer Rolle heraus, handeln in gespielten Sitzungen Meinungsverschiedenheiten aus und versuchen, sich auf gemeinsame Lösungen zu einigen. Die Rollen werden rund um das Problem definiert, für das nach Lösungen gesucht wird: Überlegt etwa eine Kommune, ob sie ein Quartier an das Fernwärmenetz anschließen soll oder die Wärmeversorgung lieber dezentral organisiert, hilft ein Planspiel, in dem Kommunalpolitiker, der lokale Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften, eine Bürgerinitiative und lokale Unternehmen vertreten sind, die wichtigen Argumente für mögliche Lösungsansätze zu formulieren.
In der Spielsituation führt der Austausch von Interessen, Argumenten und Positionen den Teilnehmenden vor Augen, welche Perspektiven es gibt, welche Kooperationen für eine Problemlösung möglich und erforderlich sind und welche Beschlüsse einer Abstimmung oder Genehmigung bedürfen. Durch die Spielsituation erfahren die Teilnehmenden die möglichen Konsequenzen ihrer Handlungen, ohne mit den realen Auswirkungen konfrontiert zu werden. Indem sie die Perspektive politischer „Gegner“ bzw. anderer Abteilungen im Unternehmen im Spiel einnehmen, lernen die Teilnehmenden deren Handlungslogiken und ggf. -zwänge kennen und besser verstehen. Die Reflektion des Spielgeschehens dient der Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf die Realität und der Ableitung von Schlussfolgerungen und Lösungsschritten für das Problem.
Ein Planspiel bedarf einer intensiven Vorbereitung und ist daher vergleichsweise aufwendig. Denn die Qualität der Diskussion hängt davon ab, wie gut sich die Teilnehmenden in ihre Rolle einfinden und wie intensiv sie sich auf das Planspiel vorbereiten können. Je nach Vorkenntnissen der Teilnehmenden wird eine mehr oder weniger ausführliche Situationsbeschreibung sowie eine Charakterisierung der verschiedenen Rollen benötigt.
Anwendungsbereich
In einer klassischen Planspielsituation werden anstehende Entscheidungen vorbereitet und mögliche Lösungswege entwickelt. Dazu gehören etwa Entscheidungen, bei denen wirtschaftliche und ökologische oder soziale Interessen vermeintlich gegeneinanderstehen. Oft sind Kommunalregierungen, lokale Unternehmen und Bürgerinitiativen beteiligt. Im Unternehmen kann ein Planspiel bei internen Umstrukturierungen oder der Neuausrichtung von F&E-Abteilungen eingesetzt werden. Im Planspiel können sich neue Allianzen spielerisch entwickeln und Akteure, die gegensätzliche Meinungen einnehmen, können sich durch das Rollenspiel in die Position anderer hineinversetzen. Dabei lernen die Teilnehmenden den Wert unterschiedlicher Sichtweisen kennen. In Unternehmen kann ein Planspiel mit verschiedenen Abteilungen durchgeführt werden, die für die Lösung eines Problems oder die Entwicklung einer innovativen Strategie einbezogen werden sollten. Je nach Problem können auch hier externe Stakeholder am Planspiel teilnehmen. Das Spielerische erleichtert es, Meinungsverschiedenheiten zuzulassen und gemeinsam zu erörtern.
Ablauf
Der Ablauf eines Planspiels gliedert sich in drei Phasen: die Vorbereitungsphase, die Spielphase und die Auswertungsphase.
Vorbereitung
In der Vorbereitungsphase werden die verschiedenen Inputs erstellt: Ausgangssituation, Problem und Rollen werden beschrieben und der Spieltermin vorbereitet. Alle vom Problem betroffenen Interessengruppen sollten mit einer Rolle vertreten sein. Manchmal ist es angebracht, eine Wissensbasis herzustellen, etwa in Form eines Readers, der die zentralen Argumente sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Positionen und Konsequenzen möglicher Entscheidungen wiedergibt. Bereits jetzt wird das Setting für das Planspiel festgelegt: Welche Perspektiven sollen vertreten sein? Soll die Planspieldiskussion von einer Gruppe beobachtet werden und wenn ja, worauf soll diese achten? Die Teilnehmenden bereiten sich vor. Dazu können auch eigene Recherchen gehören.
Spiel
In der Spielphase wird das Planspiel durchgeführt. Hierfür können die Teilnehmenden eine Einladung zu einer Sitzung erhalten, zum Beispiel für den runden Tisch zum Thema Energieversorgung von Kommune X oder für die Strategiesitzung des Unternehmens Y zur Neuausrichtung der Forschungsabteilung, die sie bereits in ihren Rollen anspricht und die Tagesordnung und den Ablauf enthält. Der Einladung kann eine Problembeschreibung beigefügt sein, etwa in Form eines fiktiven Zeitungsartikels, der die Herausforderung darlegt und die Meinung verschiedener fiktiver Akteure wiedergibt. Die Teilnehmenden können sich auf den Spieltermin vorbereiten, indem sie sich mit Lösungsvorschlägen oder Analysen vertraut machen, die ihre Position stärken. Eine Faktensammlung und die Antizipation der Positionen der anderen Akteure im Spiel sorgen für eine lebhafte und fachlich hochwertige Auseinandersetzung in der Spielsituation. Ein der Rolle angepasstes Äußeres hilft, in der Rolle zu bleiben. Oft sind Planspiele so konzipiert, dass die Teilnehmenden nach für alle Parteien akzeptablen Lösungen und Kompromissen suchen müssen. Dabei vertreten sie stets die Position ihrer Rolle und nutzen die mit den Rollen gegebenen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse aus. Die Spielphase kann von einer Gruppe beobachtet werden, die sich Notizen macht – zu den vorgebrachten Argumenten, zu formulieren Lösungsideen, zu Kompromissansätzen oder zu No go‘s –, die im Nachgang in die Reflektion mit eingebracht werden.
Auswertung
Wenn die Sitzung beendet ist, werten die Teilnehmenden die Spielphase gemeinsam aus. Sie reflektieren die angewandten Spielstrategien und die vorgebrachten Argumente und erörtern, inwiefern sie die Position der anderen jetzt vielleicht besser verstehen. Anschließend versuchen sie gemeinsam, die Lösungsansätze aus dem Spiel auf das reale Problem zu übertragen. Hierbei werden Handlungsstrategien und kooperative sowie individuelle Lösungsideen erarbeitet. Da Planspielsitzungen oftmals als sehr intensiv empfunden werden und anstrengend sind, kann es sinnvoll sein, zwischen Phase 2 und 3 einen Tag Pause zu machen.
Organisation
- Problemstellung beschreiben
- Moderationsteam bestimmen bzw. engagieren
- Spielkonzept erarbeiten, Rollen identifizieren
- Teilnehmende rekrutieren
- Rollen, Problem und Spielsetting beschreiben
- Planspiel inhaltlich vorbereiten (Teilnehmende)
- Planspiel durchführen
- Dokumentation: Protokollierung der Diskussionsverläufe in den Gruppen
- Spielverlauf und Ergebnisse reflektieren, Lösungsvorschläge bewerten
- Planspielergebnisse auf reale Problemstellung übertragen
Expertise
- Moderationsteam
Die Moderation sollte sowohl die pädagogischen (Gruppendynamik, Spielsituation leiten) als auch fachlichen (Kontext des Planspiels) Voraussetzungen mitbringen. Das Planspiel lebt von wirklichkeitsnahen Handlungen und intensiven Diskussionen. Die Moderation unterstützt dies, indem sie dafür sorgt, dass alle Beteiligten sich nach ihren Möglichkeiten einbringen können. Teilweise müssen dafür Teilnehmende, die zu sehr in ihrer Rolle aufgehen, „ausgebremst“ werden. Wichtig ist: Die Moderation übernimmt selbst keine Rolle in dem Spiel. - Fachliche Vorbereitung
Je besser die Argumente der verschiedenen Positionen ausgearbeitet sind, desto intensiver und lebhafter gestaltet sich die Diskussion. Die Fakten, auf die Argumente sich stützen, können entweder im Rahmen der Spielvorbereitung aufbereitet und den Teilnehmenden zur Vorbereitung übermittelt werden oder die Teilnehmenden erhalten dies als Aufgabe mit entsprechender Hilfestellung.
Beachten
Ein gutes Planspiel lebt davon, dass alle ihre Rolle möglichst realitätsnah spielen. Daher sollte auch die Spielsituation möglichst echt sein. Wenn etwa eine Sitzung der Kommunalverwaltung Großrosen zur Ausschreibung von Flächen für Windenergie tagt, könnte man Geländekarten an den Wänden anbringen, am Eingang ein Schild mit „Ausschuss Windkraft“ anbringen und die Sitzungsunterlagen in „amtsdeutsch“ verfassen.
Beispiel
Im Projekt „BREsilient – Klimaresiliente Zukunftsstadt Bremen“ veranstalteten das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) am 20. November 2019 ein dreistündiges Planspiel. Ziel des Planspiels war es Maßnahmen zu entwickeln, mit denen sich Unternehmen und andere Akteure individuell, aber auch gemeinsam, auf langfristige Klimaveränderungen und Extremwetterereignisse vorbereiten können. Die etwa 25 Teilnehmenden kamen aus Bremer Unternehmen, insbesondere den Bereichen Transport/Logistik und Ernährung, sowie aus Verwaltung, Wissenschaft und Beratung.
Allen Teilnehmenden wurde zu Beginn eine Rolle zugeteilt. Dies waren Vertreter/innen von Logistikunternehmen (Bahn, Binnenschifffahrt, Hafen), Ernährungsunternehmen (Fisch und Gemüse/Kaffee) sowie der Verwaltung. Da das Planspiel relativ kurz war und daher wenig Zeit für die Einarbeitung in die Rollen war, wurde eine Spielvariante gewählt, in der alle Personen Rollen spielten, die ihren tatsächlichen beruflichen Positionen ähnelten. In gut halbseitigen Rollenbeschreibungen wurden den Teilnehmenden zudem wichtige Hinweise zur Rolle und ihren Beziehungen zu den anderen Rollen gegeben.
Das Planspiel wurde in zwei parallelen Gruppen gespielt, dabei waren einige Rollen mit zwei oder drei Personen besetzt, sodass bei insgesamt sieben Rollen etwa zwölf Spieler/innen an jedem Gruppentisch waren. Zusätzlich gab es jeweils eine Spielleitung aus ein bis zwei Personen.
Für die Spielphase hatte das Planspielteam vorab Situationsbeschreibungen (ca. halbe Seite) erarbeitet, die die Folgen verschiedener Klimafolgen und die Auswirkungen auf die einzelnen Unternehmen anschaulich erläuterten. Die Situationen waren beispielsweise „Hitze 2020“, „Starkregen 2021“ „News zum Meeresspiegelanstieg“ und „Rückgang der Kaffeeanbauflächen 2045“, die Auswirkungen auf die Unternehmen waren unter anderem unterbrochene Liefer- und Transportketen oder Ernteausfälle durch Trockenheit. Zur Veranschaulichung wurden Transportketten mit Hilfe einer Weltkarte und einer schematischen Darstellung des Bundeslandes Bremen (Fokus: Transportmittel) visualisiert.
Die Teilnehmenden diskutierten dann nacheinander die einzelnen Situationen und entwickelten dabei jeweils passende Anpassungsmaßnahmen. Dabei argumentierten alle Teilnehmenden aus der Perspektive ihrer Rolle. Ziel war es, mithilfe der Maßnahmen die Situation zu meistern und beim erneuten Auftreten einer vergleichbaren Situation besser vorbereitet zu sein. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Teilnehmenden voneinander abhängen, teilweise um die gleichen knappen Ressourcen und Verkehrsträger konkurrieren und gemeinsame Lösungen daher sinnvoll sind. Am Ende der Diskussion legten sich die Teilnehmenden jeweils auf eine Maßnahme fest und schrieben diese auf Kärtchen, die an einer Pinnwand angebracht und den jeweiligen Situationen und Rollen zugeordnet wurden.
Nach Abschluss der Spielphase stellten beide Gruppen die während des Spiels erarbeiteten Anpassungsmaßnahmen vor, die dann gemeinsam reflektiert wurden. Insgesamt stellten die Teilnehmenden fest, dass das Planspiel die Komplexität und Abhängigkeit von anderen Akteur/innen deutlich gemacht und hierdurch das Bewusstsein für Wechselwirkungen gestärkt habe. Auch das Diskutieren von zukünftigen Situationen hat dazu beigetragen, Klimawandelfolgen erlebbar zu machen und kreativ nach Lösungen zu suchen. Zudem konnte durch das Planspiel der Wert von Kooperationen vermittelt werden, sei es auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene. So gaben einige Teilnehmende an, dass der Workshop ihnen gezeigt habe, dass aufgrund von begrenztem individuellem Handlungsspielraum an gemeinschaftlichen Lösungen gearbeitet werden müsse. Passend dazu waren im Planspiel Maßnahmen wie eine gemeinsame Nutzung von Lagerflächen oder ein unternehmensübergreifender Verleih von Kühlcontainern erarbeitet worden. Außerdem betonten mehrere Teilnehmende die Notwendigkeit frühzeitigen Handelns. So gab eine Teilnehmende an, dass dank der Zukunftsszenarien im Planspiel deutlich wurde, dass frühzeitiges Handeln sinnvoll sei und später auftretende Risiken abschwächen könne.
Eine zentrale Herausforderung bestand in der Vorbereitung darin, die passende Anzahl Teilnehmende für das Planspiel zu gewinnen. Hier war Flexibilität gefordert. Wo dies nicht aufging, mussten Teilnehmende teilweise auch andere Rollen als die eigene einnehmen. Als deutlich wurde, dass sich zusätzlich zu den geplanten Rollen auch Berater/innen anmelden, wurde zusätzlich eine neue Rolle für das Spiel geschaffen: Die IHK, die die Unternehmen bei der Maßnahmenentwicklung und -umsetzung unterstützt. Und für die kurzfristigen Absagen sprangen spontan Mitglieder des Projektteams ein und wurden zum Mitspieler in den unterbesetzten Rollen.
Literatur und Links
- Methodeneinblick im IÖW-Institutsbericht 2019-2020, Seite 29
- Dokumentation des Workshop 2 in der Workshop-Reihe „Bremer Unternehmen im Klimawandel“: Wie können sich die Maritime Wirtschaft & Logistik sowie die Ernährungswirtschaft auf Extremwetterereignisse und Klimawandelfolgen vorbereiten?
- Beschreibung Planspiel auf WegweiserBuergergesellschaft.de
- Beschreibung der Methode auf dem Portal BW21
- Methodenbeschreibung der Bundeszentrale für Politische Bildung
Steckbrief
- Aufwand: ca. 1 Personenmonat
- Veranstaltungsdauer: ein- bis zweitägiger Workshop
- Prozessdauer: ca. 2 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 15 bis 25 Stakeholder
- Integration: Konsultation
Bei einem Stakeholder-Workshop bringen Sie Personen zu einem Diskussionsprozess zusammen, die von Ihrem Thema betroffen sind. Mit dieser Methode können Sie deren Wissensstand erfassen, aktuelle Situationen oder zukünftige Entwicklungen analysieren oder Handlungsempfehlungen erarbeiten. Je nach Zielsetzung wenden Sie unterschiedliche Diskussions- und Kreativitätstechniken an.
Stakeholder sind Personen oder Organisationen, die von politischen Entscheidungen, der Tätigkeit von Unternehmen oder wissenschaftlich-technischen Projekten betroffen sind. Sie versuchen, auf diese Prozesse Einfluss zu nehmen. Stakeholder sind aber auch Träger/innen von Expertenwissen, da sie mit den Details ihres Handlungsbereichs am besten vertraut sind. Durch einen Stakeholder-Workshop können Sie Zugang zu diesem Wissen erhalten.
Anders als Expert/innen sind Stakeholder jedoch nicht neutral. Ihre Expertise hängt unmittelbar mit konkreten Interessen im jeweiligen Themenfeld zusammen. Dadurch können Sie über die Wissenserhebung im engeren Sinn hinaus einen Stakeholder-Workshop auch für politische Einblicke nutzen. So erfahren Sie beispielsweise wie Stakeholder den Stand und die Perspektiven ihres eigenen Handlungsfeldes bewerten und welche Maßnahmen sie für dessen Weiterentwicklung empfehlen.
Anwendungsbereich
Ein Stakeholder-Workshop ist ein geeignetes Instrument, wenn Sie Interesse an aktuellen, praxisnahen Kenntnissen zu einem Handlungsfeld haben. Dies kann zum Beispiel bei der Vorbereitung einer politischen Maßnahme oder einer bürgerschaftlichen Initiative sein. In dieser Situation ist die Einbindung von Stakeholdern besonders attraktiv, denn diese sind aufgrund ihres Aufgaben- und Tätigkeitsprofils mit Stand, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven des entsprechenden Handlungsfelds bestens vertraut.
Da Stakeholder immer auch ihr Eigeninteresse in die Diskussion einbringen, erschließen Sie sich durch einen Stakeholder-Workshop eine Mischung aus Sachwissen und politisch-strategischen Einblicken in Bewertungen, Ziele oder Konfliktlinien. Solche Einblicke liefern Ihnen wertvolle Informationen für die Analyse von Erfolgsaussichten und Hindernissen Ihres Vorhabens.
Ablauf
Bei der Durchführung eines Stakeholder-Workshops haben Sie großen Gestaltungsspielraum. Bevor Sie festlegen, wie Sie Ihren Stakeholder-Workshop gestalten, sollten Sie jedoch zunächst klären, welche Ziele Sie erreichen und welche Stakeholder Sie dafür einbinden wollen. Auf dieser Grundlage erarbeiten Sie ein an Ihre Bedürfnisse angepasstes Workshop-Design. Hierfür steht Ihnen ein breites Spektrum an Moderations- und Kreativtechniken zur Verfügung, die Sie je nach Bedarf einsetzen und kombinieren können.
Einen festgelegten Ablauf für einen Stakeholder-Workshop gibt es nicht. In der Praxis stehen häufig zunächst Vorträge im Mittelpunkt. Anschließend bearbeiten die Teilnehmer/innen Fragestellungen interaktiv. Durch die Präsentationen können Sie den Teilnehmer/innen zum Beispiel Hintergrund, Ziele und Organisation des Workshops erläutern oder inhaltliche Aspekte des Themas vertiefen. Für die interaktive Workshop-Phase können Sie das übergreifende Thema auf einzelne Teilfragen herunterbrechen und so vielseitige Kleingruppendiskussionen initiieren.
Weitgehend frei sind Sie auch bei der Frage, wie lange ein Stakeholder-Workshop dauern und wie viele Veranstaltungen es geben soll. Ein Stakeholder-Workshop kann als ein- oder zweitägiges, einmaliges Ereignis stattfinden. Möglich ist aber auch die parallele oder sukzessive Durchführung mehrerer Workshops. So können Sie beispielsweise die Perspektiven verschiedener Stakeholder vergleichen oder erfassen, wie diese einen Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten bewerten.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Stakeholder-Workshop an:
- Analyse der Stakeholder-Landschaft
- Erstellung der Workshop-Agenda
- Auswahl und Einladung von Stakeholdern
- Rekrutierung eines/r Moderators/in
- Festlegung der anzuwendenden Moderations- und Kreativtechniken
- Durchführung des Workshops
- Ergebnisdokumentation (z.B Fotoprotokoll von Gruppenarbeitsresultaten)
- sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Stakeholder-Workshops zum Einsatz:
- Laptop, Beamer, Fotoapparat
- Hand-outs für Gruppenarbeit (z.B. Tischvorlagen mit Diskussionsthemen)
- Moderationsmaterialien
Expertise
Für die Durchführung eines Stakeholder-Workshops benötigen Sie ein hohes Maß an Wissen über das vorgesehene Thema. Außerdem brauchen Sie eingehende Kenntnisse über die Stakeholder, die für das Thema maßgeblich sind. Diese doppelte Expertise ist Voraussetzung, damit Ihr Workshop an den aktuellen Stand der Debatte anschließt und durch die Einbindung aller relevanten Stakeholder ein hohes politisches Gewicht erhält. Von Vorteil sind daneben Erfahrungen mit der Gestaltung von Workshops sowie der Anwendung von Moderations- und Kreativtechniken im Kontext heterogener, potentiell konfliktträchtiger Akteurskonstellationen.
Beachten
Entscheidend für die Qualität Ihres Stakeholder-Workshops ist die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises. Hierbei sollten Sie die folgenden Aspekte besonders berücksichtigen:
Stakeholder-Identifikation
Mit diesem Schritt schaffen Sie die Basis für Ihren Stakeholder-Workshop. Wichtig ist hier, zunächst sämtliche Akteure des Themenfeldes in den Blick zu nehmen, ohne diese bereits mit Kriterien wie Relevanz oder voraussichtliche Mitwirkungsbereitschaft zu bewerten. Der Blick auf die gesamte Bandbreite der Stakeholder-Landschaft hilft Ihnen sicherzustellen, dass Sie keine wichtigen Akteure übersehen. Ein übergreifendes Kategorienraster ist dabei ein einfaches Hilfsmittel zur Einordnung der Stakeholder. Geeignete Kategorien sind zum Beispiel Rolle (Verwaltung, Verband, Unternehmen, NGO, usw.) oder Zugehörigkeit zum öffentlichen oder privaten Sektor.
Stakeholder-Priorisierung
Hier bringen Sie die in der Kandidatenliste aufgeführten Stakeholder in eine Rangfolge entsprechend ihrer Bedeutung für den Workshop zu bringen. Auf diese Weise legen Sie fest, welche Stakeholder Sie für den Workshop auf jeden Fall, optional oder gar nicht gewinnen wollen. Diese Differenzierung nehmen Sie vor, indem Sie die Stakeholder beispielsweise nach ihrem Einfluss im Themenfeld und der Relevanz ihrer inhaltlichen Positionen für die Diskussionen auf dem Workshop beurteilen.
Stakeholder-Analyse
Durch eine Stakeholder-Analyse gewinnen Sie im Vorfeld des Workshops ein vertieftes Verständnis der Motive, Interessen, Expertise oder Mitwirkungsbereitschaft der von Ihnen ausgewählten Stakeholder. Eine Stakeholder-Analyse sollten Sie vor allem für einen Überblick über bestehende Beziehungen zwischen den Stakeholdern und sich daraus ergebende Konfliktpotenziale nutzen.
Beispiel
Im Projekt InnoSmart wurde im Dezember 2015 ein Stakeholder-Workshop zum Thema „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“ veranstaltet. Ein Smart Grid ist ein intelligentes Stromnetz. Seine Bestandteile wie Stromerzeuger, -verteiler, -speicher und elektrische Verbraucher sind digital vernetzt. Sie überwachen sich gegenseitig und optimieren das Netz auf diese Weise automatisch. Die Entwicklung von Smart Grids und ihre Integration in größere Energiesysteme standen zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang.
Ausgangspunkt des Stakeholder-Workshops war die Erkenntnis, dass die Digitalisierung des Energiesystems die bestehende Energieinfrastruktur revolutionieren wird. Eine intelligente Vernetzung von Bereitstellung, Infrastruktur und Verbrauchseinheiten wird zu einer völlig neuen, computerisierten Energiewelt führen. Für die Gesellschaft allgemein und besonders für Verbraucher/innen hat dies erhebliche Folgen.
Ziel des Stakeholder-Workshops war es deshalb, die Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben für ein gesellschaftlich Erfolg versprechendes Smart Grid zu identifizieren. Welche Faktoren über Gelingen und Scheitern eines solchen Smart Grids entscheiden, sollte der Workshop ebenfalls aufdecken.
Das InnoSmart-Team hatte im Projektverlauf umfassende Kenntnisse über die im Bereich Smart Grids relevanten Akteure gewonnen. Die Auswahl der Stakeholder für den Workshop erfolgte auf dieser Grundlage. Es sollten Personen aus den Sektoren Politik, Verbände, Zivilgesellschaft und Forschung teilnehmen, die durch Studien, Positionspapiere oder Stellungnahmen maßgeblichen Einfluss auf die Smart-Grid-Debatte genommen hatten. Insgesamt nahmen 17 Stakeholder aus diesen vier Sektoren am Workshop teil.
Der Stakeholder-Workshop war als eintägige Veranstaltung konzipiert und fand von 9:00 bis 15:15 Uhr statt. Der erste Teil des Workshops bestand aus vier Vorträgen, die sich dem Thema der digitalisierten Energiezukunft aus unterschiedlichen Blickwinkeln annäherten. Für jeden Vortrag standen 20 bis 25 Minuten zur Verfügung, wobei jeweils zwei Vorträge direkt hintereinander gehalten und dann gemeinsam diskutiert wurden.
Der zweite Teil des Workshops bestand aus einer Gruppendiskussion. Dazu verteilte das Workshop-Team die Stakeholder auf eine Fünfer- und zwei Sechser-Gruppen. Jede Gruppe bekam die drei gleichen Fragen zu Herausforderungen, Aufgaben und Erfolgsfaktoren eines Smart Grids aus gesellschaftlicher Perspektive. Für die Beantwortung der Fragen hatten die Stakeholder eine Stunde Zeit. Für Gesprächsführung und Ergebnissicherung waren die Gruppen selbst verantwortlich. Um ihnen dies zu erleichtern, legte das Workshop-Team die Fragen gut sichtbar auf die Gruppentische und stellte vorstrukturierte Flipcharts zum Festhalten der Gesprächsinhalte auf. Die Charts nutzten die Gruppensprecher/innen dazu, die Vorstellung der Ergebnisse der Gruppenarbeit im Plenum zu illustrieren. Die Veranstaltung endete mit einer kurzen Gesamtdiskussion der Workshop-Resultate.
Nach dem Workshop schickte das InnoSmart-Team den Teilnehmer/innen eine Dokumentation der Ergebnisse zu, sie bestand aus den PDF-Versionen der Vorträge sowie einer Excel-Datei, in die die Ergebnisse der Gruppenarbeit überführt worden waren.
Literatur und Links
- BiodivERsA (2014): Practical method note 2: Organising stakeholder workshops. Paris (www.biodiversa.org/710/download).
- Durham, E.; Baker, H.; Smith, M.; Moore, E.; Morgan, V. (2014): The BiodivERsA Stakeholder Engagement Handbook. Paris (www.biodiversa.org/705/download).
- FAO [Food and Agriculture Organization of the United Nations] (2011): Stakeholder Workshops. Rome (www.fao.org/fishery/eaf-net/eaftool/eaf_tool_3).
- Infanger, E. (2013): Gesunde Lebensmittelwahl – ein Kinderspiel? Zusammenfassung der Stakeholder-Workshops vom September 2012. Bern: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung
DOWNLOADS
- Programm und Gruppenarbeitskonzept des InnoSmart-Stakeholder-Workshops „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“
- Zusammenfassung der Gruppendiskussion des InnoSmart-Stakeholder-Workshops „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“
TEMPLATE
Hier finden Sie Templates zur Durchführung der Methode. Bitte ersetzen Sie die rot markierten Stellen durch eigene Angaben.
Steckbrief
- Aufwand: 1 Personenmonat
- Veranstaltungsdauer: 0,5 bis mehrere Tage
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl Teilnehmende: ab 20 Personen
- Integration: Konsultation
World Café, auch Weltcafé genannt, ist eine Großgruppenmethode mit fokussierten Diskussionen in wechselnden Kleingruppen. Sie zielt darauf in lockerer Kaffeehausatmosphäre einen intensiven Dialog zu führen.
Die Methode wurde 1995 von Juanita Brown und David Isaacs, zwei US-amerikanischen Unternehmensberater/innen, entwickelt. Zentrale Merkmale der Methode sind die Gleichzeitigkeit von vielen Diskussionsgruppen in einem großen Raum, der wiederholte Wechsel der Gruppenzusammensetzung und die Visualisierung von Diskussionsverläufen und -ergebnissen.
Beim Weltcafé teilt sich eine große Gruppe in kleine Gruppen von etwa 4 bis 6 Personen auf. Diese Kleingruppen diskutieren an Tischen eine vorgegebene Frage. Entweder richten Sie den Raum von vornherein nur mit Tischgruppen ein oder haben zusätzlich einen Bereich mit Stuhlreihen für plenare Teile und fordern die Teilnehmenden mit Beginn der Diskussion auf, sich auf die Tische zu verteilen. Die Verteilung auf die Tischgruppen überlassen Sie dabei in der Regel dem Zufall. Sie können aber auch – beispielsweise wenn verschiedene Stakeholdergruppen vertreten sind, die Sie auf jeden Fall gemischt haben wollen – mit farbigen Namensschildern arbeiten und dazu auffordern, dass an jedem Tisch alle Farben vertreten sein sollen. Nach einer festgelegten Zeit wechseln die Teilnehmenden an andere Tische und bauen dort in neuer Gruppenzusammensetzung auf den vorherigen Ergebnissen auf. Dabei kann entweder die gleiche oder eine neue Frage zur Diskussion stehen. Um Kontinuität zu erreichen, wird jeder Tisch von einem/r Gastgeber/in betreut, der/die die neue Gruppe über die bisherigen Ergebnisse informiert. Die Wechsel bieten Gelegenheit, alle Beteiligten in einen vielfältigen Dialog einzubinden und von anderen eingebrachte Ideen kreativ weiter zu entwickeln.
Anwendungsbereich
Mit einem Weltcafé können Sie unterschiedliche Sichtweisen auf ein Thema erfassen und das Wissen verschiedener Akteure verknüpfen. Die Methode eignet sich besonders dafür, Ideen und Handlungsoptionen zu entwickeln. Sie ermöglicht einen intensiven Austausch und hilft, Akteure zu vernetzen. Die Methode kommt oft in der Organisationsentwicklung zum Einsatz, eignet sich aber auch hervorragend, um bei komplexen Themen – wie beispielsweise die Energiewende – eine Vielfalt von Akteuren zusammenzubringen und zwischen verschiedenen Perspektiven zu vermitteln. In Innovationsprozessen können Sie ein Weltcafé nutzen, um Ideen zu entwickeln oder um neuartige Entwicklungen und Strategien zu reflektieren und zu bewerten.
Ablauf
Ein Weltcafé beginnt mit einer plenaren Einführung für die Großgruppe. Hierbei sollten Sie sowohl die Aufgabenstellung als auch die Methode erläutern. Wichtig ist es hierbei, auf bestimmte Diskussionsregeln, die sogenannte Weltcafé-Etikette, einzugehen:
- Bringen Sie Ihre Gedanken und Erfahrungen ein.
- Hören Sie auf die anderen und suchen Sie nach gemeinsamen Erkenntnissen.
- Konzentrieren Sie Ihre Aufmerksamkeit auf neue Erkenntnisse.
- Halten Sie den Gesprächsverlauf fest (Stichpunkte, Bilder etc.).
Alle dürfen schreiben/malen. - Greifen Sie auf Erkenntnisse aus den früheren Diskussionen zurück.
- Bestimmen Sie eine Person, die als Gastgeber/in am Tisch bleibt und die Ergebnisse präsentiert.
Zudem können Sie zu Beginn oder zwischen den Weltcafé-Runden Vorträge oder andere Inputs einbauen. Nach der Einführung stellen Sie die Frage für die erste Caférunde vor und die Teilnehmenden diskutieren selbständig an ihren Tischen. Die Gastgeber/innen werden in der Regel von der ersten Tischgruppe bestimmt. Sie können sie aber auch vorab auswählen und auf ihre Rolle vorbereiten. Wichtig ist, dass die Kleingruppen den Diskussionsverlauf und ihre Ergebnisse visualisieren. Hierzu verwenden Sie Papiertischdecken, die Sie am Ende der Veranstaltung aufhängen können. Alternativ können Sie Flipchart-Blätter oder Packpapierbögen an Pinnwänden benutzen.
Für eine Diskussionsrunde sollten Sie etwa 20 bis 40 Minuten einplanen. Ändern Sie die Frage für die nächste Runde nicht, reichen meistens 20 Minuten. Wenn Sie eine neue Frage stellen, sollten Sie dagegen eher 30 Minuten vorgeben. Nach Ablauf der ersten Diskussionsrunde fordert die Moderation die Teilnehmenden auf, die Tische zu wechseln und erläutert gegebenenfalls die neue Fragestellung. Zur Einführung in die folgende Runde berichten die Gastgeber/innen an ihren jeweiligen Tischen von den Ergebnissen der vorherigen Diskussion. Anschließend diskutiert die Tischrunde die (neue) Frage. Dies können Sie beliebig fortsetzen. Häufig erfolgen drei Diskussionsrunden nacheinander. Abwandlungen der Methode sind möglich, indem zum Beispiel die Ergebnisse der Tische zwischendurch im Plenum diskutiert werden, bevor es in eine neue Runde an den Tischen geht.
Am Ende eines Weltcafés erfolgt die Zusammenführung der Ergebnisse. Dafür stellen die Gastgeber/innen mit Hilfe der an den Tischen erfolgten Visualisierung die zentralen Ergebnisse vor. Hierbei sollten Sie sie ermuntern, auf besonders interessante, überraschende oder kontroverse Ergebnisse einzugehen. In der anschließenden zusammenführenden Diskussion sollten Sie vor allem gemeinsame Sichtweisen, aber auch Kontroversen festhalten.
Für die Zusammenführung der Ergebnisse ist oft ein so genanntes Graphic Recording hilfreich. Dabei handelt es sich um die Visualisierung von Diskussionsinhalten durch eine/n professionelle/n Illustrator/in. Dies erleichtert es, die Fülle von Diskussionsinhalten zu strukturieren.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Weltcafé an:
- Erstellung eines Moderationsplans mit Diskussionsfragen
- Rekrutierung eine/r Moderator/in und gegebenenfalls eines/r Illustrator/in
- Identifikation und Einladung von Teilnehmenden
- Organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen etc.)
- Durchführung des Weltcafés
- Dokumentation
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Weltcafés zum Einsatz:
- Papiertischdecken zum Beschreiben, alternativ Packpapier oder Flipchartblätter
- Moderationsmaterialien (Flipchartblätter, Stifte, Moderationskarten, Moderationswände)
- Laptop, Beamer, Fotoapparat, Tontechnik
Expertise
Eine wichtige Rolle kommt der Gesamtmoderation zu. Sie muss durch eine gute Einführung die Teilnehmenden motivieren, diese mit den Prinzipien des Weltcafés vertraut machen und während der Diskussionsrunden gegebenenfalls Anregungen geben, falls die Gespräche an den Tischen stocken. Außerdem muss die Moderation die Teilnehmenden an den Tischen daran erinnern, ihre Diskussion zu visualisieren oder zu protokollieren, und die Zeit im Blick zu behalten. Die Hauptaufgabe der Moderation liegt darin, die Teilnehmenden auf ihrem Weg zu selbstorganisiert erarbeiteten Ergebnissen zu begleiten.
Beachten
- Frageformulierung
Formulieren Sie die Fragen so, dass diese klar und fokussiert sind, aber gleichzeitig genug Raum für Diskussionen lassen. Achten Sie darauf, dass die Fragen für die Teilnehmenden relevant sind und weniger auf Bewerten, sondern mehr auf Entdecken und Vertiefen zielen. Gegebenenfalls können Sie die Fragen vorab bei ausgewählten Schlüsselpersonen testen, um zu sehen, ob die Fragen die Gedanken anregen. - Durchmischung der Gruppe
Achten Sie darauf, dass beim Wechsel von einem Tisch zum anderen tatsächlich neue Gruppen entstehen. Greifen Sie gegebenenfalls ein und trennen Sie Personen, die gemeinsam von Tisch zu Tisch wechseln. - Raumgröße
Der Raum sollte groß genug sein, um so viel Abstand zwischen den Tischen zu haben, dass die Teilnehmenden nicht zu sehr durch die Diskussionen an den anderen Tischen abgelenkt werden. Hierfür sollten Sie als Orientierung mit mindestens 4m2 pro Person rechnen. Wird im Raum noch ein Buffet aufgebaut, benötigt dies zusätzlich Platz. Quadratische Räume sind am besten geeignet. - Kaffeehausatmosphäre
Mit der Weltcafé-Methode wollen Sie an die Atmosphäre von informellen Gesprächen am Cafétisch anschließen. Wichtig hierfür sind ein angenehmer Ort und die Gestaltung der Tische. Stellen Sie die Tische locker angeordnet, schmücken Sie diese gegebenenfalls mit Tischdecken und/oder Blumenvasen. Ideal sind kleine runde Tische mit einem Durchmesser von 90 bis 110 cm. Zudem sollte es möglich sein, während der Diskussion Getränke sowie Kekse, Obst oder Snacks an den Tischen zu verzehren.
Beispiele
Beispiel 1: World Café im Stakeholderdialog zur Anpassung an den Klimawandel
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) führte im Auftrag des Kompetenzzentrums Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt einen Stakeholderdialog zum Thema „Chancen und Risiken des Klimawandels in der Energiewirtschaft“ durch. Ziel der Veranstaltung war es, Fragen der Anpassung an den Klimawandel in der Energiewirtschaft zu diskutieren und daraus Handlungsempfehlungen für verschiedene Akteure abzuleiten. Zu diesem Zweck organisierte das IÖW ein Weltcafé.
Zur Vorbereitung des Dialogs führten die Forscher/innen zunächst eine Recherche durch, um herauszufinden, welche Teilbereiche der Energiewirtschaft besonders durch den Klimawandel betroffen sind. Anschließend setzten sie den inhaltlichen Fokus auf Elektrizitätserzeugung auf Basis von Windenergie und fossilen Energieträgern sowie auf Elektrizitätsverteilung. Hierzu erstellten die Forscher/innen ein Hintergrundpapier und recherchierten potenzielle Teilnehmende für das Weltcafé, die sie anschließend sowohl per E-Mail als auch telefonisch einluden.
Für den Dialogablauf wählte das IÖW eine Mischung aus Inputs und Diskussionen in drei Weltcaférunden. Jeweils im Anschluss an bis zu drei zehnminütigen Inputvorträgen folgten die Weltcaférunden. Hierfür wurden die 25 Teilnehmenden auf 5 Tische verteilt. Da der Raum groß genug war, wurden zusätzliche Stuhlreihen für die Vorträge und die plenare Abschlussdiskussion aufgestellt.
Für die einzelnen Diskussionsrunden im Weltcafé standen jeweils etwa 25 Minuten zur Verfügung. Im Laufe des Tages wurden aufeinander aufbauende Fragen diskutiert. Dabei waren die drei Weltcaférunden unterschiedlich gestaltet: In der ersten erfolgte nach 25 Minuten ein Wechsel in der Tischzusammensetzung und es wurde dieselbe Frage weiter diskutiert, in der zweiten wurde zum Wechsel der Tische eine zweite Frage gestellt und in der dritten Runde wurde nur eine Frage behandelt und die Tische nicht gewechselt.
Die Teilnehmenden erhielten vorbereitete Flipchart-Blätter, um ihre Diskussionsergebnisse zu visualisieren. Nach jeder Weltcaférunde erfolgte jeweils eine kurze plenare Sammlung der Ergebnisse (10 bis 15 Minuten), bei der für jeden Tisch eine Person zentrale Ergebnisse vorstellte. Am Ende der Veranstaltung wurden in einer zusammenführenden Plenumsdiskussion Handlungsempfehlungen festgehalten. Die Veranstaltung wurde in einem Ergebnispapier dokumentiert, das mit den Teilnehmenden abgestimmt wurde.
Beispiel 2: Gemeinsame Entwicklung einer Zukunftsvision für die Energiewende in Nordrhein-Westfalen
Im Projekt „Mentalitäten und Verhaltensmuster im Kontext der Energiewende in NRW“ führten die Hochschule Bochum und das Kulturwissenschaftliche Institut Essen in den Jahren 2016 und 2017 in Bochum und Essen zwei Partizipationsveranstaltungen mit Bürger/innen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Mitgliedern der jeweiligen Stadtverwaltung durch.
In den Veranstaltungen wurde die World Café-Methode genutzt, um gemeinschaftlich eine Zukunftsvision für eine gelingende Energiewende in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln. Die übergreifende Frage des World Cafés lautete: „Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2030. In NRW hat eine Energiewende stattgefunden, hinter der Sie voll und ganz stehen können. Wie hat sich Ihr Leben mit Ihrer Wunschwende verändert?“
In Bochum waren 35 und in Essen 15 Bürger/innen als Teilnehmende anwesend. Sie diskutierten an vier im Raum verteilten Thementischen. Die Leitfragen der Thementische lauteten: „Wie werden Sie arbeiten und ihre Freizeit verbringen?“; „Wie werden Sie mobil sein)“; „Wie werden Sie wohnen?“ sowie „Wie hat sich NRW verändert (Infrastruktur, Energie, etc.)?“.
Während sie über über das jeweilige Thema diskutierten, sollten die Teilnehmenden auf einer beschreibbaren Tischdecke Notizen zu den Ergebnissen der Diskussion festhalten. Nach einer gewissen Zeit wechselten die Teilnehmenden den Tisch. Insgesamt gab es zwei Tischwechsel, wodurch sich jede/r Teilnehmende an dreien der vier Tische beteiligen konnte. Jeweils eine Person pro Tisch übernahm stets die Rolle des Tischpaten/ der Tischpatin und blieb eine weitere Runde am Tisch sitzen, um die neu Hinzugekommenen darüber zu informieren, worüber die vorherige Gruppe diskutiert hatte. So konnten die Gruppen auf der vorherigen Diskussion aufbauen.
Beim dritten und letzten Durchlauf hatten die Teilnehmenden die Aufgabe, aus den Tisch-Notizen Vorschläge für Leitsätze abzuleiten. Anschließend strukturierten die Gruppen die Ergebnisse der einzelnen Tische und hefteten sie an Stellwänden. Die jeweils letzten Tischpat/innen stellten diese im Plenum vor. Dadurch konnten alle Teilnehmenden zu jedem Thema Fragen stellen und die Gesamtgruppe erhielt einen Überblick. Abschließend bewerteten die Teilnehmenden die verschiedenen Ideen in einem moderierten Diskussions- und Abstimmungsprozess.
Aus den Ergebnissen des World Cafés wurden im Anschluss Leitsätze herauskristallisiert, die in eine gemeinsame Zukunftsvision eingingen. Das Projektteam erstellte daraus im Nachgang der Veranstaltung einen Fließtext, der den Teilnehmenden sowie kommunalpolitischen Akteur/innen zugänglich gemacht wurde.
Literatur und Links
- www.theworldcafe.com
- Brown, J. & David, I. (2007): Das World Café - Kreative Zukunftsgestaltung in Organisationen und Gesellschaft. Heidelberg: Carl-Auer.
- Café to Go; Eine kurze Einführung, um Gespräche in Gang zu bringen...
- Dunkelberg, E.; Hirschl, B.; Hoffmann, E. (2009): Ergebnis des Stakeholderdialogs zu Chancen und Risiken des Klimawandels – Energiewirtschaft. Berlin: IÖW [Institut für ökologische Wirtschaftsforschung]
- Werkzeugkasten Dialog und Beteiligung - Ein Leitfaden zur Öffentlichkeitsbeteiligung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW.
- Methodenhandbuch des Netzwerks Bürgerbeteiligung
- Ruppert-Winkel, C.; Hauber, J.; Stablo, J.; Kress, M. (2014): Das World Café als Integrationsinstrument in der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung. In: GAIA - Ökologische Perspektiven für Wissenschaft und Gesellschaft, 23 (3), S. 243-252.
Steckbrief
- Aufwand: 1,5 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 1 - 3 Tage
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl der Teilnehmenden: optimal 10 – 30 Personen (möglich mit bis zu 100 Personen)
- Integration: Konsultation
Bei einer Zukunftswerkstatt werden mit Hilfe von Zukunftsvisionen und Utopien gemeinschaftlich Lösungen für bestehende Probleme erarbeitet. Das Kernelement dieser Methode sind drei Phasen: Kritikphase, Phantasiephase und Verwirklichungsphase. Sie können die Methode für all jene Prozesse nutzen, bei denen kreative Ideen gefragt sind und Sie gemeinsam mit von dem Problem betroffenen Personen innovative Lösungen erarbeiten wollen.
Die Zukunftswerkstatt ist eine von Robert Jungk entwickelte Methode, die insbesondere dazu dient, mit kreativem Denken und Phantasie bestehende Probleme zu lösen. Sie soll dazu anregen, aus herkömmlichen Denkmustern auszubrechen und mit Hilfe eines utopischen Blickes in die Zukunft neue Lösungswege zu finden. Wesentlich ist der kreative Prozess, weshalb in einer Zukunftswerksatt keinesfalls Lösungen von vornherein festgelegt oder forciert werden sollten. Sie können diese Methode besonders bei komplexen und vielschichtigen Problemen anwenden, bei denen es unterschiedliche Perspektiven gibt. Mithilfe der Methode können Sie eingetretene Pfade aufbrechen und neue Ideen jenseits von etablierten Lösungen entwickeln.
Gerade für Fragestellungen, bei denen unkonventionelle Ideen gesucht werden und es einen Gestaltungsspielraum für Innovationen gibt, eignet sich die Methode der Zukunftswerkstatt besonders gut. Alle Teilnehmenden gelten als Expert/innen und Menschen jeden Alters, jeder Bildung und Herkunft wird die Fähigkeit zugesprochen Zukunft mitzugestalten. Von diesen verschiedenen persönlichen Hintergründen lebt eine Zukunftswerkstatt. Besonders ideenreich und lebendig sind Zukunftswerkstätten dann, wenn die Teilnehmenden unmittelbar von der Problematik betroffen sind. Die Zukunftswerkstatt soll die Beteiligten aktivieren, ermutigen und die Entwicklung selbstbestimmter Perspektiven fördern.
Anwendungsbereich
Als Kommune können Sie Zukunftswerkstätten einsetzen, um gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren relevanten Stakeholdern herauszufinden, in welchen Bereichen Ihre Kommune beispielsweise noch mehr für die Energiewende tun könnte und wie, diese Ideen umgesetzt werden könnten. Auch hier gilt, dass die Methode mit kleineren und auch mit sehr großen Gruppen durchgeführt werden kann. Auch mehrere aufeinanderfolgende Zukunftswerkstätten zu unterschiedlichen für Ihre Kommune relevante Handlungsfelder wie beispielsweise die lokale Energieversorgung, Energieeffizienz oder Klimaresilienz sind möglich.
Grundsätzlich können Sie die Zukunftswerkstatt in allen Themenfeldern anwenden, in denen kreative Ideen, Offenheit und die Integration unterschiedlicher Perspektiven gefragt sind. Sie eignet sich sowohl als Problemlöse- und Ideenfindungswerkstatt als auch als Strategiewerkstatt. Die Methode eignet sich besonders gut, um Menschen gleichranging an diesen Prozessen zu beteiligen.
Ablauf
Um die Teilnehmenden auf das Thema der Zukunftswerkstatt einzustimmen, bietet es sich an bereits vorab einen kurzen Einführungstext bereitzustellen. Um eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, sollten sich die Teilnehmenden zu Beginn kennenlernen. Hierzu eignet sich beispielweise ein Kennenlernspiel oder ein „thematisches Kennenlernen“, bei dem die Teilnehmenden ihre individuelle Motivation für die Teilnahme an der Zukunftswerkstatt zu schildern.
Damit das freie unvoreingenommen Phantasieren, also der Kern einer Zukunftswerkstatt, gelingen kann, ist es besonders wichtig, dass Sie die Teilnehmenden über die Regeln einer Zukunftswerkstatt informieren.
- Alle Beiträge werden gleichwertig behandelt, unabhängig von Hierarchien und Rollen.
- Jede/r hilft jedem, Ideen anderer dürfen aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
- Es werden keine verbalen und nonverbalen Killer-Phrasen verwendet (z.B. „Das haben wir ja noch nie gemacht!“, „Das ist aber gegen die Vorschriften!“, „Wer soll das bezahlen?“ sowie kritische Blicke und Stirnrunzeln)
- Alles ist möglich und erlaubt, es gibt keinerlei Einschränkungen durch „Zwänge“.
Es kann hilfreich sein, wenn Sie die Regeln für die Zusammenarbeit auf einer Flipchart visualisieren. Nach dieser Vorbereitungsphase beginnen die eigentlichen drei Phasen einer Zukunftswerkstatt.
Abbildung: Schematischer Aufbau der Zukunftswerkstatt, Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Methodenbeschreibung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und Kuhnt und Müllert (2006)
1. Kritikphase
In der Kritikphase sollen die bestehenden Herausforderungen innerhalb des Themenfeldes herausgearbeitet werden. Es geht darum den Ist-Zustand zu beschreiben und zu kritisieren.
- Fragen: Schreiben Sie eindeutig formulierte Kritikfragen auf ein Flipchart oder Plakat (z. B. „Was sind Ihre Befürchtungen, welche Probleme und Hindernisse sehen Sie, wenn sie an die Energiewende in unserer Kommune denken?“).
- Sammeln: Teilen Sie die Gruppe je nach Anzahl der Teilnehmenden in Kleingruppen auf und sammeln Sie alle Kritikpunkte, die genannt werden, auf Moderationskarten.
- Clustern & Präzisieren: Anschließend werden die Kritikpunkte im Plenum verdichtet und geclustert (Welche Kritikpunkte passen zusammen?) und durch Beispiele präzisiert.
- Auswählen: In der Regel können aufgrund der begrenzten Zeit nicht alle Themencluster bearbeitet werden. Deshalb lassen Sie die Teilnehmenden eine Auswahl an Cluster bestimmen, die sie in der nächsten Phase weiter vertiefen möchten. Dies erfolgt in der Zukunftswerkstatt selbstbestimmt durch die Teilnehmenden und sollte nicht von „oben“ gesteuert werden.
2. Phantasie- und Utopiephase
In der zweiten Phase entwickeln die Teilnehmenden Ideen und Innovationen. Je nach Anzahl der zuvor ausgewählten Cluster werden nun Kleingruppen gebildet. Die Zuordnung kann spontan oder nach einem von Ihnen zuvor bestimmten Prinzip erfolgen, beispielsweise eine Mischung aus unterschiedlichen Altersgruppen, Nutzungsgruppen oder auch beruflichen Hintergründen.
- Umformulieren: Fordern Sie die Teilnehmenden auf, in den Kleingruppen die zuvor gesammelten Kritikpunkte so umzuformulieren, dass positive Aussagen oder Wünsche entstehen (z. B. aus „fehlender Bürgernähe“ wird „viel Bürgernähe“).
- Entwickeln & Entwerfen: Lassen Sie nun die Teilnehmenden ihre eigenen Ideen entwickeln und Utopien entwerfen, z. B. durch Brainwriting. Ob die Ideen auch wirklich umsetzbar sind, sollte keine Rolle spielen.
- Auswerten & Auswählen: Die Gruppen stellen sich gegenseitig ihre Utopien vor. Es wird eine Ideenliste angelegt, in der die herausragenden Einfälle von dem Teilnehmenden auf einem Flipchart oder ähnlichem notiert werden. Daraus werden Ziele abgeleitet.
Besonders wichtig ist es in der Phantasiephase die Teilnehmenden zum freien Denken oder gar zum „Spinnen“, ohne äußere Restriktionen (technisch, wirtschaftlich, politisch etc.) und zum Blick über den Tellerrand hinaus zu motivieren. Nur so kann sich die Phantasie der Teilnehmenden frei entfalten.
3. Verwirklichungs- und Praxisphase
In der Verwirklichungsphase geht es darum zu überlegen, wie die Ziele praktisch umgesetzt werden können. Die Teilnehmenden überprüfen die Ideen und Visionen auf ihre Machbarkeit hin und entwickeln konkrete Projekte und Schritte, um die zuvor definierten Ziele zu erreichen.
- Priorisieren: Welche Ideen sollen umgesetzt werden? (Vergabe von Punkten)
- Identifizieren: Welche möglichen Barrieren (Akteure & Strukturen) stehen einer Realisierung im Weg? Was braucht es, damit die Ideen tragfähig und umsetzbar werden? Welche Maßnahmen sind dazu notwendig?
- Planen: Projektumrisse entwerfen und konkrete Schritte erarbeiten (Wer kann was, mit wem, in welcher Form, bis wann umsetzen?)
Der Weg der Zukunftswerkstatt geht immer vom Allgemeinen zum Besonderen und endet mit konkreten praxisbezogenen Projektideen, bei denen auch schon die ersten Schritte für die Umsetzung geplant werden. In dieser Phase müssen die Ideen in die Realität „übersetzt“ werden. Die Teilnehmenden bleiben nicht in der Phantasiewelt stehen, sondern entwickeln konkrete Lösungsansätze, die sich aus unkonventionellen und kreativen Ideen speisen.
Den Abschluss der Zukunftswerkstatt bildet eine Rückmeldung der Teilnehmenden beispielsweise in Form eines Blitzlichtes oder einer methodischen Evaluation. Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt werden dokumentiert. Infomieren Sie die Teilnehmenden darüber, wenn bzw. wie Sie planen, die erarbeiteten Ideen und Maßnahmen umzusetzen.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Zukunftswerkstatt an:
- Planung der Thematik, Zielsetzung und Gruppengröße
- Rekrutierung von Moderation- und Co-Moderation
- Identifikation und Rekrutierung von Teilnehmenden
- Abstimmung mit Moderation zur thematischen Zielsetzung, Gesamtzeit und sozialen Gruppenstruktur
- Organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen etc.)
- Vorbereitung des Inputmaterials, Erstellung der Materialliste & des Ablaufplans
(erfolgt i.d.R. durch Moderation) - Durchführung der Zukunftswerkstatt inkl. (Foto-) Dokumentation während der Veranstaltung
- Synthese der Dokumentation
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Zukunftswerkstatt zum Einsatz:
- Hintergrundinformationen zum Thema (Artikel, Broschüren, Filme)
- Stellwände & Papierbögen/Plakate/Flipcharts, Moderationskarten
- Material zum Gestalten (Bunte Stifte z.B. Pastell-Ölkreiden/Scheren, Klebeband & Klebestifte, Bunt- oder Krepppapier, Naturmaterialien)
- Fotoapparat zur Dokumentation
Expertise
In der Zukunftswerkstatt werden besondere Kompetenzen von der Moderation verlangt. Die inhaltlichen Kenntnisse zum Thema der Zukunftswerkstatt sind dabei weniger von Bedeutung. Wesentliche Kompetenzen der Moderation sind die methodisch-didaktischen sowie sozialen Kenntnisse, um die Teilnehmenden auf dem Lösungsweg zu begleiten. Eine offene und positive Grundeinstellung, thematische Neutralität, Präsenz und Verbindlichkeit sowie gruppenorientierte Sensibilität sind wichtige Eigenschaften der moderierenden Person. Die Moderation sollte das Modell und die Moderationsanforderung der drei Phasen gut kennen und in der Lage sein, situationsgerecht sozial-orientierte und kreative Moderationsmethoden einzusetzen.
Beachten
- Gruppengröße
Für Zukunftswerkstätten mit einer Teilnehmendenzahl von 15 bis 40 Personen sind zwei bis drei Moderator/innen sinnvoll. Gehen die Teilnehmendenzahlen über 50 Personen hinaus, sollten weitere Moderator/innen eingebunden werden. - Gruppenzusammensetzung
Die Gruppen sollte so zusammengesetzt sein, dass möglichst viele Kompetenzen und Perspektiven zu einem Thema und möglichst wenig formale Hierarchien (z.B. Vorgesetzte und Angestellte) vertreten sind. Bei der Kleingruppenbildung sollte die Moderation auf eine Durchmischung achten. - Unvorhergesehenes
Auch, wenn die Zukunftswerkstatt sehr gut geplant ist, kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Dazu gehören beispielsweise geringe Motivation, die Dominanz einzelner Personen, Teamunstimmigkeiten oder das Festhalten an Überholtem. Die Moderation kann bei Unstimmigkeiten mit vorwärtsgerichtet Fragen Impulse geben (z.B. „Wie könnte eine Lösung dieses Problems aussehen?“) oder nach Beispielen für konkrete Problemlagen fragen. - Methodische Ausgestaltung
Die methodische Ausgestaltung muss auf die Gruppengröße angepasst werden. Alle drei Phasen sollten methodisch gut vorbreitet und professionell moderiert werden. - Räumlichkeiten
Achten Sie bei der Auswahl der Räumlichkeiten darauf, dass Sie für die Kleingruppenarbeit ausreichend Platz bieten. Wichtig ist auch, dass die Räume eine angenehme Atmosphäre und kreatives Denken ermöglichen.
Beispiel
Im Forschungsprojekt „Akzeptanz und Strategien für den Ausbau Erneuerbarer Energien auf kommunaler und regionaler Ebene“ fanden im Jahr 2006 fünf Zukunftswerkstätten statt. Das Projekt wurde vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) gemeinsam mit dem Ecologic-Institut für Internationale und Europäische Umweltpolitik, dem Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam und dem Institut für Ressourcenschonung, Innovation und Sustainability durchgeführt. Alle fünf Zukunftswerkstätten standen unter dem allgemeinen Motto „Auf der Suche nach zukunftsträchtigen Wegen für die Energieversorgung“. Jede Zukunftswerkstatt beschäftigte sich mit einer ausgewählten Technologie (Biomasse, Onshore-Wind, Offshore-Wind oder Photovoltaik) in einer bestimmten Region Lausitz, Wendland-Elbetal, Braunschweiger Land, Küste Nordfrieslands, Raum Leipzig).
Die Teilnehmenden der Zukunftswerkstätten (jeweils 11-20) setzten sich aus Akteur/innen und Multiplikator/innen aus der Zivilgesellschaft sowie aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft zusammen. Dadurch sollte die Identifizierung von Problemen und Lösungsansätzen sowie eine breite Netzwerkbildung und die Entwicklung von Projektideen auf regionaler Ebene begünstigt werden. Trotz des Anspruchs auf eine ausgeglichene Geschlechterverteilung gab es bei den fünf durchgeführten Zukunftswerkstätten eine überdurchschnittlich hohe Anzahl männlicher Teilnehmender.
Jede Zukunftswerkstatt dauerte ca. 7,5 Stunden und wurde von zwei Moderator/innen begleitet. Die Zukunftswerkstätten begannen jeweils mit einer Kritikphase, in der der Ist-Zustand kritisch aufgearbeitet wurde. Hierfür teilten und sammelten die Teilnehmenden negative Erfahrungen bei der Einführung und Nutzung der spezifischen EE-Technologie in der Region. Dies diente dem Ziel, sich die vorhandenen Probleme vor Augen zu führen, sie zu konkretisieren und zu analysieren. Um mit den gesammelten Kritikpunkten weiterarbeiten zu können, wurden diese von den Teilnehmenden auf Kärtchen geschrieben, die anschließend gesammelt und in verschiedene Kategorien eingeteilt wurden. Dann setzten die Teilnehmenden innerhalb der identifizierten Kategorien mithilfe von Punkten Prioritäten. Auf dieser Basis wurden zentrale Kritikpunkte ausgewählt.
An die Kritikphase schloss sich jeweils die Phantasie- (und Utopie-)phase an. Um diese einzuläuten, wurde der Raum geschmückt und Musik eingespielt. In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden Visionen für das Jahr 2050 und visualisierten diese auf einem Plakat. Als Material konnten die Teilnehmenden Zeitschriften (für Collagen), Wasserfarben, Kreide, Luftballons, Knete, Stifte etc. nutzen. Die fertigen Plakate wurden im Plenum vorgestellt. Die Zuhörer/innen hielten während der Präsentationen die spannendsten Ideen auf Kärtchen fest. Diese wurden im Anschluss erneut sortiert und Kategorien zugeordnet.
Die jeweils letzte Phase bildete die Verwirklichungs- und Praxisphase. Hier war das Ziel, auf die während der Phantasiephase entstandenen Visionen aufzubauen und konkrete Projektideen zu entwickeln. Hierfür wurden erneut Kleingruppen gebildet, welche für ihre Projektskizzen die Leitfragen „Was, wer, wie, wo und wann?“ beantworten sollten. Nachdem dieser Prozess abgeschlossen war, stellten die Kleingruppen ihre jeweiligen Projektskizzen in der Großgruppe vor.
Literatur und Links
- Holzinger, H.; Spielmann, W. (2016): Die Zukunft demokratisieren. Einführung in die Methode Zukunftswerkstatt. (Download PDF)
- Jungk, R./Müllert, N. (1989): Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen Routine und Resignation, München: Heyne Sachbuch.
- Kuhnt, B., & Müllert, N. R. (2006): Moderationsfibel Zukunftswerkstätten: verstehen-anleiten-einsetzen; das Praxisbuch zur sozialen Problemlösungsmethode Zukunftswerkstatt (Vol. 166). Neu Ulm:AG SPAK Bücher.
- Müllert, N. R. (2009): Zukunftswerkstätten. In Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, S. 269-276.
- Müllert, N. R. (2017): Zukunftswerkstatt. In: P. Patze-Diordiychuck, J. Smettan, P. Renner, T. Föhr (Hrsg.): Methoden Handbuch Bürgerbeteiligung. Band 2: Passende Beteiligungsformate wählen. München: oekom, S. 150-160.
- Methodenbeschreibung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen
- Methodensammlung der EnergieAgentur.NRW (im Auftrag der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen)
- Methodenbeschreibung der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik
- Methodenbeschreibung in der Materialiensammlung des Lehrerfortbildungsservers Baden-Württemberg
- Methodenbeschreibung des Wegweisers Bürgergesellschaft, ein Projekt der Stiftung Mitarbeit
- Methodensteckbrief des Methodenkoffers SGL
- Kreativtechniken und -übungen
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Toolbox für Zivilgesellschaft und Politik
Großprojekte wie die Energiewende oder der Klimaschutz lösen Veränderungsimpulse aus, die über einzelne Wirtschaftsbereiche oder soziale Gruppen hinausgehen. Sie betreffen die gesamte Gesellschaft und verlangen den Menschen erhebliche Anpassungsleistungen ab. Die Akzeptanz für solche Projekte ist zunehmend davon abhängig, ob die Bevölkerung bei ihrer Gestaltung mitreden kann. Die hier vorgestellten Methoden helfen, eine solche aktive Beteiligung zu organisieren. Sie richten sich primär an zivilgesellschaftliche und politische Akteure.
Steckbrief
- Aufwand: ca. 3 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: ein- bis zweitägiger Workshop
- Prozessdauer: ca. 5 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 12 bis 36 Expert/innen
- Integration: Konsultation
Mit einem Gruppendelphi können Sie den Wissensstand von Expert/innen zu einem Thema aufbereiten und auf diese Weise einen Überblick über Konsens und Dissens bei Expertenurteilen bekommen. Dies ermöglicht Ihnen eine Einschätzung für die Bewertung von Sachverhalten, Ereignissen oder Entwicklungstendenzen.
Das Gruppendelphi ist eine Variante des klassischen Delphi-Verfahrens, welches häufig in der Zukunftsforschung und Technologiebewertung zum Einsatz kommt. Eine Gruppe von Expert/innen beantwortet dabei ein und denselben Fragenkatalog mehrmals. In jeder neuen Runde sollen die Expert/innen die Antworten der Gruppe aus der vorherigen Befragung berücksichtigen. Dieses Vorgehen soll die Varianz der Bewertungen verringern und die Urteilssicherheit erhöhen.
Ein wesentlicher Nachteil der klassischen Delphi-Methode besteht darin, dass sie keine Begründungen für abweichende Urteile erfasst. Dadurch stehen Ihnen diese wichtigen Informationen nicht zur Verfügung. Mit dem Gruppendelphi nutzen Sie die erprobten Prinzipien der Delphi-Methode und können gleichzeitig ihre Nachteile vermeiden.
Anwendungsbereich
Das Gruppendelphi eignet sich besonders für die Diskussion von Themen und Entwicklungen, über deren Bewertung, Auswirkungen und Potenziale große Unsicherheiten bestehen. In solchen oftmals kontroversen Situationen wenden Sie diese Methode an, um Klarheit über den Vorrat an einheitlichen Einschätzungen sowie Transparenz über die unterschiedlichen Argumente zu erhalten, die abweichenden Urteilen zugrunde liegen. Mit dem Gruppendelphi nutzen Sie die Expertise von Expert/innen zum Beispiel zur Priorisierung von politischen Handlungsempfehlungen, für Einblicke in neue Erkenntnisse der wissenschaftlich-technischen Forschung oder zur Bewertung von Programm- und Projektergebnissen. Die Methode ist eher nicht geeignet für die Analyse von überwiegend von Werten und Interessen geprägten Debatten.
Ablauf
Bei einem Gruppendelphi laden Sie ausgewählte Expert/innen zu einem ein- bis zweitägigen Workshop ein. Diesen gestalten Sie als Wechsel von Gruppenarbeit und Plenumsdiskussionen. Zu Beginn des Workshops teilen Sie die Expert/innen in Kleingruppen von drei bis sechs Personen auf. Jede dieser Kleingruppen füllt den von Ihnen zuvor erarbeiteten standardisierten Fragebogen aus. Die Antworten jeder Kleingruppe sollten grundsätzlich im Konsens erfolgen. Allerdings sollten Sie auch die Möglichkeit von Minderheitsvoten vorsehen.
In der anschließenden Plenumsdiskussion fokussieren Sie dann auf die Abweichungen in den Antworten zwischen den Kleingruppen. Dazu bitten Sie die zuvor gewählten Vertreter/innen der Kleingruppen, ihre unterschiedlichen Standpunkte zu einer Frage zu erläutern. Dadurch legen Sie die Argumentationsmuster hinter den abweichenden Antworten zwischen den Gruppen offen. Wie sich die Expert/innen innerhalb der Kleingruppen auf eine gemeinsame Antwort einigen, ist dagegen nicht entscheidend.
In der zweiten Workshop-Runde wiederholen Sie die Folge von Kleingruppenarbeit und Diskussion im Plenum. Allerdings setzen Sie jetzt nur noch die Fragen auf die Agenda, zu denen es Uneinigkeit gibt. Dieses Vorgehen wiederholen Sie idealerweise so lange, bis keine Veränderungen im Meinungsbild mehr auftreten oder sich Abweichungen nicht mehr durch weitere Informationen und Argumente auflösen lassen. Am Ende eines Gruppendelphis haben Sie den Geltungsbereich des Konsenses abgesteckt und deutlich gemacht, zu welchen Sachverhalten ein stabiler Dissens besteht.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Gruppendelphi an:
- Erstellung des Delphi-Fragebogens
- Erstellung der Agenda des Gruppendelphis
- Recherche, Auswahl und Einladung der Expert/innen
- Rekrutierung eines Moderators oder einer Moderatorin
- Durchführung des Workshops
- Transkription der Audiomitschnitte der Plenumsdiskussionen
- Auswertung von Fragebogen und Plenumsdiskussionen
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, Ausdruck der Fragebögen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Gruppendelphis zum Einsatz:
- Ausgedruckte Fragebögen
- Laptop und Beamer für Erfassung, Auswertung und Präsentation der Ergebnisse der Kleingruppenarbeit
- Audiorecorder zum Mitschnitt der Plenumsdiskussionen
Expertise
Die Durchführung eines Gruppendelphis erfordert methodische Kompetenzen hinsichtlich der Fragebogenentwicklung und der Moderation von Gruppengesprächen. Weiterhin setzt diese Methode sehr gute Kenntnisse über die zur Debatte stehenden Sachverhalte und die im Themengebiet ausgewiesenen Expert/innen voraus. Dieses Wissen ist notwendig für die Gestaltung des Delphi-Fragebogens, die Auswahl der Workshop-Teilnehmer/innen und eine kompetente Moderation der Plenumsdiskussionen (die Kleingruppen werden nicht moderiert).
Beachten
Pausenplanung
Der Rhythmus von Kleingruppenarbeit und moderierten Plenumsdiskussionen ist zentral für Gruppendelphi-Workshops. Organisatorisch setzt dieser Ablauf die Einplanung von Pausen zwischen den einzelnen Workshop-Blöcken voraus.
Elektronischer Fragebogen
In den Pausen zwischen Kleingruppenarbeit und nachfolgendem Plenum werten Sie die Fragebögen mit Blick auf Konsens und Dissens aus. Um dies rasch bewerkstelligen zu können, sollten Sie den Fragebogen auch elektronisch verfügbar haben (z.B. als Excel-Datei). So können Sie die Antworten der Expert/innen vollständig erfassen und dem Plenum via Beamer präsentieren.
Aktualisierung des Fragebogens
Die Pausen zwischen Plenum und nächster Kleingruppenarbeit nutzen Sie, um den Fragebogen an die Ergebnisse des Plenums anzupassen (Streichung von Fragen, zu denen Konsens bestand; Einarbeitung von Vorschlägen zur Umformulierung einzelner Fragen). Die Änderungen fügen Sie handschriftlich in die zu diesem Zweck bereitgehaltenen Ausdrucke der Fragebögen ein.
Beispiel
Im Projekt InnoSmart wurde im September 2014 ein Gruppendelphi zu den gesellschaftlichen Aspekten von Smart Grids durchgeführt. Ein Smart Grid ist ein intelligentes Stromnetz. Seine Bestandteile wie Stromerzeuger, -verteiler, -speicher und elektrische Verbraucher sind digital vernetzt. Sie überwachen sich gegenseitig und optimieren das Netz auf diese Weise automatisch.
Die Entwicklung von Smart Grids und ihre Integration in größere Energiesysteme standen zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang. Mithilfe der eingeladenen Expert/innen wollte InnoSmart erforschen, welche gesellschaftlichen Aspekte dabei besonders relevant sind. Ziel des Gruppendelphis war es, einen entsprechenden Überblick zu erarbeiten. Detaildiskussionen zu einzelnen Aspekten waren dagegen nicht vorgesehen.
Entscheidend für eine erkenntnisreiche Diskussion war es, Teilnehmer/innen zu gewinnen, die durch Forschungsprojekte, Veröffentlichungen oder Vorträge als ausgewiesene Smart-Grid-Expert/innen bekannt waren. Wichtig war es zudem, Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen einzuladen, um das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Teilnehmerkreis setzte sich schließlich aus 15 Expert/innen mit sozial- und wirtschaftswissenschaftlichem sowie technischem Hintergrund zusammen.
Der Delphi-Fragebogen umfasste sechs Oberfragen, die jeweils durch eine Reihe von Unterfragen spezifiziert wurden. Diese bestanden überwiegend aus zugespitzten Aussagen („Statements“), die die Expert/innen auf einer achtstufigen Skala (von 1 „trifft überhaupt nicht zu“ bis 8 „trifft voll zu“) beantworten sollten. Das folgende Beispiel einer Oberfrage mit einem dazugehörenden Statement illustriert die angewendete Frageweise:
- Oberfrage: „Welche Vor- und Nachteile haben Verbraucher im Smart Grid, wer ist Gewinner oder Verlierer, welche Faktoren beeinflussen die Akzeptanz von Smart Grid-Lösungen? Zu diesen und anderen verbraucherbezogenen Implikationen des Smart Grid haben wir eine Reihe von Aussagen zusammengestellt. Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen.“
- Statement: „Durch Energieeinsparungen und sinkende Energiekosten werden die Verbraucher erheblich von Smart Grid-basierten Anwendungen profitieren.“
Das Gruppendelphi fand als eintägiger Workshop von 10:00 bis 17:00 Uhr statt. In diesem Zeitraum ließen sich zwei Runden aus Kleingruppenarbeit und Plenumsdiskussionen durchführen. Der Workshop begann mit einem Vortrag des InnoSmart-Teams. Darin vermittelte es Hintergründe zu den Inhalten des Gruppendelphis und stellte den Fragenbogen sowie die Tagesordnung vor.
Für die erste Kleingruppenarbeit teilte das InnoSmart-Team die 15 Expert/innen in drei Vierer- und eine Dreier-Gruppe auf. Die Gruppen hatten 90 Minuten Zeit, um den Fragebogen zu beantworten. Für die anschließende Plenumsdiskussion waren 60 Minuten reserviert. Weil das Team den Fragebogen um die Fragen gekürzt hatte, zu denen Konsens bestand, gab es den Kleingruppen in der zweiten Runde nur noch 60 Minuten Zeit. Die zweite Plenumsdiskussion konnte es aus demselben Grund auf 45 Minuten begrenzen.
Pausen fanden jeweils nach der Kleingruppenarbeit statt, um den Expert/innen die Gelegenheit für Erfrischungen und Austausch zu geben. In diesen Pausen bereiteten die InnoSmart- Forscher/innen auch die Ergebnisse der Kleingruppen für die anschließenden Plenumsdiskussionen vor. Die Moderation des Plenums übernahm ein Mitarbeiter des Projekts.
Die Ergebnisse des Gruppendelphis fasste das Forscherteam in einem Bericht zusammen, den es den Expert/innen mit der Bitte um Prüfung übermittelte.
Literatur und Links
- Cuhls, K.; Blind, K. (1999): Die Delphi-Methode als Instrument der Technikfolgenabschätzung. In: Bröchler, S.; Simonis, G; Sundermann, K. (Hrsg.): Handbuch Technikfolgenabschätzung. Berlin: Edition Sigma, S. 545-550.
- Häder, M. (2002): Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
- Niederberger, M. (2015): Das Gruppendelphi. In: Niederberger, M.; Wassermann, S. (Hrsg.): Methoden der Experten- und Stakeholdereinbindung in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Wiesbaden: Springer VS, S. 117-137.
- Niederberger, M.; Renn, O. (2018): Das Gruppendelphi-Verfahren: vom Konzept bis zur Anwendung. Wiesbaden: Springer VS.
- Schulz, M.; Renn, O. (2009): Gruppendelphi. Konzept und Fragebogenkonstruktion. Wiesbaden: Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Hofmaier, C.; Kuhn, R.; Wassermann, S.; Wehner, S.; Berneiser, J.; Senkpiel, C. (o.J.): Maßnahmen und Investitionsverhalten von Akteuren im Bereich „Power-to-Gas“-Bericht eines Gruppendelphis. Stuttgart: ZIRIUS – Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung. (https://www.zirius.uni-stuttgart.de/dokumente/SozioE2S-Bericht-Gruppendelphi-final.pdf)
DOWNLOADS
- Fragebogen des InnoSmart-Gruppendelphis „Gesellschaftliche Aspekte des Smart Grid“
- Ergebnisbericht des InnoSmart-Gruppendelphis „Gesellschaftliche Aspekte des Smart Grid“
TEMPLATES
Hier finden Sie Templates zur Durchführung der Methode. Bitte ersetzen Sie die rot markierten Stellen durch eigene Angaben.
Steckbrief
- Aufwand: ca. 8 bis 10 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 2 Wochenenden und eine drei- bis viertägige Konferenz
- Prozessdauer: ca. 12 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 10 bis 30 Bürger/innen, 10 bis 20 Sachverständige
- Integration: Konsultation
Mit der Konsensuskonferenz geben Sie der nicht organisierten Laienöffentlichkeit eine Stimme in gesellschaftlichen Kontroversen über wissenschaftlich-technische Innovationen sowie soziale und ökonomische Entwicklungen. Als Ergebnis erhalten Sie einen Bericht mit den Bewertungen und Handlungsempfehlungen der am Verfahren beteiligten Bürger/innen.
Die Ursprünge der Konsensuskonferenz liegen im Bereich der Analyse und Bewertung der sozialen Folgen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und technologischer Anwendungen. Der Dänische Rat für Technikfolgenabschätzung entwickelte die Methode Mitte der 1980er Jahre als zivilgesellschaftliches Partizipationsverfahren. Sie ist unter anderem in den Bereichen Biotechnologie, Endlagerung radioaktiver Abfälle oder Gendiagnostik eingesetzt worden.
Anwendungsbereich
Die Konsensuskonferenz ist eine Methode der Bürgerbeteiligung bei gesellschaftlich umstrittenen Themen. Sie wenden diese Methode an, wenn Sie an den Einschätzungen von Laien zu neuen wissenschaftlich-technologischen Entwicklungen sowie sozialen und wirtschaftlichen Problemstellungen interessiert sind. Die Konsensuskonferenz ermöglicht es Ihnen, Bürger/innen in hochspezialisierte, wissensintensive Debatten einzubeziehen und so den Expertendiskurs für die Perspektiven der Zivilgesellschaft zu öffnen.
Ablauf
Für die Durchführung einer Konsensuskonferenz bilden Sie einen Kreis von 10 bis 30 Bürger/innen, die weder beruflich noch aufgrund persönlicher Betroffenheit einen unmittelbaren Bezug zu Ihrem Thema haben. Dieses sogenannte Laienpanel sollte hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildungsstand und Beruf die gesamtgesellschaftliche Sozialstruktur widerspiegeln. Die Auswahl der Bürger/innen können Sie durch Zufallsziehungen in kommunalen Einwohnermelderegistern vornehmen. Ein weiterer Rekrutierungsweg ist die Veröffentlichung von Anzeigen in Print- und Online-Medien.
Der idealtypische Verlauf einer Konsensuskonferenz umfasst die folgenden drei Arbeitsphasen: In der ersten Phase machen Sie die Teilnehmer/innen intensiv mit der zur Debatte stehenden Problemlage vertraut. Diese Aufgabe übertragen Sie einem/r Moderator/in und ausgewiesenen Expert/innen. Ergänzend hierzu statten Sie die Teilnehmer/innen mit detaillierten Hintergrundmaterialien aus.
Mithilfe dieser Informationen legt das Laienpanel in der zweiten Arbeitsphase Fragen fest, die Sie einem Gremium von Sachverständigen zur schriftlichen Beantwortung vorlegen. Die Zusammenstellung des Gremiums nehmen die Teilnehmer/innen selbst vor. Dabei können Sie diese zum Beispiel durch eine Liste mit geeigneten Personen unterstützen. Achten Sie darauf, dass die Personen auf der Liste die relevanten Positionen des Konferenzthemas repräsentieren.
Für die Durchführung der ersten beiden Arbeitsphasen sollten Sie zwei Wochenenden einplanen, an denen die Bürger/innen über den Sachverhalt informiert werden und die Expertenfragen festlegen. In der dritten Arbeitsphase führen Sie die eigentliche Konsensuskonferenz an drei oder vier aufeinanderfolgenden Tagen durch (im Folgenden wird ein dreitägiger Ablauf beschrieben).
- Am ersten Tag hören die Mitglieder des Laienpanels die Stellungnahmen des Gremiums der Sachverständigen zu dem Fragenkatalog, der den Expert/innen nach dem zweiten Wochenende vorgelegt wurde. Die Bürger/innen werten die Expertenantworten aus und formulieren Zusatzfragen.
- Am zweiten Tag beantworten die Sachverständigen zunächst die Zusatzfragen. Auf dieser Basis erstellen die Bürger/innen dann mit Unterstützung der Moderation ein sogenanntes Bürgergutachten oder auch Bürgervotum. Es enthält Bewertungen und Handlungsempfehlungen und nimmt Stellung zur erzielten Übereinstimmung sowie zu Minderheitsvoten.
- Der dritte Tag steht im Zeichen der Präsentation des Bürgergutachtens. Dazu machen Sie die Konferenz für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein besonderes Augenmerk richten Sie dabei auf Entscheidungsträger/innen und Medienvertreter/innen.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Konsensuskonferenz an:
- Auswahl und Rekrutierung von Bürger/innen, Sachverständigen und Moderator/innen
- Einladung der Bürger/innen und Sachverständigen zu Vorbereitungswochenenden und zur Konferenzphase
- Erstellung einer Liste mit Sachverständigen als Grundlage für die Auswahl durch das Laienpanel
- Einladung von Medienvertreter/innen und Entscheidungsträger/innen für den öffentlichen Teil der Konsensuskonferenz
- Zusammenstellung von Hintergrundmaterial für das Laienpanel
- Erstellung des Fragenkatalogs für die Sachverständigen durch das Laienpanel
- Erstellung und öffentliche Präsentation des Bürgergutachtens durch das Laienpanel
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Konsensuskonferenz zum Einsatz:
- Diverse Dokumente für verschiedene Teilnehmergruppen (zum Beispiel Hintergrundmaterial für das Laienpanel, Fragenkatalog für die Sachverständigen, Hand-outs für Entscheidungsträger/innen und Medienvertreter/innen)
- Laptop, Beamer, Drucker, Fotoapparat, Tontechnik
- Moderationsmaterialien
Expertise
Um eine Konsensuskonferenz erfolgreich durchführen zu können, müssen Sie mit dem zur Debatte stehenden Thema intensiv vertraut sein. Dies betrifft sowohl den inhaltlichen Überblick über die zentralen Studien, Fakten und Argumente als auch profunde Kenntnisse über die im Themengebiet maßgeblichen Organisationen, Expert/innen und Interessengruppen. Um ein Laienpanel zusammenzustellen, das den Bevölkerungsquerschnitt abbildet, sind statistische Kompetenzen hinsichtlich der Durchführung einer gewichteten Zufallsstichprobe erforderlich.
Eine Schlüsselrolle für das Gelingen oder Misslingen einer Konsensuskonferenz kommt schließlich der Qualifikation und Qualität der Moderation zu. Bei der Beauftragung eines/r Moderators/in sollten Sie auf folgendes Kompetenzprofil achten:
- Planung mehrstufiger Partizipationsverfahren,
- Durchführung von Expert/innen- und Bürger/innen-Dialogen,
- Unterstützung von Laiengruppen bei der Formulierung und Präsentation von Stellungnahmen,
- Leitung öffentlicher Veranstaltungen mit hochrangigen Entscheidungsträger/innen.
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen an die Moderation einer Konsensuskonferenz empfiehlt es sich, für diese Aufgabe eine Teamlösung zu wählen.
Beachten
- Sachkenntnis als Grundlage
Eine Konsensuskonferenz soll nicht die Bedeutung von Expertenwissen zugunsten von Laienurteilen relativieren. Vielmehr bringen Sie mit dieser Methode zum Ausdruck, dass die Bewertung technischer, sozialer oder ökonomischer Entwicklungen nicht exklusiv in Expertenzirkeln, sondern auch im Bürgerdiskurs zu leisten ist. Grundlage für einen erfolgreichen Bürgerdiskurs ist dabei eine profunde Sachkenntnis. - „Neutrale“ Bürger/innen
Wählen Sie für das Laienpanel Bürger/innen aus, die nicht persönlich von dem zu verhandelnden Thema betroffen sind. Damit vermeiden Sie, dass Bürger/innen als Interessenvertreter/innen auftreten und von Anfang an auf eine bestimmte Position festgelegt sind. Der/die idealtypische Teilnehmer/in hat ein unparteiisches Interesse am Konferenzthema und entwickelt sich im Verlauf des Verfahrens zu einem/r wohlinformierten Bürger/in mit der Fähigkeit, begründete Urteile zu äußern. - Quasi-öffentliches Meinungsbild
Eine Konsensuskonferenz ist kein Instrument zur Erzeugung neuen Wissens. Indem Sie interessierten Bürger/innen eine Stimme geben, sollten Sie keine neue Daten oder Fakten zum Konferenzgegenstand erwarten. Stattdessen erhalten Sie ein quasi-öffentliches Meinungsbild, das zwar nicht statistisch repräsentativ, aber aufgrund der gesicherten Wissensgrundlage des Bürgergutachtens potentiell einflussreich ist.
Beispiel
Die erste deutsche Konsensuskonferenz fand 2001 zum Thema „Streitfall Gendiagnostik“ statt. Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Chancen und Risiken, die mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms und der Entwicklung neuer gendiagnostischer Verfahren entstehen. Von dem Laienpanel wurden drei Themenfelder zur Bearbeitung ausgewählt: Gentests für die Gesundheitsvorsorge, Präimplantationsdiagnostik und pränatale Diagnostik.
Veranstalter der Konsenskonferenz und zuständig für das Projektmanagement war das Forum Wissenschaft im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Zur fachlichen Beratung und Begleitung richtete das Forum einen Beirat aus fünf Wissenschaftlern ein, der insgesamt dreimal tagte. Für die Moderation der Konsensuskonferenz verpflichtete es einen freiberuflichen Mediator, der über langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Formen der Bürgerbeteiligung verfügte. Bei der Leitung der Veranstaltungswochenenden unterstütze ihn eine Assistentin. Seine Tätigkeit war von erheblichen planerischen, organisatorischen und abstimmungsbezogenen Aktivitäten im Vorfeld der Veranstaltungen geprägt.
Die teilnehmenden Bürger/innen wählte das Forum per Zufallsverfahren aus insgesamt 10.000 Adressen aus 40 Gemeinden aus. Dafür stellten die Einwohnermeldeämter aller 16 Landeshauptstädte sowie je einer Kommune mit bis zu 10.000 Einwohner/innen jeweils 250 Adressen bereit. Ergänzend kamen je 250 Anschriften von Bürger/innen einer mittelgroßen Stadt mit 50.000 bis 100.000 Einwohner/innen aus den acht bevölkerungsstärksten Bundesländern hinzu.
Der Veranstalter schrieb alle auf diese Weise ausgewählten Personen an und informierte sie über das Verfahren. Bis zu einem Stichtag im Juni 2001 gingen 292 Rückmeldungen ein. Zwei Besucher/innen des Deutschen Hygiene-Museums losten daraus das Laienpanel der Konsensuskonferenz aus. Dieses setzte sich aus 10 Frauen und 9 Männern im Alter von 18 bis 75 Jahren zusammen.
Im Anschluss an die Auswahl der Teilnehmer/innen informierte das Forum diese schriftlich über die Methode und das Thema. Das erste Vorbereitungswochenende fand vom 21. bis 23. September 2001 statt. Ziele des Treffens waren es, sich gegenseitig kennenzulernen, offene Fragen zu Ablauf und Methode der Konsensuskonferenz zu klären und Inhalte zur Gendiagnostik zu vermitteln. Letzteres übernahm ein Wissenschaftsjournalist, der in einem 90-minütigen Vortrag einen Überblick über die Breite und Komplexität des Themas gab.
Schwerpunkt des zweiten Vorbereitungswochenendes vom 19. bis 21. Oktober 2001 war es, die Fragen der Laiengruppe an das Gremium der Sachverständigen zusammenzustellen. Dieses bestand aus 16 Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen, die die Bürger/innen zuvor mithilfe einer Vorschlagsliste mit 40 Namen ausgewählt hatten. Den Fragenkatalog beantwortete das Gremium nach dem zweiten Vorbereitungswochenende schriftlich. Die Antworten stellte das Forum den Bürger/innen bereits vor der abschließenden Konsensuskonferenz zur Verfügung.
Die viertägige Konferenz fand vom 23. bis 26. November 2001 statt. Sie gliederte sich in eine öffentliche Befragung der Sachverständigen durch das Laienpanel (Tage 1 und 2), die interne Beratung des Laienpanels und die Erstellung des Bürgergutachtens (Tag 3) sowie dessen öffentliche Präsentation und Übergabe an Entscheidungsträger/innen aus Politik und Wissenschaft (Tag 4).
Die beiden ersten Tage folgten dem Format einer Abfolge von Vorträgen und Diskussionsrunden. Die Sachverständigen stellten ihre Stellungnahme in drei thematischen Blöcken vor. An jede Präsentation schloss sich die eigentliche Diskussion zwischen Laienpanel und Sachverständigen an. An beiden Tagen waren sowohl Zuschauer/innen als auch Medienvertreter/innen anwesend. Diese hatten jeweils am Ende beider Tage die Gelegenheit zu eigenen Fragen und Anmerkungen.
Am dritten Konferenztag formulierte das Laienpanel mit Unterstützung des Moderators in einem teilweise kontroversen Diskussions- und Meinungsbildungsprozess sein Bürgergutachten zur Gendiagnostik. Zustimmung und Enthaltung galten dabei als Konsens, während abweichende Meinungen als Minderheitsvoten in das Gutachten eingingen. An der Anfertigung ihres Gutachtens arbeiteten die Bürger/innen von 9:00 Uhr morgens bis 1:30 Uhr nachts. Anschließend formatierte das Projektmanagement-Team des Deutschen Hygiene-Museums den Text für ein ansprechendes Layout.
Den öffentlichen Abschlusstag der Konferenz besuchten rund 70 Teilnehmer/innen. Nach zwei einleitenden Beiträgen des Direktors des Deutschen Hygiene-Museums sowie eines Vertreters des wissenschaftlichen Beirats verlasen vier Mitglieder des Laienpanels das Bürgergutachten im Wortlaut. Anschließend überreichten zwei weitere Bürger/innen das Dokument an Vertreter/innen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft als den beiden Förderern der Konsensuskonferenz. Den Schlusspunkt bildete dann eine für Wortmeldungen aller Anwesenden offene Diskussion des Bürgergutachtens.
Literatur und Links
KONSENSUSKONFERENZ "WIE SIEHT DIE ENERGIEVERSORGUNG DER ZUKUNFT IN DEUTSCHLAND AUS?"
- Internet: www.wissenschaft-debattieren.de/konsensuskonferenz.html
- Literaturhinweis: WiD [Wissenschaft im Dialogik]; Interdisziplinärer Forschungsschwerpunkt Risiko und Nachhaltige Technikentwicklung [ZIRN] (2010): Konsensuskonferenz Essen: Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft in Deutschland aus? Bürgergutachten, 08. Februar 2010. Berlin/Stuttgart
KONSENSUSKONFERENZ „UMWELTDISKURS: ULM WOHIN?"
- Literaturhinweis: Köberle, S. (1998): Ulm wohin? Empfehlungen der Konsensuskonferenz. Bürgergutachten. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg
KONSENSUSKONFERENZ "VERBRAUCHERKONFERENZ NANOTECHNOLOGIE"
- Literaturhinweis: Zimmer, R; Hertel, R.; Böl, G.-F. (Hrsg.) (2008): BfR-Verbraucherkonferenz Nanotechnologie. Modellprojekt zur Erfassung der Risikowahrnehmung bei Verbrauchern. BfR-Wissenschaft 03/2008. Berlin: Bundesinstitut für Risikobewertung
SONSTIGE LITERATUR
- Einsiedel, E. F.; Jelsoe, E.; Breck, T. (2001): Publics at the technology table: The consensus conference in Denmark, Canada, and Australia. Public Understanding of Science 10, pp. 83-98
- Hennen, L.; Petermann, T.; Scherz, C. (2004): Partizipative Verfahren der Technikfolgen-Abschätzung und parlamentarische Politikberatung. Neue Formen der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. TAB-Arbeitsbricht Nr. 96. Berlin: Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag
- Joss, S. (2000): Die Konsensuskonferenz in Theorie und Anwendung. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg.
- Sellnow, R. (2002): Erste deutsche "Konsensus-Konferenz" zum Thema: "Streitfall Gendiagnostik". In: Stiftung Mitarbeit (Hrsg.): Rundbrief Bürgerbeteiligung I/2002, S. 10-18.
- Zimmer, R. (2001): Begleitende Evaluation der Bürgerkonferenz „Streitfall Gendiagnostik“. Karlsruhe: Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung
Steckbrief
- Aufwand: ca. 1 bis 2 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 1 bis 3 Tage
- Prozessdauer: ca. 1-2 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 25 bis mehrere 100 Personen
- Integration: Mitentscheidung
Die Open-Space-Methode ist ein Beteiligungsformat, mit dem Sie in mittleren bis sehr großen Gruppen in wenigen Tagen handlungsorientierte Lösungen für ein komplexes Problem erarbeiten können. Für Open Space wird das Thema zu Beginn vorgeben. Während der Diskussion sind die Teilnehmer/innen selbst für die Bestimmung der Diskussionsgegenstände und Ergebnisse verantwortlich. Am Ende einer Open Space-Konferenz wird häufig eine konkrete Handlungsplanung beschlossen.
Die Open Space-Methode wurde Mitte der 1980er Jahre von Harrison Owen im Nachgang einer Konferenz entwickelt, bei der die Teilnehmer/innen die Kaffeepausen als produktivste Programmpunkte der gesamten Veranstaltung bewerteten. Ausgehend von dieser Erfahrung entwickelte Owen die „Open Space Technology“ als Konferenzformat, das die Kreativitätspotentiale spontaner Interaktion mit den Vorteilen präziser Organisations- und Verlaufsstrukturen verbinden sollte.
Bei einer Open-Space-Konferenz gibt es die folgenden Akteure und Rollen: Der/die Auftraggeber/in (zum Beispiel eine Kommune oder ein Unternehmen) bestimmt das Thema der Konferenz und engagiert den/die Moderator/in; letztere/r ist zuständig für die Vorbereitung und Durchführung der Konferenz; sie/er wird im Vorfeld der Veranstaltung von einer Planungsgruppe und während des Open Space von einer Logistikgruppe unterstützt. Die Teilnehmer/innen einer Open-Space-Konferenz können beispielsweise Bürger/innen, Interessengruppen oder Beschäftigte sein.
Anwendungsbereich
Die Anwendung der Open-Space-Methode empfiehlt sich vor allem bei Problemen hoher Komplexität und Konfliktträchtigkeit. Deren Bearbeitung kann von der Beteiligung vieler unterschiedlicher Personen und Organisationen besonders profitieren. Die Methode ist damit vor allem in Situationen hilfreich, in denen Einzelpersonen oder einzelne Gruppen Lösungsansätze nicht allein entwickeln oder durchsetzen können.
Inhaltlich und räumlich sind bei der Durchführung von Open-Space-Konferenzen praktisch keine Grenzen gesetzt. Man kann die Methode innerhalb einzelner Organisationen (zum Beispiel ein Unternehmen, ein Verband oder eine Verwaltung) oder organisations- und bereichsübergreifend auf lokaler, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene einsetzen.
Thematisch eignet sich der Open-Space-Ansatz für so unterschiedliche Vorhaben wie etwa die Gestaltung kommunaler Energie- oder Verkehrskonzepte, Projekte der Organisations- und Leitbildentwicklung, das Design technischer Produkte, die Generierung von Forschungsfragen oder die Initiierung von Gesprächen zwischen politischen Konfliktparteien.
Ablauf
Der erste Schritt einer Open-Space-Konferenz besteht in einem halbtägigen Vorbereitungstreffen der Planungsgruppe. In dieser Gruppe sollten der/die Auftraggeber/in, der/die Moderator/in sowie Personen vertreten sein, die die Zielgruppe der Konferenz repräsentieren. Auf diesem Workshop wird das von dem/der Auftraggeber/in festgelegte Thema in eine prägnante Überschrift für die Konferenz umgesetzt und die Einladungsprozedur und der zeitliche und organisatorische Rahmen festgelegt. Im Anschluss an das Vorbereitungstreffen erfolgt die Einladung der Teilnehmer/innen mit konkreten Angaben zu Ort und Termin des Open Space.
Idealerweise ist eine Open-Space-Konferenz dreitägig. Zu Beginn werden die Beteiligten durch den/die Auftraggeber/in begrüßt und von dem/r Moderator/in in den Ablauf der Veranstaltung eingeführt. Nach dieser Eröffnung erhalten die Teilnehmer/innen die Gelegenheit, Workshops zu Aspekten vorzuschlagen, die im Zusammenhang mit dem Thema des Open Space stehen. Diese werden an einem für alle zugänglichen zentralen Ort notiert und in ein zeitliches Raster eingeordnet, das die ersten zwei Tage der Veranstaltung abdeckt.
Nach dem Ende der Vorschlagsrunde tragen sich die Teilnehmer/innen für die Workshops ihrer Wahl ein. Diejenigen, die einen Workshop vorgeschlagen haben, leiten diesen auch. Die Teilnehmer/innen eines Workshops halten ihre Ergebnisse auf einer allgemein zugänglichen Dokumentationswand fest. In der Regel enthalten die Ergebnisse erste Ideen, die umgesetzt werden sollen. Die auf diese Weise selbstorganisierte Agenda der ersten beiden Konferenztage wird ergänzt durch sogenannte Abend- und Morgennachrichten, bei denen die Moderation organisatorische Informationen bekannt gibt. Die Ergebnisse der Workshops werden am Abend des zweiten Tages in einem Reader zusammengefasst.
Zu Beginn des dritten Tages erhält das Plenum den von der Organisationsgruppe erstellten Reader mit den Ergebnissen aller Workshops. Die Moderation fragt das Plenum dann nach Vorschlägen und Initiativen zur Umsetzung der Ideen. Anschließend fordert sie die Teilnehmer/innen auf sich zu entscheiden, welche der Initiativen sie unterstützen wollen. Um die Verbindlichkeit der so entstehenden Gruppen zu erhöhen, sind diese dazu angehalten, sofort konkrete Schritte wie Termin und Thema ihres ersten Arbeitstreffens zu verabreden. Die Konferenz endet mit einer letzten Plenumsrunde, in der die Teilnehmer/innen die Gelegenheit zu abschließenden Kommentaren erhalten.
Organisation
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Open-Space-Konferenz an:
- Festlegung des Open-Space-Themas
- Rekrutierung des/der Moderator/in
- Identifikation und Einladung von Repräsentant/innen der anvisierten Teilnehmergruppen
- Vorbereitung und Durchführung des Vorbereitungstreffens der Planungsgruppe
- Aufbau einer Einladungsliste und Einladung der Teilnehmer/innen
- Zusammenstellung des Logistikteams
- Sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
- Durchführung der Open-Space-Konferenz
- Anfertigung Reader mit Ergebnissen der Arbeitsgruppen
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Open-Space-Konferenz zum Einsatz:
- Vorrichtungen für das Schwarze Brett und den Aushang von Workshop-Ergebnissen
- Moderationsmaterialien
- Laptop, Beamer, Drucker, Fotoapparat, Tontechnik
Expertise
Charakteristisch für Open-Space-Konferenzen ist, dass die Teilnehmer/innen die Workshop-Inhalte, Ergebnisse und Handlungsaufträge selbstorganisiert und in eigener Verantwortung bestimmen und verabreden. Sie müssen deshalb Bedingungen schaffen, unter denen die Vorteile des Open Space zum Tragen kommen können. Je nachdem, ob Sie als Auftraggeber/in oder Moderator/in auftreten, ergeben sich daraus unterschiedliche Kompetenzprofile.
Als Auftraggeber/in benötigen Sie inhaltliche und organisatorische Expertise für den thematischen Zuschnitt und die strukturelle Gestaltung einer mehrtägigen Veranstaltung mit möglicherweise mehreren hundert Teilnehmer/innen. Zudem müssen Sie die für Ihr Themengebiet relevanten Interessengruppen kennen und dazu in der Lage sein, diese mit überzeugenden Argumenten für Ihren Open Space zu gewinnen.
Als Moderator/in ist vor allem Ihre Fähigkeit gefragt, den Teilnehmer/innen den „offenen Raum“ zu verschaffen, den diese benötigen, um sich voll und ganz auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren zu können. Ihre Hauptaufgabe liegt daher nicht in der Moderation und Zusammenfassung einer vielstimmigen Debatte, sondern darin, die Teilnehmer/innen auf ihrem Weg zu selbstorganisiert erzielten Ergebnissen zu begleiten und dabei gleichzeitig präsent und unsichtbar zu sein.
Beachten
Zentrales Merkmal von Open-Space-Veranstaltungen ist die selbstbestimmte Verabredung und Durchführung thematischer Workshops durch die Teilnehmer/innen. In diesem Sinne gibt es auch keine Vorgaben etwa hinsichtlich der Gruppengröße oder der Gesprächsführung. Um den Workshops dennoch eine gewisse Form zu geben, gehören zur Open-Space-Methode einige einfache Regeln, die der/die Moderator/in den Teilnehmer/innen vermitteln muss:
Vier Prinzipien: Sie bringen zum Ausdruck, dass das, was gerade in einem Workshop geschieht, genau das richtige ist. Nicht was hätte sein können oder sollen ist wichtig, sondern einzig und allein das, was sich tatsächlich ereignet. Die Prinzipien lauten: (1) Die da sind, sind genau die Richtigen; (2) was auch immer geschieht, es ist das Einzige, das geschehen konnte; (3) wann immer es beginnt, es ist die richtige Zeit; (4) vorbei ist vorbei.
Gesetz der zwei Füße: Nach dieser Regel steht es jedem/r Teilnehmer/in frei, jederzeit einen Workshop zu verlassen und sich an einem anderen zu beteiligen. Dies gilt besonders für Situationen, in denen ein/e Teilnehmer/in für sich keine Lerneffekte mehr erwartet oder glaubt, keine produktiven Beiträge mehr zum Workshop-Thema leisten zu können.
Zwei Rollen: Aus dem „Gesetz der zwei Füße“ ergeben sich zwei Rollen, die ausdrücklich erwünscht sind und metaphorisch als „Hummeln“ und „Schmetterlinge“ bezeichnet werden. Hummeln bewegen sich ständig von Workshop zu Workshop und „befruchten“ den Open Space mit ihren vielfältigen Eindrücken, die sie auf ihrem „Flug“ gesammelt haben. Die Schmetterlinge sind häufiger am Getränkestand als in den Workshops zu finden. Hier initiieren sie spontan Gespräche, die häufig den Weg in die regulären Workshops finden und dort als willkommene Bereicherung begrüßt werden.
Beispiel
Die Kommune Murg in Baden-Württemberg wandte bei ihrer Bürger/innenversammlung zum Thema „Murg auf dem Weg zur Energieautonomen Kommune“ im Jahr 2013 die Open-Space-Methode in einer verkürzten Form an. Bei der Bürger/innenversammlung anwesend waren das Organisationsteam, zwei Vertreter der Gemeinde (der Bürgermeister und der Hauptamtsleiter) sowie ein Moderationsteam, eine Referentin und 60 Teilnehmende.
Um die Open Space-Methode einzuleiten, wurden den Teilnehmenden die vier Open-Space-Prinzipien sowie das Gesetz der zwei Füße und die zwei Rollen erläutert und auf einem großen Plakat für alle sichtbar präsentiert. Anschließend wurden in der Mitte eines großen Stuhlkreises fünf Flipchartbögen ausgelegt, die mit den Themen Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Mobilität, Bauen und Wohnen und Gutes Leben beschriftet waren. Diese Themen waren bei einer vorherigen Bürger/innenversammlung als diskutierenswert identifiziert worden.
Die Teilnehmenden wurden nun dazu aufgefordert, sich ein Thema auszusuchen, zu dem sie gerne arbeiten wollten. Zusätzlich zu den fünf beschrifteten Bögen gab es noch einen leeren Flipchartbogen für weitere Themenvorschläge. Die Teilnehmenden entschieden sich dafür, als zusätzliches Thema die „Bewahrung von Schätzen“ mit aufzunehmen. Als sich Kleingruppen zu jedem Thema gefunden hatten, sollte jede Kleingruppe eine/n „Themenverantwortliche/n“ festlegen und jede/r Teilnehmende sich für eine der beiden Rollen („Schmetterling“ oder „Hummel“) entscheiden. Anschließend verteilten sich die Kleingruppen im Raum und begannen mit der inhaltlichen Gruppenarbeit.
Das Ziel der Kleingruppenarbeit war es, Ideen zu finden und zu präzisieren, die Bereitschaft der Teilnehmenden für eine spätere Mitarbeit auszuloten sowie erste konkrete und umsetzbare Projektideen zu entwickeln. Um die Energiewende und den Klimaschutz in Murg voranzubringen, sollten die Kleingruppen folgendermaßen vorgehen:
- Gibt es Ergänzungen zu den bisherigen Themenvorschlägen?
- Welche Themen erscheinen uns besonders wichtig und könnten ein nächster konkreter Schritt sein?
- Bitte machen Sie sich Notizen für die anschließende Diskussion.
Während der Bearbeitung der Fragen waren die Teilnehmenden dazu aufgefordert, ihre Rollen als „Hummeln“ und „Schmetterlinge“ einzunehmen, um den Austausch zwischen den Thementischen zu gewährleisten.
Die in den Kleingruppen gesammelten Ergänzungsvorschläge und Prioritäten wurden anschließend mit Punkten bewertet und dokumentiert. Sie sind in Form eines Protokolls auf der Internetseite der bürgerschaftlichen Initiative „Murg im Wandel“ verfügbar. Auch wurde erfasst, welche Personen prinzipiell Interesse hatten, sich zukünftig in einem Bürgerarbeitskreis mit einzubringen und wie viele Stunden sie pro Monat dafür aufwenden wollten. Zum Abschluss wurden Auswertungsbögen unter den Teilnehmenden verteilt, anhand derer sie die Veranstaltung bewerten konnten.
Literatur und Links
- Benighaus, L.; Hofmaier, C.; Kastl, L. V.; Steckermeier, L. (2014): European Open-Space-Conference Food and Health - Research 2020 – How can we Shape the Future of Research in Food and Health? Stuttgart: Dialogik
- Grolman, F. (o.J.): Open Space Methode: 47 Praxistipps zur Vorbereitung. Berlin: initio Organisationsberatung
- Maleh, C. (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsbeispiele: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel: Beltz.
- Owen, H. (2008): Open Space Technology. A User’s guide. Third Edition. Revised and expanded. San Francisco: Berrett-Koehler.
- Saam, N. J. (2002): Das Großgruppenverfahren Open Space. Einführung von Marktmechanismen in Organisationen. In: Zeitschrift für Soziologie 31, S. 163-185
- Protokoll der Bürger/innenversammlung der Kommune Murg zum Thema „Auf dem Weg zur Energieautonomen Kommune“ (2013)
- Weltkarte mit länderspezifischen Informationen zu Open Space: www.openspaceworldmap.org
- Internationale Informationen zu Open Space: www.openspaceworld.org
Steckbrief
- Aufwand: zwei Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: je halb- bis ganztägige Veranstaltungen
- Prozessdauer: Einige Wochen bis mehrere Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 20-40 unterschiedliche Stakeholder
- Integration: Konsultation
Participatory Integrated Assessment, kurz PIA, ist ein strukturierter Prozess, in dem gemeinsam mit Interessenvertreter/innen die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen eines komplexen Themas und die Auswirkungen politischer Entscheidungen bewertet werden. Die im Rahmen eines PIA verwendeten partizipativen Methoden richten sich nach der Fragestellung und dem Kontext. Ziel ist es ein gemeinsam abgestimmtes Szenario oder Handlungsempfehlungen zu erreichen.
Allgemein ist ein PIA ein strukturierter Prozess zur Validierung und Verfeinerung von Ergebnissen oder Prozessen mit Personen verschiedener Disziplinen und Interessengruppen, insbesondere unter Einbezug von Personen aus Zivilgesellschaft und Politik. Es wird häufig in politiknahen wissenschaftlichen Projekten eingesetzt. Die Einbeziehung diverser Teilnehmender soll diesen nicht nur die Möglichkeit zur Mitsprache geben, sondern stellt eine Qualitätssteigerung für den Entscheidungsprozess dar: Eingebrachte Kenntnisse und Werte sind diverser, das Risiko auf ausgetretenen Pfaden zu bleiben und einseitigen Normen zu folgen, verringert sich. Häufig werden im PIA verschiedene Szenarien z.B. aus Modellberechnungen verglichen, um mögliche Schritte und Verkettungen von Entscheidungen zu analysieren.
Anwendungsbereich
Das PIA wird gerne bei komplexen Problemen des Mensch-Umwelt-Systems (z.B. Klimawandel, Energiesystem, nachhaltiges Wirtschaften) verwendet, da es nicht nur auf berechneten Zukunftsszenarien basiert, sondern durch Einbindung der Stakeholder auch die Ungewissheiten des menschlichen Handelns und resultierender Umweltfolgen anerkennt. So lässt diese Methode ein hohes Maß an Kreativität und Entscheidungsfreiheit zu. Zum Beispiel können Teilnehmende verschiedene Zukunftsbilder der Energiewende ausarbeiten und die jeweils notwendigen Entscheidungen ableiten. Daher eignet sich das PIA insbesondere für realitätsnahe und politikrelevante Problemstellungen, die aufgrund ihrer Komplexität ein hohes Maß an Ungewissheit in sich bergen.
Ablauf
Auch wenn es keine einheitliche Abfolge und Methodenwahl im PIA gibt, werden in der Regel die folgenden Phasen durchlaufen. Es gibt außerdem einen Pool an Methoden und Formaten.
- Problemstellung definieren
Das Problem sollte möglichst konkret beschrieben werden. Dies kann entweder isoliert im Kreis der Organisator/innen geschehen oder gemeinsam mit Stakeholdern. - Teilnehmende identifizieren
Für das PIA muss klar definiert werden, welche Interessen, Expertisen, Bedürfnisse und Ideen integriert werden sollen. Hier ist zu betonen, dass ein zentrales Element des PIA eine disziplin- und sektorenübergreifende Teilnehmergruppe ist. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass alle Gruppen, die von dem betrachteten Mensch-Umwelt-System betroffen sind, vertreten sind um im Ergebnis einen Konsens für die Entscheidungen zu erreichen. - Methoden festlegen
Die Methoden hängen davon ab, welches Mensch-Umwelt-System betrachtet wird und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits vorhanden sind. Gängige Methoden im PIA sind:- Zukunftsszenarien: Die gemeinsame Entwicklung und Analyse von normativen Zukunftsszenarien („eine wünschenswerte Zukunft“) ist eine weitverbreitete Methode. Die Erstellung von qualitativen Zukunftsszenarien geschieht häufig mit Hilfe von Kollagen, Zeichnungen und ausformulierten Narrativen. Um Zukunftsszenarien zu entwickeln, wird häufig das sogenannte Backcasting eingesetzt: ausgehend von einer gewünschten Zukunft werden rückwärts Meilensteine bis in die Gegenwart hergeleitet.
- Modelle: Mit Hilfe von Computermodellen lassen sich mögliche Wirkungen von Entscheidungen quantifizieren. In den PIAs können Teilnehmende entweder direkt oder indirekt Einfluss auf das Modell nehmen. Während der indirekte Einfluss auf die Modelle, zum Beispiel durch die Erarbeitung von Szenarien oder Konzepten, ähnlich konzipiert wird wie die oben beschriebenen Zukunftsszenarien, können die Teilnehmenden auch interaktiv Einfluss auf das Modell nehmen, etwa durch partizipative Modellierung, betreute Modellnutzung und interfacegesteuertes Modelldesign.
- Beteiligungsformat bestimmen
PIA zeichnen sich durch gruppenbezogene Formate wie Fokusgruppen oder Workshops aus, um einen Diskurs zwischen den Stakeholdergruppen anzuregen. Vereinzelt werden diese auch durch Interviews und andere individuelle Formate ergänzt:- Fokusgruppe: Fokusgruppen in PIAs sind in der Regel länger (>2,5h) und strukturierter (mehr Fragen werden eingebracht) als gewöhnlich.
- Stakeholderworkshop: Das meistverbreitete Beteiligungsformat sind Stakeholderworkshops die wiederum mit verschiedenen partizipativen Methoden ausgestaltet sind.
- Konsens-Formate: Wenn das PIA auf einen Konsens abzielt, können Formate wie das Gruppendelphi oder die Konsensuskonferenz genutzt werden.
- Einzelformate: Manchmal ist es sinnvoll, Einzelformate wie Interviews einzusetzen. Dies wird vor allem für die Problembeschreibung eingesetzt.
- Das PIA vorbereiten und durchführen
Wenn Problemstellung, Teilnehmergruppen, Methoden und Formate bestimmt sind, wird der Ablauf des PIA geplant, Teilnehmende eingeladen, Materialien zur Veranschaulichung hergestellt und geeignete Räumlichkeiten gesucht. Der vorbereitende Prozess kann bis zu einigen Monaten dauern, insbesondere wenn die Einbindung eines Modells geplant ist, das entwickelt werden muss. Die Veranstaltung selbst dauert, je nach gewählter Methode, in der Regel einen halben bis zwei Tage. Je nach Methode werden 3-5 Organisator/innen für die Moderation, Experteninput, Veranschaulichung und Protokollführung benötigt. - Ergebnisse präsentieren
Da ein PIA auf die Lösung realer Probleme abzielt, gehört die Dissemination der Ergebnisse unbedingt dazu. Diese können entweder politik- oder prozessweisend sein und können in einem entsprechenden Format präsentiert werden, etwa einem Strategiepapier oder Evaluationsbericht.
Expertise
Die Planung, Durchführung und Auswertung des PIA bedarf eines hohen Maßes an Expertenwissen über die Problemstellung, da die Szenarien oder Modelle inhaltlich vorbereitet werden müssen. Zudem sollten die relevanten Stakeholder bekannt sein.
Beachten
Auswahl der Teilnehmenden
Die Interessengruppen müssen sorgfältig ermittelt werden, um eine möglichst disziplinübergreifende Teilnehmergruppe unter Einbezug der Zivilgesellschaft zu schaffen. Zudem sollte bei dem Ziel eines Konsenses darauf geachtet werden, dass alle Meinungen vertreten sind. Um eine Umsetzung der Entscheidungen zu erreichen, müssen auch politische Akteure eingebunden sein.
Komplexität
PIAs behandeln komplexe Problemstellungen. Zusätzlich bergen die integrativen Ansätze durch das Zusammenbringen einer Vielzahl unterschiedlicher Stakeholdern und die reflektiven Methoden ein hohes Maß an Komplexität. Es bedarf daher guter Expertise, Vorbereitung und Nachbereitung, um zum einen gute Ergebnisse zu erzielen und zum anderen den Prozess für zukünftige Anwendungen zu optimieren.
Interaktion
In einem PIA können verschiedene Methoden eingesetzt werden, die entweder Distanz zur Thematik schaffen wie etwa Simulationen oder Virtual Reality oder solche, die den Bezug erhöhen, zum Beispiel Dialogformate oder Rollenspiele. Es kann auch hilfreich sein, beide Formen zu verbinden. Eine distanzierte Vorgehensweise hilft häufig bei kreativen Prozessen, ein enger Bezug hingegen enthüllt verborgene Annahmen der Teilnehmenden und schafft eine größere Bindung zum Ergebnis.
Prozessergebnisse
Sowohl Ergebnisse als auch Prozess werden in der Regel evaluiert und gewonnene Erkenntnisse über den Beteiligungsprozess festgehalten, damit alle Beteiligten und Entscheidenden den Diskurs nachvollziehen können.
Beispiele
Beispiel 1: Backcasting im Projekt PROSEU
Das EU-Horizon2020-Projekt PROSEU beschäftigt sich mit dem Mainstreaming des Prosumer-Phänomens für erneuerbare Energien in der Europäische Energieunion. Prosumer sind aktive Energieverbraucher, die sowohl Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren als auch selbst verbrauchen. In dem Projekt wurden vier PIA mit dem gleichen Konzept durchgeführt. Sie behandelten unterschiedliche Problemstellungen, darunter Prosumer Geschäftsmodelle, Energie-Inklusivität durch Prosuming und die Einbindung von Prosumern in zukünftige Energiesysteme. Zwar waren alle vier PIAs ursprünglich als Präsenzveranstaltung geplant, konnten aber durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 nur online durchgeführt werden. In den jeweils eintägigen Stakeholderworkshops mit 25-40 Teilnehmenden wurden Projektergebnisse und Expertenwissen präsentiert und anschließend im Plenum oder in parallelen Gruppen diskutiert. Präsentationen wurden vom Forschungsteam und von Teilnehmenden mit dem entsprechenden Expertenwissen oder Erfahrungsschatz gehalten. Die teilnehmenden Stakeholder setzten sich dabei aus einer Mischung von Wissenschaft, Politik, Beratung, innovativen Unternehmen und Bürgerinitiativen zusammen.
Als zentrale Methode wurde im Rahmen einer 1,5-stündigen Sitzung mit Backcasting gearbeitet. Hierfür erläuterte das Forschungsteam den Teilnehmenden in Kleingruppen Eckpunkte zu verschiedenen Zukunftsszenarien für Prosumer. Daraufhin konnten die Teilnehmenden in jeder Gruppe jeweils ein Zukunftsszenario ausschmücken. Anhand von Zeitungsartikeln für das Jahr 2050 formulierten die Teilnehmenden, wie eine solche Zukunft aussehen könnte und welche Akteure für die Umsetzung dieser Zukunft zentral sind. Anschließend wurden gemeinsam die notwendigen Entscheidungen, sozio-politischen Veränderungen und die Akteure, die diese herbeiführen, potenzielle Wendepunkte und parallele Entwicklungen bis in die Gegenwart zurückverfolgt. Alle wichtigen Aspekte wurden visualisiert und in der Kleingruppe miteinander in einen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Das Ergebnis ist für jedes Szenario eine Roadmap. Für das letzte PIA wurden die entstandenen Roadmaps verglichen und zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Dieses wurde mit Teilnehmenden der ersten drei Workshops diskutiert und verifziert. Die Ergebnisse der PIAs stehen der weiteren Forschung im Projekt und darüber hinaus zur Verfügung. Visualisiert wurden sie fortlaufend – sodass die mit dem Fortschreiten der PIAs einhergehenden Veränderungen erkennbar waren (siehe Abbildung).
Abbildung: Visualisierung der Ergebnisse der Backtracking-Sitzung des Zukunftsszenarios „Vernetztes Prosumerism“ in PIA 2, Quelle: PROSEU/Carlotta Cataldi
Beispiel 2: Partizipative Modellierung im Projekt TransWind
Ein PIA unter Anwendung eines Computermodells wurde 2014 im transdisziplinären Forschungsprojekt TransWind der Universität für Bodenkultur Wien durchgeführt. Dieses Projekt hatte zum Ziel, anhand des PIAs verschiedene Faktoren von sozialer Akzeptanz für Windenergie zu testen und die wesentlichen Faktoren in ein Computermodell zu Windkraftpotenzialen aufzunehmen.
Eingebunden in das Projekt war eine sogenannte „Referenzgruppe“ aus etwa 30 Teilnehmenden, die sich aus folgenden Gruppen zusammen setzten: Politik/Verwaltung, Interessengruppen (Unterstützer/innen oder Gegner/innen von Windenergie), Windenergie-Unternehmen und Stromversorger sowie Aufsichtsbehörden. Im Rahmen des PIA wurden zwei moderierte Stakeholderworkshops durchgeführt, in denen die Methoden World Café und partizipative Modellierung zum Einsatz kamen. Außerdem führte das Projektteam eine Online-Umfrage sowie mehrere Interviews und Fokusgruppen durch.
Mit Hilfe der partizipativen Modellierung wurden Stromgestehungskosten für unterschiedliche Szenarien des Windausbaus ermittelt und Potenziale für die Windkraft in Österreich ermittelt. Hierfür identifizierte das Projektteam zunächst mittels einer Onlinebefragung in der Referenzgruppe, welche Flächen vom zukünftigen Windausbau ausgeschlossen werden sollten und welche Abstände Windkraftanlagen einhalten sollten. Die Ergebnisse der Onlinebefragung wurden in einem Kriterienkatalog zusammengefasst und zur Definition von drei Szenarien (Minimum-, Medium-, Maximumszenario) für potenziell geeignete Windkraftanlagenstandorte verwendet. In einem Stakeholderworkshop diskutierte die Referenzgruppe die erste Version des Kriterienkataloges inklusive verschiedener vorgeschlagener räumlicher, technischer und topologischer Parameter. Auf dieser Basis wurden der Kriterienkatalog und die Szenarien überarbeitet. Mit Hilfe eines GIS basierten Modellierungstool wurden optimale Standorte für Windturbinen, abhängig von der räumlichen Verteilung der Windressourcen ermittelt. Für die Szenarien wurden Stromgestehungskosten und Angebotskurven für Windenergie entwickelt. So konnte das Verständnis für mit dem Windkraftausbau verbundene Kosten erhöht werden.
Zusätzlich führte das Projektteam in sechs Kommunen Workshops durch. Dafür wurde das jeweilige Windenergiepotenzial mit Hilfe des Modellierungstools ermittelt. Zudem wurden in den Workshops interaktive 3D Modelle eingesetzt, mit deren Hilfe die Teilnehmenden den visuellen Einfluss von Windrädern auf die Landschaft bewerten konnten. Durch den partizipativen Modellierungsansatz im Projekt TransWind konnten unter der Einbeziehung der Perspektiven verschiedener Akteur/innen Kriterien für geeignete Gebiete für die Windenergieproduktion definiert werden.
Literatur und Links
- Salter, J., Robinson, J., & Wiek, A. (2010). Participatory methods of integrated assessment—a review. Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change, 1(5), 697-717.
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/wcc.73 - van Asselt M, Rijkens-Klomp N (2002). A look in the mirror: reflection on participation in integrated assessment from a methodological perspective. Global Environmental Change, 12, 167–184.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378002000122 - Scherhaufer, P., Höltinger, S., Salak, B., Schauppenlehner, T., Schmidt, J. (2018). A participatory integrated assessment of the social acceptance of wind energy. Energy Research & Social Science, 45, 164-172. www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2214629618306777
- Van de Kerkhof, M. (2001). A survey on the Methodology of Participatory Integrated Assessment. Interim Report IR-01-014. International Institute for Applied System Analysis (IIASA).
http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download;jsessionid=BF2D04474A27F584166CEF0054BCF66B?doi=10.1.1.7.9892&rep=rep1&type=pdf - Hornsby, C., Ripa, M., Vassillo, C., Ulgiati, S. (2017). A roadmap towards integrated assessment and participatory strategies in support of decision-making processes. The case of urban waste management. Journal of Cleaner Production, 142(1), 157-172.
www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0959652616308769 - Hare, M., Pahl-Wostl, C. (2010). Stakeholder Categorisation in Participatory Integrated Assessment Processes. Journal Integrated Assessment, 3(1), 50-62.
www.tandfonline.com/doi/abs/10.1076/iaij.3.1.50.7408 - Ridder, D., Pahl-Wostl, C. (2005). Participatory Integrated Assessment in local level planning. Regional Environmental Change, 5, 188-196.
https://link.springer.com/article/10.1007/s10113-004-0089-4 - De Kraker, J., Kroeze, C., Kirschner, P. (2011). Computer models as social learning tools in participatory integrated assessment. International Journal of Agricultural Sustainability, 9(2), 297-309.
www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/14735903.2011.582356?journalCode=tags20 - Huang, L., Yin, Y., Du, D. (2015). Testing a participatory integrated assessment (PIA) approach to select climate change adaptation actions to enhance wetland sustainability: The case of Poyang Lake region in China. Advances in Climate Change Research, 6(2), 141-150.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1674927815000556
Abschlussbericht des Forschungsprojekts TransWind der Universität für Bodenkultur Wien
Projektwebseite des Forschungsprojekts TransWind der Universität für Bodenkultur Wien
Steckbrief
- Aufwand: 1-2 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: sehr unterschiedlich, von einem Tag bis zu einer Woche. Abschätzung der Dauer eines kurzen Planspiels: Vorbereitung 2 Stunden, Durchführung Planspiel 4-6 Stunden, Nachbereitung 2 Stunden
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl der Teilnehmenden: 8-12
- Integration: Konsultation bis Mitentscheidung
Besonders knifflig sind Probleme, in denen die Positionen involvierter Akteure gegeneinanderstehen und die Gefahr eines Konfliktes daher hoch ist. Mit Hilfe von Planspielen werden potenziell konfliktive Verhandlungen auf eine spielerische Ebene gehoben. Man trifft im Spiel Entscheidungen, ohne direkt mit den Konsequenzen, die sie in der Realität hätten, konfrontiert zu sein. Besonderer Schachzug dabei: Man nimmt als Spielende/r eine andere Rolle ein und vertritt in einer spielerischen Auseinandersetzung ihre Interessen. Dabei lernen die Beteiligten den Blick der anderen auf das Problem kennen und verstehen bestenfalls die Gegenargumente besser. Es gibt jedoch auch Planspiele, in denen man in der Spielsituation die eigene Rolle vertritt. Dann steht das Ziel des Verstehens anderer Perspektiven nicht im Vordergrund.
Planspiele setzt man dann ein, wenn eine Problembearbeitung es erfordert, die Perspektiven unterschiedlicher Akteure einzubeziehen. In Planspielen eignen sich die Teilnehmenden fachliches Wissen an und stärken ihre Argumentations- und Diskussionskompetenz. Die Probleme und Herausforderungen werden in einer Spielsituation simuliert. Die Teilnehmenden nehmen in vorgegebenen Rollen die Position von Akteuren ein, die vor Ort beteiligt und vom Problem betroffenen sind. Die Rollen spiegeln in der Regel verschiedene Interessengruppen wider, deren Positionen sich die Teilnehmenden zu Beginn des Spiels aneignen. Im Spiel argumentieren sie aus ihrer Rolle heraus, handeln in gespielten Sitzungen Meinungsverschiedenheiten aus und versuchen, sich auf gemeinsame Lösungen zu einigen. Die Rollen werden rund um das Problem definiert, für das nach Lösungen gesucht wird: Überlegt etwa eine Kommune, ob sie ein Quartier an das Fernwärmenetz anschließen soll oder die Wärmeversorgung lieber dezentral organisiert, hilft ein Planspiel, in dem Kommunalpolitiker, der lokale Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften, eine Bürgerinitiative und lokale Unternehmen vertreten sind, die wichtigen Argumente für mögliche Lösungsansätze zu formulieren.
In der Spielsituation führt der Austausch von Interessen, Argumenten und Positionen den Teilnehmenden vor Augen, welche Perspektiven es gibt, welche Kooperationen für eine Problemlösung möglich und erforderlich sind und welche Beschlüsse einer Abstimmung oder Genehmigung bedürfen. Durch die Spielsituation erfahren die Teilnehmenden die möglichen Konsequenzen ihrer Handlungen, ohne mit den realen Auswirkungen konfrontiert zu werden. Indem sie die Perspektive politischer „Gegner“ bzw. anderer Abteilungen im Unternehmen im Spiel einnehmen, lernen die Teilnehmenden deren Handlungslogiken und ggf. -zwänge kennen und besser verstehen. Die Reflektion des Spielgeschehens dient der Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf die Realität und der Ableitung von Schlussfolgerungen und Lösungsschritten für das Problem.
Ein Planspiel bedarf einer intensiven Vorbereitung und ist daher vergleichsweise aufwendig. Denn die Qualität der Diskussion hängt davon ab, wie gut sich die Teilnehmenden in ihre Rolle einfinden und wie intensiv sie sich auf das Planspiel vorbereiten können. Je nach Vorkenntnissen der Teilnehmenden wird eine mehr oder weniger ausführliche Situationsbeschreibung sowie eine Charakterisierung der verschiedenen Rollen benötigt.
Anwendungsbereich
In einer klassischen Planspielsituation werden anstehende Entscheidungen vorbereitet und mögliche Lösungswege entwickelt. Dazu gehören etwa Entscheidungen, bei denen wirtschaftliche und ökologische oder soziale Interessen vermeintlich gegeneinanderstehen. Oft sind Kommunalregierungen, lokale Unternehmen und Bürgerinitiativen beteiligt. Im Unternehmen kann ein Planspiel bei internen Umstrukturierungen oder der Neuausrichtung von F&E-Abteilungen eingesetzt werden. Im Planspiel können sich neue Allianzen spielerisch entwickeln und Akteure, die gegensätzliche Meinungen einnehmen, können sich durch das Rollenspiel in die Position anderer hineinversetzen. Dabei lernen die Teilnehmenden den Wert unterschiedlicher Sichtweisen kennen. In Unternehmen kann ein Planspiel mit verschiedenen Abteilungen durchgeführt werden, die für die Lösung eines Problems oder die Entwicklung einer innovativen Strategie einbezogen werden sollten. Je nach Problem können auch hier externe Stakeholder am Planspiel teilnehmen. Das Spielerische erleichtert es, Meinungsverschiedenheiten zuzulassen und gemeinsam zu erörtern.
Ablauf
Der Ablauf eines Planspiels gliedert sich in drei Phasen: die Vorbereitungsphase, die Spielphase und die Auswertungsphase.
Vorbereitung
In der Vorbereitungsphase werden die verschiedenen Inputs erstellt: Ausgangssituation, Problem und Rollen werden beschrieben und der Spieltermin vorbereitet. Alle vom Problem betroffenen Interessengruppen sollten mit einer Rolle vertreten sein. Manchmal ist es angebracht, eine Wissensbasis herzustellen, etwa in Form eines Readers, der die zentralen Argumente sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Positionen und Konsequenzen möglicher Entscheidungen wiedergibt. Bereits jetzt wird das Setting für das Planspiel festgelegt: Welche Perspektiven sollen vertreten sein? Soll die Planspieldiskussion von einer Gruppe beobachtet werden und wenn ja, worauf soll diese achten? Die Teilnehmenden bereiten sich vor. Dazu können auch eigene Recherchen gehören.
Spiel
In der Spielphase wird das Planspiel durchgeführt. Hierfür können die Teilnehmenden eine Einladung zu einer Sitzung erhalten, zum Beispiel für den runden Tisch zum Thema Energieversorgung von Kommune X oder für die Strategiesitzung des Unternehmens Y zur Neuausrichtung der Forschungsabteilung, die sie bereits in ihren Rollen anspricht und die Tagesordnung und den Ablauf enthält. Der Einladung kann eine Problembeschreibung beigefügt sein, etwa in Form eines fiktiven Zeitungsartikels, der die Herausforderung darlegt und die Meinung verschiedener fiktiver Akteure wiedergibt. Die Teilnehmenden können sich auf den Spieltermin vorbereiten, indem sie sich mit Lösungsvorschlägen oder Analysen vertraut machen, die ihre Position stärken. Eine Faktensammlung und die Antizipation der Positionen der anderen Akteure im Spiel sorgen für eine lebhafte und fachlich hochwertige Auseinandersetzung in der Spielsituation. Ein der Rolle angepasstes Äußeres hilft, in der Rolle zu bleiben. Oft sind Planspiele so konzipiert, dass die Teilnehmenden nach für alle Parteien akzeptablen Lösungen und Kompromissen suchen müssen. Dabei vertreten sie stets die Position ihrer Rolle und nutzen die mit den Rollen gegebenen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse aus. Die Spielphase kann von einer Gruppe beobachtet werden, die sich Notizen macht – zu den vorgebrachten Argumenten, zu formulieren Lösungsideen, zu Kompromissansätzen oder zu No go‘s –, die im Nachgang in die Reflektion mit eingebracht werden.
Auswertung
Wenn die Sitzung beendet ist, werten die Teilnehmenden die Spielphase gemeinsam aus. Sie reflektieren die angewandten Spielstrategien und die vorgebrachten Argumente und erörtern, inwiefern sie die Position der anderen jetzt vielleicht besser verstehen. Anschließend versuchen sie gemeinsam, die Lösungsansätze aus dem Spiel auf das reale Problem zu übertragen. Hierbei werden Handlungsstrategien und kooperative sowie individuelle Lösungsideen erarbeitet. Da Planspielsitzungen oftmals als sehr intensiv empfunden werden und anstrengend sind, kann es sinnvoll sein, zwischen Phase 2 und 3 einen Tag Pause zu machen.
Organisation
- Problemstellung beschreiben
- Moderationsteam bestimmen bzw. engagieren
- Spielkonzept erarbeiten, Rollen identifizieren
- Teilnehmende rekrutieren
- Rollen, Problem und Spielsetting beschreiben
- Planspiel inhaltlich vorbereiten (Teilnehmende)
- Planspiel durchführen
- Dokumentation: Protokollierung der Diskussionsverläufe in den Gruppen
- Spielverlauf und Ergebnisse reflektieren, Lösungsvorschläge bewerten
- Planspielergebnisse auf reale Problemstellung übertragen
Expertise
- Moderationsteam
Die Moderation sollte sowohl die pädagogischen (Gruppendynamik, Spielsituation leiten) als auch fachlichen (Kontext des Planspiels) Voraussetzungen mitbringen. Das Planspiel lebt von wirklichkeitsnahen Handlungen und intensiven Diskussionen. Die Moderation unterstützt dies, indem sie dafür sorgt, dass alle Beteiligten sich nach ihren Möglichkeiten einbringen können. Teilweise müssen dafür Teilnehmende, die zu sehr in ihrer Rolle aufgehen, „ausgebremst“ werden. Wichtig ist: Die Moderation übernimmt selbst keine Rolle in dem Spiel. - Fachliche Vorbereitung
Je besser die Argumente der verschiedenen Positionen ausgearbeitet sind, desto intensiver und lebhafter gestaltet sich die Diskussion. Die Fakten, auf die Argumente sich stützen, können entweder im Rahmen der Spielvorbereitung aufbereitet und den Teilnehmenden zur Vorbereitung übermittelt werden oder die Teilnehmenden erhalten dies als Aufgabe mit entsprechender Hilfestellung.
Beachten
Ein gutes Planspiel lebt davon, dass alle ihre Rolle möglichst realitätsnah spielen. Daher sollte auch die Spielsituation möglichst echt sein. Wenn etwa eine Sitzung der Kommunalverwaltung Großrosen zur Ausschreibung von Flächen für Windenergie tagt, könnte man Geländekarten an den Wänden anbringen, am Eingang ein Schild mit „Ausschuss Windkraft“ anbringen und die Sitzungsunterlagen in „amtsdeutsch“ verfassen.
Beispiel
Im Projekt „BREsilient – Klimaresiliente Zukunftsstadt Bremen“ veranstalteten das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) am 20. November 2019 ein dreistündiges Planspiel. Ziel des Planspiels war es Maßnahmen zu entwickeln, mit denen sich Unternehmen und andere Akteure individuell, aber auch gemeinsam, auf langfristige Klimaveränderungen und Extremwetterereignisse vorbereiten können. Die etwa 25 Teilnehmenden kamen aus Bremer Unternehmen, insbesondere den Bereichen Transport/Logistik und Ernährung, sowie aus Verwaltung, Wissenschaft und Beratung.
Allen Teilnehmenden wurde zu Beginn eine Rolle zugeteilt. Dies waren Vertreter/innen von Logistikunternehmen (Bahn, Binnenschifffahrt, Hafen), Ernährungsunternehmen (Fisch und Gemüse/Kaffee) sowie der Verwaltung. Da das Planspiel relativ kurz war und daher wenig Zeit für die Einarbeitung in die Rollen war, wurde eine Spielvariante gewählt, in der alle Personen Rollen spielten, die ihren tatsächlichen beruflichen Positionen ähnelten. In gut halbseitigen Rollenbeschreibungen wurden den Teilnehmenden zudem wichtige Hinweise zur Rolle und ihren Beziehungen zu den anderen Rollen gegeben.
Das Planspiel wurde in zwei parallelen Gruppen gespielt, dabei waren einige Rollen mit zwei oder drei Personen besetzt, sodass bei insgesamt sieben Rollen etwa zwölf Spieler/innen an jedem Gruppentisch waren. Zusätzlich gab es jeweils eine Spielleitung aus ein bis zwei Personen.
Für die Spielphase hatte das Planspielteam vorab Situationsbeschreibungen (ca. halbe Seite) erarbeitet, die die Folgen verschiedener Klimafolgen und die Auswirkungen auf die einzelnen Unternehmen anschaulich erläuterten. Die Situationen waren beispielsweise „Hitze 2020“, „Starkregen 2021“ „News zum Meeresspiegelanstieg“ und „Rückgang der Kaffeeanbauflächen 2045“, die Auswirkungen auf die Unternehmen waren unter anderem unterbrochene Liefer- und Transportketen oder Ernteausfälle durch Trockenheit. Zur Veranschaulichung wurden Transportketten mit Hilfe einer Weltkarte und einer schematischen Darstellung des Bundeslandes Bremen (Fokus: Transportmittel) visualisiert.
Die Teilnehmenden diskutierten dann nacheinander die einzelnen Situationen und entwickelten dabei jeweils passende Anpassungsmaßnahmen. Dabei argumentierten alle Teilnehmenden aus der Perspektive ihrer Rolle. Ziel war es, mithilfe der Maßnahmen die Situation zu meistern und beim erneuten Auftreten einer vergleichbaren Situation besser vorbereitet zu sein. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Teilnehmenden voneinander abhängen, teilweise um die gleichen knappen Ressourcen und Verkehrsträger konkurrieren und gemeinsame Lösungen daher sinnvoll sind. Am Ende der Diskussion legten sich die Teilnehmenden jeweils auf eine Maßnahme fest und schrieben diese auf Kärtchen, die an einer Pinnwand angebracht und den jeweiligen Situationen und Rollen zugeordnet wurden.
Nach Abschluss der Spielphase stellten beide Gruppen die während des Spiels erarbeiteten Anpassungsmaßnahmen vor, die dann gemeinsam reflektiert wurden. Insgesamt stellten die Teilnehmenden fest, dass das Planspiel die Komplexität und Abhängigkeit von anderen Akteur/innen deutlich gemacht und hierdurch das Bewusstsein für Wechselwirkungen gestärkt habe. Auch das Diskutieren von zukünftigen Situationen hat dazu beigetragen, Klimawandelfolgen erlebbar zu machen und kreativ nach Lösungen zu suchen. Zudem konnte durch das Planspiel der Wert von Kooperationen vermittelt werden, sei es auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene. So gaben einige Teilnehmende an, dass der Workshop ihnen gezeigt habe, dass aufgrund von begrenztem individuellem Handlungsspielraum an gemeinschaftlichen Lösungen gearbeitet werden müsse. Passend dazu waren im Planspiel Maßnahmen wie eine gemeinsame Nutzung von Lagerflächen oder ein unternehmensübergreifender Verleih von Kühlcontainern erarbeitet worden. Außerdem betonten mehrere Teilnehmende die Notwendigkeit frühzeitigen Handelns. So gab eine Teilnehmende an, dass dank der Zukunftsszenarien im Planspiel deutlich wurde, dass frühzeitiges Handeln sinnvoll sei und später auftretende Risiken abschwächen könne.
Eine zentrale Herausforderung bestand in der Vorbereitung darin, die passende Anzahl Teilnehmende für das Planspiel zu gewinnen. Hier war Flexibilität gefordert. Wo dies nicht aufging, mussten Teilnehmende teilweise auch andere Rollen als die eigene einnehmen. Als deutlich wurde, dass sich zusätzlich zu den geplanten Rollen auch Berater/innen anmelden, wurde zusätzlich eine neue Rolle für das Spiel geschaffen: Die IHK, die die Unternehmen bei der Maßnahmenentwicklung und -umsetzung unterstützt. Und für die kurzfristigen Absagen sprangen spontan Mitglieder des Projektteams ein und wurden zum Mitspieler in den unterbesetzten Rollen.
Literatur und Links
- Methodeneinblick im IÖW-Institutsbericht 2019-2020, Seite 29
- Dokumentation des Workshop 2 in der Workshop-Reihe „Bremer Unternehmen im Klimawandel“: Wie können sich die Maritime Wirtschaft & Logistik sowie die Ernährungswirtschaft auf Extremwetterereignisse und Klimawandelfolgen vorbereiten?
- Beschreibung Planspiel auf WegweiserBuergergesellschaft.de
- Beschreibung der Methode auf dem Portal BW21
- Methodenbeschreibung der Bundeszentrale für Politische Bildung
Steckbrief
- Aufwand: ca. 1 Personenmonat
- Veranstaltungsdauer: ein- bis zweitägiger Workshop
- Prozessdauer: ca. 2 Monate
- Anzahl der Teilnehmenden: 15 bis 25 Stakeholder
- Integration: Konsultation
Bei einem Stakeholder-Workshop bringen Sie Personen zu einem Diskussionsprozess zusammen, die von Ihrem Thema betroffen sind. Mit dieser Methode können Sie deren Wissensstand erfassen, aktuelle Situationen oder zukünftige Entwicklungen analysieren oder Handlungsempfehlungen erarbeiten. Je nach Zielsetzung wenden Sie unterschiedliche Diskussions- und Kreativitätstechniken an.
Stakeholder sind Personen oder Organisationen, die von politischen Entscheidungen, der Tätigkeit von Unternehmen oder wissenschaftlich-technischen Projekten betroffen sind. Sie versuchen, auf diese Prozesse Einfluss zu nehmen. Stakeholder sind aber auch Träger/innen von Expertenwissen, da sie mit den Details ihres Handlungsbereichs am besten vertraut sind. Durch einen Stakeholder-Workshop können Sie Zugang zu diesem Wissen erhalten.
Anders als Expert/innen sind Stakeholder jedoch nicht neutral. Ihre Expertise hängt unmittelbar mit konkreten Interessen im jeweiligen Themenfeld zusammen. Dadurch können Sie über die Wissenserhebung im engeren Sinn hinaus einen Stakeholder-Workshop auch für politische Einblicke nutzen. So erfahren Sie beispielsweise wie Stakeholder den Stand und die Perspektiven ihres eigenen Handlungsfeldes bewerten und welche Maßnahmen sie für dessen Weiterentwicklung empfehlen.
Anwendungsbereich
Ein Stakeholder-Workshop ist ein geeignetes Instrument, wenn Sie Interesse an aktuellen, praxisnahen Kenntnissen zu einem Handlungsfeld haben. Dies kann zum Beispiel bei der Vorbereitung einer politischen Maßnahme oder einer bürgerschaftlichen Initiative sein. In dieser Situation ist die Einbindung von Stakeholdern besonders attraktiv, denn diese sind aufgrund ihres Aufgaben- und Tätigkeitsprofils mit Stand, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven des entsprechenden Handlungsfelds bestens vertraut.
Da Stakeholder immer auch ihr Eigeninteresse in die Diskussion einbringen, erschließen Sie sich durch einen Stakeholder-Workshop eine Mischung aus Sachwissen und politisch-strategischen Einblicken in Bewertungen, Ziele oder Konfliktlinien. Solche Einblicke liefern Ihnen wertvolle Informationen für die Analyse von Erfolgsaussichten und Hindernissen Ihres Vorhabens.
Ablauf
Bei der Durchführung eines Stakeholder-Workshops haben Sie großen Gestaltungsspielraum. Bevor Sie festlegen, wie Sie Ihren Stakeholder-Workshop gestalten, sollten Sie jedoch zunächst klären, welche Ziele Sie erreichen und welche Stakeholder Sie dafür einbinden wollen. Auf dieser Grundlage erarbeiten Sie ein an Ihre Bedürfnisse angepasstes Workshop-Design. Hierfür steht Ihnen ein breites Spektrum an Moderations- und Kreativtechniken zur Verfügung, die Sie je nach Bedarf einsetzen und kombinieren können.
Einen festgelegten Ablauf für einen Stakeholder-Workshop gibt es nicht. In der Praxis stehen häufig zunächst Vorträge im Mittelpunkt. Anschließend bearbeiten die Teilnehmer/innen Fragestellungen interaktiv. Durch die Präsentationen können Sie den Teilnehmer/innen zum Beispiel Hintergrund, Ziele und Organisation des Workshops erläutern oder inhaltliche Aspekte des Themas vertiefen. Für die interaktive Workshop-Phase können Sie das übergreifende Thema auf einzelne Teilfragen herunterbrechen und so vielseitige Kleingruppendiskussionen initiieren.
Weitgehend frei sind Sie auch bei der Frage, wie lange ein Stakeholder-Workshop dauern und wie viele Veranstaltungen es geben soll. Ein Stakeholder-Workshop kann als ein- oder zweitägiges, einmaliges Ereignis stattfinden. Möglich ist aber auch die parallele oder sukzessive Durchführung mehrerer Workshops. So können Sie beispielsweise die Perspektiven verschiedener Stakeholder vergleichen oder erfassen, wie diese einen Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten bewerten.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Stakeholder-Workshop an:
- Analyse der Stakeholder-Landschaft
- Erstellung der Workshop-Agenda
- Auswahl und Einladung von Stakeholdern
- Rekrutierung eines/r Moderators/in
- Festlegung der anzuwendenden Moderations- und Kreativtechniken
- Durchführung des Workshops
- Ergebnisdokumentation (z.B Fotoprotokoll von Gruppenarbeitsresultaten)
- sonstige organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen, etc.)
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Stakeholder-Workshops zum Einsatz:
- Laptop, Beamer, Fotoapparat
- Hand-outs für Gruppenarbeit (z.B. Tischvorlagen mit Diskussionsthemen)
- Moderationsmaterialien
Expertise
Für die Durchführung eines Stakeholder-Workshops benötigen Sie ein hohes Maß an Wissen über das vorgesehene Thema. Außerdem brauchen Sie eingehende Kenntnisse über die Stakeholder, die für das Thema maßgeblich sind. Diese doppelte Expertise ist Voraussetzung, damit Ihr Workshop an den aktuellen Stand der Debatte anschließt und durch die Einbindung aller relevanten Stakeholder ein hohes politisches Gewicht erhält. Von Vorteil sind daneben Erfahrungen mit der Gestaltung von Workshops sowie der Anwendung von Moderations- und Kreativtechniken im Kontext heterogener, potentiell konfliktträchtiger Akteurskonstellationen.
Beachten
Entscheidend für die Qualität Ihres Stakeholder-Workshops ist die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises. Hierbei sollten Sie die folgenden Aspekte besonders berücksichtigen:
Stakeholder-Identifikation
Mit diesem Schritt schaffen Sie die Basis für Ihren Stakeholder-Workshop. Wichtig ist hier, zunächst sämtliche Akteure des Themenfeldes in den Blick zu nehmen, ohne diese bereits mit Kriterien wie Relevanz oder voraussichtliche Mitwirkungsbereitschaft zu bewerten. Der Blick auf die gesamte Bandbreite der Stakeholder-Landschaft hilft Ihnen sicherzustellen, dass Sie keine wichtigen Akteure übersehen. Ein übergreifendes Kategorienraster ist dabei ein einfaches Hilfsmittel zur Einordnung der Stakeholder. Geeignete Kategorien sind zum Beispiel Rolle (Verwaltung, Verband, Unternehmen, NGO, usw.) oder Zugehörigkeit zum öffentlichen oder privaten Sektor.
Stakeholder-Priorisierung
Hier bringen Sie die in der Kandidatenliste aufgeführten Stakeholder in eine Rangfolge entsprechend ihrer Bedeutung für den Workshop zu bringen. Auf diese Weise legen Sie fest, welche Stakeholder Sie für den Workshop auf jeden Fall, optional oder gar nicht gewinnen wollen. Diese Differenzierung nehmen Sie vor, indem Sie die Stakeholder beispielsweise nach ihrem Einfluss im Themenfeld und der Relevanz ihrer inhaltlichen Positionen für die Diskussionen auf dem Workshop beurteilen.
Stakeholder-Analyse
Durch eine Stakeholder-Analyse gewinnen Sie im Vorfeld des Workshops ein vertieftes Verständnis der Motive, Interessen, Expertise oder Mitwirkungsbereitschaft der von Ihnen ausgewählten Stakeholder. Eine Stakeholder-Analyse sollten Sie vor allem für einen Überblick über bestehende Beziehungen zwischen den Stakeholdern und sich daraus ergebende Konfliktpotenziale nutzen.
Beispiel
Im Projekt InnoSmart wurde im Dezember 2015 ein Stakeholder-Workshop zum Thema „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“ veranstaltet. Ein Smart Grid ist ein intelligentes Stromnetz. Seine Bestandteile wie Stromerzeuger, -verteiler, -speicher und elektrische Verbraucher sind digital vernetzt. Sie überwachen sich gegenseitig und optimieren das Netz auf diese Weise automatisch. Die Entwicklung von Smart Grids und ihre Integration in größere Energiesysteme standen zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang.
Ausgangspunkt des Stakeholder-Workshops war die Erkenntnis, dass die Digitalisierung des Energiesystems die bestehende Energieinfrastruktur revolutionieren wird. Eine intelligente Vernetzung von Bereitstellung, Infrastruktur und Verbrauchseinheiten wird zu einer völlig neuen, computerisierten Energiewelt führen. Für die Gesellschaft allgemein und besonders für Verbraucher/innen hat dies erhebliche Folgen.
Ziel des Stakeholder-Workshops war es deshalb, die Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben für ein gesellschaftlich Erfolg versprechendes Smart Grid zu identifizieren. Welche Faktoren über Gelingen und Scheitern eines solchen Smart Grids entscheiden, sollte der Workshop ebenfalls aufdecken.
Das InnoSmart-Team hatte im Projektverlauf umfassende Kenntnisse über die im Bereich Smart Grids relevanten Akteure gewonnen. Die Auswahl der Stakeholder für den Workshop erfolgte auf dieser Grundlage. Es sollten Personen aus den Sektoren Politik, Verbände, Zivilgesellschaft und Forschung teilnehmen, die durch Studien, Positionspapiere oder Stellungnahmen maßgeblichen Einfluss auf die Smart-Grid-Debatte genommen hatten. Insgesamt nahmen 17 Stakeholder aus diesen vier Sektoren am Workshop teil.
Der Stakeholder-Workshop war als eintägige Veranstaltung konzipiert und fand von 9:00 bis 15:15 Uhr statt. Der erste Teil des Workshops bestand aus vier Vorträgen, die sich dem Thema der digitalisierten Energiezukunft aus unterschiedlichen Blickwinkeln annäherten. Für jeden Vortrag standen 20 bis 25 Minuten zur Verfügung, wobei jeweils zwei Vorträge direkt hintereinander gehalten und dann gemeinsam diskutiert wurden.
Der zweite Teil des Workshops bestand aus einer Gruppendiskussion. Dazu verteilte das Workshop-Team die Stakeholder auf eine Fünfer- und zwei Sechser-Gruppen. Jede Gruppe bekam die drei gleichen Fragen zu Herausforderungen, Aufgaben und Erfolgsfaktoren eines Smart Grids aus gesellschaftlicher Perspektive. Für die Beantwortung der Fragen hatten die Stakeholder eine Stunde Zeit. Für Gesprächsführung und Ergebnissicherung waren die Gruppen selbst verantwortlich. Um ihnen dies zu erleichtern, legte das Workshop-Team die Fragen gut sichtbar auf die Gruppentische und stellte vorstrukturierte Flipcharts zum Festhalten der Gesprächsinhalte auf. Die Charts nutzten die Gruppensprecher/innen dazu, die Vorstellung der Ergebnisse der Gruppenarbeit im Plenum zu illustrieren. Die Veranstaltung endete mit einer kurzen Gesamtdiskussion der Workshop-Resultate.
Nach dem Workshop schickte das InnoSmart-Team den Teilnehmer/innen eine Dokumentation der Ergebnisse zu, sie bestand aus den PDF-Versionen der Vorträge sowie einer Excel-Datei, in die die Ergebnisse der Gruppenarbeit überführt worden waren.
Literatur und Links
- BiodivERsA (2014): Practical method note 2: Organising stakeholder workshops. Paris (www.biodiversa.org/710/download).
- Durham, E.; Baker, H.; Smith, M.; Moore, E.; Morgan, V. (2014): The BiodivERsA Stakeholder Engagement Handbook. Paris (www.biodiversa.org/705/download).
- FAO [Food and Agriculture Organization of the United Nations] (2011): Stakeholder Workshops. Rome (www.fao.org/fishery/eaf-net/eaftool/eaf_tool_3).
- Infanger, E. (2013): Gesunde Lebensmittelwahl – ein Kinderspiel? Zusammenfassung der Stakeholder-Workshops vom September 2012. Bern: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung
DOWNLOADS
- Programm und Gruppenarbeitskonzept des InnoSmart-Stakeholder-Workshops „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“
- Zusammenfassung der Gruppendiskussion des InnoSmart-Stakeholder-Workshops „Digitalisierte Energiezukunft: Gesellschaftliche Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben eines Smart Grid“
TEMPLATE
Hier finden Sie Templates zur Durchführung der Methode. Bitte ersetzen Sie die rot markierten Stellen durch eigene Angaben.
Steckbrief
- Aufwand: 1 Personenmonat
- Veranstaltungsdauer: 0,5 bis mehrere Tage
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl Teilnehmende: ab 20 Personen
- Integration: Konsultation
World Café, auch Weltcafé genannt, ist eine Großgruppenmethode mit fokussierten Diskussionen in wechselnden Kleingruppen. Sie zielt darauf in lockerer Kaffeehausatmosphäre einen intensiven Dialog zu führen.
Die Methode wurde 1995 von Juanita Brown und David Isaacs, zwei US-amerikanischen Unternehmensberater/innen, entwickelt. Zentrale Merkmale der Methode sind die Gleichzeitigkeit von vielen Diskussionsgruppen in einem großen Raum, der wiederholte Wechsel der Gruppenzusammensetzung und die Visualisierung von Diskussionsverläufen und -ergebnissen.
Beim Weltcafé teilt sich eine große Gruppe in kleine Gruppen von etwa 4 bis 6 Personen auf. Diese Kleingruppen diskutieren an Tischen eine vorgegebene Frage. Entweder richten Sie den Raum von vornherein nur mit Tischgruppen ein oder haben zusätzlich einen Bereich mit Stuhlreihen für plenare Teile und fordern die Teilnehmenden mit Beginn der Diskussion auf, sich auf die Tische zu verteilen. Die Verteilung auf die Tischgruppen überlassen Sie dabei in der Regel dem Zufall. Sie können aber auch – beispielsweise wenn verschiedene Stakeholdergruppen vertreten sind, die Sie auf jeden Fall gemischt haben wollen – mit farbigen Namensschildern arbeiten und dazu auffordern, dass an jedem Tisch alle Farben vertreten sein sollen. Nach einer festgelegten Zeit wechseln die Teilnehmenden an andere Tische und bauen dort in neuer Gruppenzusammensetzung auf den vorherigen Ergebnissen auf. Dabei kann entweder die gleiche oder eine neue Frage zur Diskussion stehen. Um Kontinuität zu erreichen, wird jeder Tisch von einem/r Gastgeber/in betreut, der/die die neue Gruppe über die bisherigen Ergebnisse informiert. Die Wechsel bieten Gelegenheit, alle Beteiligten in einen vielfältigen Dialog einzubinden und von anderen eingebrachte Ideen kreativ weiter zu entwickeln.
Anwendungsbereich
Mit einem Weltcafé können Sie unterschiedliche Sichtweisen auf ein Thema erfassen und das Wissen verschiedener Akteure verknüpfen. Die Methode eignet sich besonders dafür, Ideen und Handlungsoptionen zu entwickeln. Sie ermöglicht einen intensiven Austausch und hilft, Akteure zu vernetzen. Die Methode kommt oft in der Organisationsentwicklung zum Einsatz, eignet sich aber auch hervorragend, um bei komplexen Themen – wie beispielsweise die Energiewende – eine Vielfalt von Akteuren zusammenzubringen und zwischen verschiedenen Perspektiven zu vermitteln. In Innovationsprozessen können Sie ein Weltcafé nutzen, um Ideen zu entwickeln oder um neuartige Entwicklungen und Strategien zu reflektieren und zu bewerten.
Ablauf
Ein Weltcafé beginnt mit einer plenaren Einführung für die Großgruppe. Hierbei sollten Sie sowohl die Aufgabenstellung als auch die Methode erläutern. Wichtig ist es hierbei, auf bestimmte Diskussionsregeln, die sogenannte Weltcafé-Etikette, einzugehen:
- Bringen Sie Ihre Gedanken und Erfahrungen ein.
- Hören Sie auf die anderen und suchen Sie nach gemeinsamen Erkenntnissen.
- Konzentrieren Sie Ihre Aufmerksamkeit auf neue Erkenntnisse.
- Halten Sie den Gesprächsverlauf fest (Stichpunkte, Bilder etc.).
Alle dürfen schreiben/malen. - Greifen Sie auf Erkenntnisse aus den früheren Diskussionen zurück.
- Bestimmen Sie eine Person, die als Gastgeber/in am Tisch bleibt und die Ergebnisse präsentiert.
Zudem können Sie zu Beginn oder zwischen den Weltcafé-Runden Vorträge oder andere Inputs einbauen. Nach der Einführung stellen Sie die Frage für die erste Caférunde vor und die Teilnehmenden diskutieren selbständig an ihren Tischen. Die Gastgeber/innen werden in der Regel von der ersten Tischgruppe bestimmt. Sie können sie aber auch vorab auswählen und auf ihre Rolle vorbereiten. Wichtig ist, dass die Kleingruppen den Diskussionsverlauf und ihre Ergebnisse visualisieren. Hierzu verwenden Sie Papiertischdecken, die Sie am Ende der Veranstaltung aufhängen können. Alternativ können Sie Flipchart-Blätter oder Packpapierbögen an Pinnwänden benutzen.
Für eine Diskussionsrunde sollten Sie etwa 20 bis 40 Minuten einplanen. Ändern Sie die Frage für die nächste Runde nicht, reichen meistens 20 Minuten. Wenn Sie eine neue Frage stellen, sollten Sie dagegen eher 30 Minuten vorgeben. Nach Ablauf der ersten Diskussionsrunde fordert die Moderation die Teilnehmenden auf, die Tische zu wechseln und erläutert gegebenenfalls die neue Fragestellung. Zur Einführung in die folgende Runde berichten die Gastgeber/innen an ihren jeweiligen Tischen von den Ergebnissen der vorherigen Diskussion. Anschließend diskutiert die Tischrunde die (neue) Frage. Dies können Sie beliebig fortsetzen. Häufig erfolgen drei Diskussionsrunden nacheinander. Abwandlungen der Methode sind möglich, indem zum Beispiel die Ergebnisse der Tische zwischendurch im Plenum diskutiert werden, bevor es in eine neue Runde an den Tischen geht.
Am Ende eines Weltcafés erfolgt die Zusammenführung der Ergebnisse. Dafür stellen die Gastgeber/innen mit Hilfe der an den Tischen erfolgten Visualisierung die zentralen Ergebnisse vor. Hierbei sollten Sie sie ermuntern, auf besonders interessante, überraschende oder kontroverse Ergebnisse einzugehen. In der anschließenden zusammenführenden Diskussion sollten Sie vor allem gemeinsame Sichtweisen, aber auch Kontroversen festhalten.
Für die Zusammenführung der Ergebnisse ist oft ein so genanntes Graphic Recording hilfreich. Dabei handelt es sich um die Visualisierung von Diskussionsinhalten durch eine/n professionelle/n Illustrator/in. Dies erleichtert es, die Fülle von Diskussionsinhalten zu strukturieren.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einem Weltcafé an:
- Erstellung eines Moderationsplans mit Diskussionsfragen
- Rekrutierung eine/r Moderator/in und gegebenenfalls eines/r Illustrator/in
- Identifikation und Einladung von Teilnehmenden
- Organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen etc.)
- Durchführung des Weltcafés
- Dokumentation
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung eines Weltcafés zum Einsatz:
- Papiertischdecken zum Beschreiben, alternativ Packpapier oder Flipchartblätter
- Moderationsmaterialien (Flipchartblätter, Stifte, Moderationskarten, Moderationswände)
- Laptop, Beamer, Fotoapparat, Tontechnik
Expertise
Eine wichtige Rolle kommt der Gesamtmoderation zu. Sie muss durch eine gute Einführung die Teilnehmenden motivieren, diese mit den Prinzipien des Weltcafés vertraut machen und während der Diskussionsrunden gegebenenfalls Anregungen geben, falls die Gespräche an den Tischen stocken. Außerdem muss die Moderation die Teilnehmenden an den Tischen daran erinnern, ihre Diskussion zu visualisieren oder zu protokollieren, und die Zeit im Blick zu behalten. Die Hauptaufgabe der Moderation liegt darin, die Teilnehmenden auf ihrem Weg zu selbstorganisiert erarbeiteten Ergebnissen zu begleiten.
Beachten
- Frageformulierung
Formulieren Sie die Fragen so, dass diese klar und fokussiert sind, aber gleichzeitig genug Raum für Diskussionen lassen. Achten Sie darauf, dass die Fragen für die Teilnehmenden relevant sind und weniger auf Bewerten, sondern mehr auf Entdecken und Vertiefen zielen. Gegebenenfalls können Sie die Fragen vorab bei ausgewählten Schlüsselpersonen testen, um zu sehen, ob die Fragen die Gedanken anregen. - Durchmischung der Gruppe
Achten Sie darauf, dass beim Wechsel von einem Tisch zum anderen tatsächlich neue Gruppen entstehen. Greifen Sie gegebenenfalls ein und trennen Sie Personen, die gemeinsam von Tisch zu Tisch wechseln. - Raumgröße
Der Raum sollte groß genug sein, um so viel Abstand zwischen den Tischen zu haben, dass die Teilnehmenden nicht zu sehr durch die Diskussionen an den anderen Tischen abgelenkt werden. Hierfür sollten Sie als Orientierung mit mindestens 4m2 pro Person rechnen. Wird im Raum noch ein Buffet aufgebaut, benötigt dies zusätzlich Platz. Quadratische Räume sind am besten geeignet. - Kaffeehausatmosphäre
Mit der Weltcafé-Methode wollen Sie an die Atmosphäre von informellen Gesprächen am Cafétisch anschließen. Wichtig hierfür sind ein angenehmer Ort und die Gestaltung der Tische. Stellen Sie die Tische locker angeordnet, schmücken Sie diese gegebenenfalls mit Tischdecken und/oder Blumenvasen. Ideal sind kleine runde Tische mit einem Durchmesser von 90 bis 110 cm. Zudem sollte es möglich sein, während der Diskussion Getränke sowie Kekse, Obst oder Snacks an den Tischen zu verzehren.
Beispiele
Beispiel 1: World Café im Stakeholderdialog zur Anpassung an den Klimawandel
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) führte im Auftrag des Kompetenzzentrums Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt einen Stakeholderdialog zum Thema „Chancen und Risiken des Klimawandels in der Energiewirtschaft“ durch. Ziel der Veranstaltung war es, Fragen der Anpassung an den Klimawandel in der Energiewirtschaft zu diskutieren und daraus Handlungsempfehlungen für verschiedene Akteure abzuleiten. Zu diesem Zweck organisierte das IÖW ein Weltcafé.
Zur Vorbereitung des Dialogs führten die Forscher/innen zunächst eine Recherche durch, um herauszufinden, welche Teilbereiche der Energiewirtschaft besonders durch den Klimawandel betroffen sind. Anschließend setzten sie den inhaltlichen Fokus auf Elektrizitätserzeugung auf Basis von Windenergie und fossilen Energieträgern sowie auf Elektrizitätsverteilung. Hierzu erstellten die Forscher/innen ein Hintergrundpapier und recherchierten potenzielle Teilnehmende für das Weltcafé, die sie anschließend sowohl per E-Mail als auch telefonisch einluden.
Für den Dialogablauf wählte das IÖW eine Mischung aus Inputs und Diskussionen in drei Weltcaférunden. Jeweils im Anschluss an bis zu drei zehnminütigen Inputvorträgen folgten die Weltcaférunden. Hierfür wurden die 25 Teilnehmenden auf 5 Tische verteilt. Da der Raum groß genug war, wurden zusätzliche Stuhlreihen für die Vorträge und die plenare Abschlussdiskussion aufgestellt.
Für die einzelnen Diskussionsrunden im Weltcafé standen jeweils etwa 25 Minuten zur Verfügung. Im Laufe des Tages wurden aufeinander aufbauende Fragen diskutiert. Dabei waren die drei Weltcaférunden unterschiedlich gestaltet: In der ersten erfolgte nach 25 Minuten ein Wechsel in der Tischzusammensetzung und es wurde dieselbe Frage weiter diskutiert, in der zweiten wurde zum Wechsel der Tische eine zweite Frage gestellt und in der dritten Runde wurde nur eine Frage behandelt und die Tische nicht gewechselt.
Die Teilnehmenden erhielten vorbereitete Flipchart-Blätter, um ihre Diskussionsergebnisse zu visualisieren. Nach jeder Weltcaférunde erfolgte jeweils eine kurze plenare Sammlung der Ergebnisse (10 bis 15 Minuten), bei der für jeden Tisch eine Person zentrale Ergebnisse vorstellte. Am Ende der Veranstaltung wurden in einer zusammenführenden Plenumsdiskussion Handlungsempfehlungen festgehalten. Die Veranstaltung wurde in einem Ergebnispapier dokumentiert, das mit den Teilnehmenden abgestimmt wurde.
Beispiel 2: Gemeinsame Entwicklung einer Zukunftsvision für die Energiewende in Nordrhein-Westfalen
Im Projekt „Mentalitäten und Verhaltensmuster im Kontext der Energiewende in NRW“ führten die Hochschule Bochum und das Kulturwissenschaftliche Institut Essen in den Jahren 2016 und 2017 in Bochum und Essen zwei Partizipationsveranstaltungen mit Bürger/innen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Mitgliedern der jeweiligen Stadtverwaltung durch.
In den Veranstaltungen wurde die World Café-Methode genutzt, um gemeinschaftlich eine Zukunftsvision für eine gelingende Energiewende in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln. Die übergreifende Frage des World Cafés lautete: „Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2030. In NRW hat eine Energiewende stattgefunden, hinter der Sie voll und ganz stehen können. Wie hat sich Ihr Leben mit Ihrer Wunschwende verändert?“
In Bochum waren 35 und in Essen 15 Bürger/innen als Teilnehmende anwesend. Sie diskutierten an vier im Raum verteilten Thementischen. Die Leitfragen der Thementische lauteten: „Wie werden Sie arbeiten und ihre Freizeit verbringen?“; „Wie werden Sie mobil sein)“; „Wie werden Sie wohnen?“ sowie „Wie hat sich NRW verändert (Infrastruktur, Energie, etc.)?“.
Während sie über über das jeweilige Thema diskutierten, sollten die Teilnehmenden auf einer beschreibbaren Tischdecke Notizen zu den Ergebnissen der Diskussion festhalten. Nach einer gewissen Zeit wechselten die Teilnehmenden den Tisch. Insgesamt gab es zwei Tischwechsel, wodurch sich jede/r Teilnehmende an dreien der vier Tische beteiligen konnte. Jeweils eine Person pro Tisch übernahm stets die Rolle des Tischpaten/ der Tischpatin und blieb eine weitere Runde am Tisch sitzen, um die neu Hinzugekommenen darüber zu informieren, worüber die vorherige Gruppe diskutiert hatte. So konnten die Gruppen auf der vorherigen Diskussion aufbauen.
Beim dritten und letzten Durchlauf hatten die Teilnehmenden die Aufgabe, aus den Tisch-Notizen Vorschläge für Leitsätze abzuleiten. Anschließend strukturierten die Gruppen die Ergebnisse der einzelnen Tische und hefteten sie an Stellwänden. Die jeweils letzten Tischpat/innen stellten diese im Plenum vor. Dadurch konnten alle Teilnehmenden zu jedem Thema Fragen stellen und die Gesamtgruppe erhielt einen Überblick. Abschließend bewerteten die Teilnehmenden die verschiedenen Ideen in einem moderierten Diskussions- und Abstimmungsprozess.
Aus den Ergebnissen des World Cafés wurden im Anschluss Leitsätze herauskristallisiert, die in eine gemeinsame Zukunftsvision eingingen. Das Projektteam erstellte daraus im Nachgang der Veranstaltung einen Fließtext, der den Teilnehmenden sowie kommunalpolitischen Akteur/innen zugänglich gemacht wurde.
Literatur und Links
- www.theworldcafe.com
- Brown, J. & David, I. (2007): Das World Café - Kreative Zukunftsgestaltung in Organisationen und Gesellschaft. Heidelberg: Carl-Auer.
- Café to Go; Eine kurze Einführung, um Gespräche in Gang zu bringen...
- Dunkelberg, E.; Hirschl, B.; Hoffmann, E. (2009): Ergebnis des Stakeholderdialogs zu Chancen und Risiken des Klimawandels – Energiewirtschaft. Berlin: IÖW [Institut für ökologische Wirtschaftsforschung]
- Werkzeugkasten Dialog und Beteiligung - Ein Leitfaden zur Öffentlichkeitsbeteiligung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW.
- Methodenhandbuch des Netzwerks Bürgerbeteiligung
- Ruppert-Winkel, C.; Hauber, J.; Stablo, J.; Kress, M. (2014): Das World Café als Integrationsinstrument in der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung. In: GAIA - Ökologische Perspektiven für Wissenschaft und Gesellschaft, 23 (3), S. 243-252.
Steckbrief
- Aufwand: 1,5 Personenmonate
- Veranstaltungsdauer: 1 - 3 Tage
- Prozessdauer: 1 Monat
- Anzahl der Teilnehmenden: optimal 10 – 30 Personen (möglich mit bis zu 100 Personen)
- Integration: Konsultation
Bei einer Zukunftswerkstatt werden mit Hilfe von Zukunftsvisionen und Utopien gemeinschaftlich Lösungen für bestehende Probleme erarbeitet. Das Kernelement dieser Methode sind drei Phasen: Kritikphase, Phantasiephase und Verwirklichungsphase. Sie können die Methode für all jene Prozesse nutzen, bei denen kreative Ideen gefragt sind und Sie gemeinsam mit von dem Problem betroffenen Personen innovative Lösungen erarbeiten wollen.
Die Zukunftswerkstatt ist eine von Robert Jungk entwickelte Methode, die insbesondere dazu dient, mit kreativem Denken und Phantasie bestehende Probleme zu lösen. Sie soll dazu anregen, aus herkömmlichen Denkmustern auszubrechen und mit Hilfe eines utopischen Blickes in die Zukunft neue Lösungswege zu finden. Wesentlich ist der kreative Prozess, weshalb in einer Zukunftswerksatt keinesfalls Lösungen von vornherein festgelegt oder forciert werden sollten. Sie können diese Methode besonders bei komplexen und vielschichtigen Problemen anwenden, bei denen es unterschiedliche Perspektiven gibt. Mithilfe der Methode können Sie eingetretene Pfade aufbrechen und neue Ideen jenseits von etablierten Lösungen entwickeln.
Gerade für Fragestellungen, bei denen unkonventionelle Ideen gesucht werden und es einen Gestaltungsspielraum für Innovationen gibt, eignet sich die Methode der Zukunftswerkstatt besonders gut. Alle Teilnehmenden gelten als Expert/innen und Menschen jeden Alters, jeder Bildung und Herkunft wird die Fähigkeit zugesprochen Zukunft mitzugestalten. Von diesen verschiedenen persönlichen Hintergründen lebt eine Zukunftswerkstatt. Besonders ideenreich und lebendig sind Zukunftswerkstätten dann, wenn die Teilnehmenden unmittelbar von der Problematik betroffen sind. Die Zukunftswerkstatt soll die Beteiligten aktivieren, ermutigen und die Entwicklung selbstbestimmter Perspektiven fördern.
Anwendungsbereich
Als Kommune können Sie Zukunftswerkstätten einsetzen, um gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren relevanten Stakeholdern herauszufinden, in welchen Bereichen Ihre Kommune beispielsweise noch mehr für die Energiewende tun könnte und wie, diese Ideen umgesetzt werden könnten. Auch hier gilt, dass die Methode mit kleineren und auch mit sehr großen Gruppen durchgeführt werden kann. Auch mehrere aufeinanderfolgende Zukunftswerkstätten zu unterschiedlichen für Ihre Kommune relevante Handlungsfelder wie beispielsweise die lokale Energieversorgung, Energieeffizienz oder Klimaresilienz sind möglich.
Grundsätzlich können Sie die Zukunftswerkstatt in allen Themenfeldern anwenden, in denen kreative Ideen, Offenheit und die Integration unterschiedlicher Perspektiven gefragt sind. Sie eignet sich sowohl als Problemlöse- und Ideenfindungswerkstatt als auch als Strategiewerkstatt. Die Methode eignet sich besonders gut, um Menschen gleichranging an diesen Prozessen zu beteiligen.
Ablauf
Um die Teilnehmenden auf das Thema der Zukunftswerkstatt einzustimmen, bietet es sich an bereits vorab einen kurzen Einführungstext bereitzustellen. Um eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, sollten sich die Teilnehmenden zu Beginn kennenlernen. Hierzu eignet sich beispielweise ein Kennenlernspiel oder ein „thematisches Kennenlernen“, bei dem die Teilnehmenden ihre individuelle Motivation für die Teilnahme an der Zukunftswerkstatt zu schildern.
Damit das freie unvoreingenommen Phantasieren, also der Kern einer Zukunftswerkstatt, gelingen kann, ist es besonders wichtig, dass Sie die Teilnehmenden über die Regeln einer Zukunftswerkstatt informieren.
- Alle Beiträge werden gleichwertig behandelt, unabhängig von Hierarchien und Rollen.
- Jede/r hilft jedem, Ideen anderer dürfen aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
- Es werden keine verbalen und nonverbalen Killer-Phrasen verwendet (z.B. „Das haben wir ja noch nie gemacht!“, „Das ist aber gegen die Vorschriften!“, „Wer soll das bezahlen?“ sowie kritische Blicke und Stirnrunzeln)
- Alles ist möglich und erlaubt, es gibt keinerlei Einschränkungen durch „Zwänge“.
Es kann hilfreich sein, wenn Sie die Regeln für die Zusammenarbeit auf einer Flipchart visualisieren. Nach dieser Vorbereitungsphase beginnen die eigentlichen drei Phasen einer Zukunftswerkstatt.
Abbildung: Schematischer Aufbau der Zukunftswerkstatt, Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Methodenbeschreibung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und Kuhnt und Müllert (2006)
1. Kritikphase
In der Kritikphase sollen die bestehenden Herausforderungen innerhalb des Themenfeldes herausgearbeitet werden. Es geht darum den Ist-Zustand zu beschreiben und zu kritisieren.
- Fragen: Schreiben Sie eindeutig formulierte Kritikfragen auf ein Flipchart oder Plakat (z. B. „Was sind Ihre Befürchtungen, welche Probleme und Hindernisse sehen Sie, wenn sie an die Energiewende in unserer Kommune denken?“).
- Sammeln: Teilen Sie die Gruppe je nach Anzahl der Teilnehmenden in Kleingruppen auf und sammeln Sie alle Kritikpunkte, die genannt werden, auf Moderationskarten.
- Clustern & Präzisieren: Anschließend werden die Kritikpunkte im Plenum verdichtet und geclustert (Welche Kritikpunkte passen zusammen?) und durch Beispiele präzisiert.
- Auswählen: In der Regel können aufgrund der begrenzten Zeit nicht alle Themencluster bearbeitet werden. Deshalb lassen Sie die Teilnehmenden eine Auswahl an Cluster bestimmen, die sie in der nächsten Phase weiter vertiefen möchten. Dies erfolgt in der Zukunftswerkstatt selbstbestimmt durch die Teilnehmenden und sollte nicht von „oben“ gesteuert werden.
2. Phantasie- und Utopiephase
In der zweiten Phase entwickeln die Teilnehmenden Ideen und Innovationen. Je nach Anzahl der zuvor ausgewählten Cluster werden nun Kleingruppen gebildet. Die Zuordnung kann spontan oder nach einem von Ihnen zuvor bestimmten Prinzip erfolgen, beispielsweise eine Mischung aus unterschiedlichen Altersgruppen, Nutzungsgruppen oder auch beruflichen Hintergründen.
- Umformulieren: Fordern Sie die Teilnehmenden auf, in den Kleingruppen die zuvor gesammelten Kritikpunkte so umzuformulieren, dass positive Aussagen oder Wünsche entstehen (z. B. aus „fehlender Bürgernähe“ wird „viel Bürgernähe“).
- Entwickeln & Entwerfen: Lassen Sie nun die Teilnehmenden ihre eigenen Ideen entwickeln und Utopien entwerfen, z. B. durch Brainwriting. Ob die Ideen auch wirklich umsetzbar sind, sollte keine Rolle spielen.
- Auswerten & Auswählen: Die Gruppen stellen sich gegenseitig ihre Utopien vor. Es wird eine Ideenliste angelegt, in der die herausragenden Einfälle von dem Teilnehmenden auf einem Flipchart oder ähnlichem notiert werden. Daraus werden Ziele abgeleitet.
Besonders wichtig ist es in der Phantasiephase die Teilnehmenden zum freien Denken oder gar zum „Spinnen“, ohne äußere Restriktionen (technisch, wirtschaftlich, politisch etc.) und zum Blick über den Tellerrand hinaus zu motivieren. Nur so kann sich die Phantasie der Teilnehmenden frei entfalten.
3. Verwirklichungs- und Praxisphase
In der Verwirklichungsphase geht es darum zu überlegen, wie die Ziele praktisch umgesetzt werden können. Die Teilnehmenden überprüfen die Ideen und Visionen auf ihre Machbarkeit hin und entwickeln konkrete Projekte und Schritte, um die zuvor definierten Ziele zu erreichen.
- Priorisieren: Welche Ideen sollen umgesetzt werden? (Vergabe von Punkten)
- Identifizieren: Welche möglichen Barrieren (Akteure & Strukturen) stehen einer Realisierung im Weg? Was braucht es, damit die Ideen tragfähig und umsetzbar werden? Welche Maßnahmen sind dazu notwendig?
- Planen: Projektumrisse entwerfen und konkrete Schritte erarbeiten (Wer kann was, mit wem, in welcher Form, bis wann umsetzen?)
Der Weg der Zukunftswerkstatt geht immer vom Allgemeinen zum Besonderen und endet mit konkreten praxisbezogenen Projektideen, bei denen auch schon die ersten Schritte für die Umsetzung geplant werden. In dieser Phase müssen die Ideen in die Realität „übersetzt“ werden. Die Teilnehmenden bleiben nicht in der Phantasiewelt stehen, sondern entwickeln konkrete Lösungsansätze, die sich aus unkonventionellen und kreativen Ideen speisen.
Den Abschluss der Zukunftswerkstatt bildet eine Rückmeldung der Teilnehmenden beispielsweise in Form eines Blitzlichtes oder einer methodischen Evaluation. Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt werden dokumentiert. Infomieren Sie die Teilnehmenden darüber, wenn bzw. wie Sie planen, die erarbeiteten Ideen und Maßnahmen umzusetzen.
Folgende Arbeitsschritte fallen typischerweise bei einer Zukunftswerkstatt an:
- Planung der Thematik, Zielsetzung und Gruppengröße
- Rekrutierung von Moderation- und Co-Moderation
- Identifikation und Rekrutierung von Teilnehmenden
- Abstimmung mit Moderation zur thematischen Zielsetzung, Gesamtzeit und sozialen Gruppenstruktur
- Organisatorische Vorbereitungen (Auswahl und Buchung von Tagungsort und Caterer, Auswahl der Getränke und Speisen etc.)
- Vorbereitung des Inputmaterials, Erstellung der Materialliste & des Ablaufplans
(erfolgt i.d.R. durch Moderation) - Durchführung der Zukunftswerkstatt inkl. (Foto-) Dokumentation während der Veranstaltung
- Synthese der Dokumentation
Folgende Materialien und Geräte kommen bei der Durchführung einer Zukunftswerkstatt zum Einsatz:
- Hintergrundinformationen zum Thema (Artikel, Broschüren, Filme)
- Stellwände & Papierbögen/Plakate/Flipcharts, Moderationskarten
- Material zum Gestalten (Bunte Stifte z.B. Pastell-Ölkreiden/Scheren, Klebeband & Klebestifte, Bunt- oder Krepppapier, Naturmaterialien)
- Fotoapparat zur Dokumentation
Expertise
In der Zukunftswerkstatt werden besondere Kompetenzen von der Moderation verlangt. Die inhaltlichen Kenntnisse zum Thema der Zukunftswerkstatt sind dabei weniger von Bedeutung. Wesentliche Kompetenzen der Moderation sind die methodisch-didaktischen sowie sozialen Kenntnisse, um die Teilnehmenden auf dem Lösungsweg zu begleiten. Eine offene und positive Grundeinstellung, thematische Neutralität, Präsenz und Verbindlichkeit sowie gruppenorientierte Sensibilität sind wichtige Eigenschaften der moderierenden Person. Die Moderation sollte das Modell und die Moderationsanforderung der drei Phasen gut kennen und in der Lage sein, situationsgerecht sozial-orientierte und kreative Moderationsmethoden einzusetzen.
Beachten
- Gruppengröße
Für Zukunftswerkstätten mit einer Teilnehmendenzahl von 15 bis 40 Personen sind zwei bis drei Moderator/innen sinnvoll. Gehen die Teilnehmendenzahlen über 50 Personen hinaus, sollten weitere Moderator/innen eingebunden werden. - Gruppenzusammensetzung
Die Gruppen sollte so zusammengesetzt sein, dass möglichst viele Kompetenzen und Perspektiven zu einem Thema und möglichst wenig formale Hierarchien (z.B. Vorgesetzte und Angestellte) vertreten sind. Bei der Kleingruppenbildung sollte die Moderation auf eine Durchmischung achten. - Unvorhergesehenes
Auch, wenn die Zukunftswerkstatt sehr gut geplant ist, kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Dazu gehören beispielsweise geringe Motivation, die Dominanz einzelner Personen, Teamunstimmigkeiten oder das Festhalten an Überholtem. Die Moderation kann bei Unstimmigkeiten mit vorwärtsgerichtet Fragen Impulse geben (z.B. „Wie könnte eine Lösung dieses Problems aussehen?“) oder nach Beispielen für konkrete Problemlagen fragen. - Methodische Ausgestaltung
Die methodische Ausgestaltung muss auf die Gruppengröße angepasst werden. Alle drei Phasen sollten methodisch gut vorbreitet und professionell moderiert werden. - Räumlichkeiten
Achten Sie bei der Auswahl der Räumlichkeiten darauf, dass Sie für die Kleingruppenarbeit ausreichend Platz bieten. Wichtig ist auch, dass die Räume eine angenehme Atmosphäre und kreatives Denken ermöglichen.
Beispiel
Im Forschungsprojekt „Akzeptanz und Strategien für den Ausbau Erneuerbarer Energien auf kommunaler und regionaler Ebene“ fanden im Jahr 2006 fünf Zukunftswerkstätten statt. Das Projekt wurde vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) gemeinsam mit dem Ecologic-Institut für Internationale und Europäische Umweltpolitik, dem Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam und dem Institut für Ressourcenschonung, Innovation und Sustainability durchgeführt. Alle fünf Zukunftswerkstätten standen unter dem allgemeinen Motto „Auf der Suche nach zukunftsträchtigen Wegen für die Energieversorgung“. Jede Zukunftswerkstatt beschäftigte sich mit einer ausgewählten Technologie (Biomasse, Onshore-Wind, Offshore-Wind oder Photovoltaik) in einer bestimmten Region Lausitz, Wendland-Elbetal, Braunschweiger Land, Küste Nordfrieslands, Raum Leipzig).
Die Teilnehmenden der Zukunftswerkstätten (jeweils 11-20) setzten sich aus Akteur/innen und Multiplikator/innen aus der Zivilgesellschaft sowie aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft zusammen. Dadurch sollte die Identifizierung von Problemen und Lösungsansätzen sowie eine breite Netzwerkbildung und die Entwicklung von Projektideen auf regionaler Ebene begünstigt werden. Trotz des Anspruchs auf eine ausgeglichene Geschlechterverteilung gab es bei den fünf durchgeführten Zukunftswerkstätten eine überdurchschnittlich hohe Anzahl männlicher Teilnehmender.
Jede Zukunftswerkstatt dauerte ca. 7,5 Stunden und wurde von zwei Moderator/innen begleitet. Die Zukunftswerkstätten begannen jeweils mit einer Kritikphase, in der der Ist-Zustand kritisch aufgearbeitet wurde. Hierfür teilten und sammelten die Teilnehmenden negative Erfahrungen bei der Einführung und Nutzung der spezifischen EE-Technologie in der Region. Dies diente dem Ziel, sich die vorhandenen Probleme vor Augen zu führen, sie zu konkretisieren und zu analysieren. Um mit den gesammelten Kritikpunkten weiterarbeiten zu können, wurden diese von den Teilnehmenden auf Kärtchen geschrieben, die anschließend gesammelt und in verschiedene Kategorien eingeteilt wurden. Dann setzten die Teilnehmenden innerhalb der identifizierten Kategorien mithilfe von Punkten Prioritäten. Auf dieser Basis wurden zentrale Kritikpunkte ausgewählt.
An die Kritikphase schloss sich jeweils die Phantasie- (und Utopie-)phase an. Um diese einzuläuten, wurde der Raum geschmückt und Musik eingespielt. In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden Visionen für das Jahr 2050 und visualisierten diese auf einem Plakat. Als Material konnten die Teilnehmenden Zeitschriften (für Collagen), Wasserfarben, Kreide, Luftballons, Knete, Stifte etc. nutzen. Die fertigen Plakate wurden im Plenum vorgestellt. Die Zuhörer/innen hielten während der Präsentationen die spannendsten Ideen auf Kärtchen fest. Diese wurden im Anschluss erneut sortiert und Kategorien zugeordnet.
Die jeweils letzte Phase bildete die Verwirklichungs- und Praxisphase. Hier war das Ziel, auf die während der Phantasiephase entstandenen Visionen aufzubauen und konkrete Projektideen zu entwickeln. Hierfür wurden erneut Kleingruppen gebildet, welche für ihre Projektskizzen die Leitfragen „Was, wer, wie, wo und wann?“ beantworten sollten. Nachdem dieser Prozess abgeschlossen war, stellten die Kleingruppen ihre jeweiligen Projektskizzen in der Großgruppe vor.
Literatur und Links
- Holzinger, H.; Spielmann, W. (2016): Die Zukunft demokratisieren. Einführung in die Methode Zukunftswerkstatt. (Download PDF)
- Jungk, R./Müllert, N. (1989): Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen Routine und Resignation, München: Heyne Sachbuch.
- Kuhnt, B., & Müllert, N. R. (2006): Moderationsfibel Zukunftswerkstätten: verstehen-anleiten-einsetzen; das Praxisbuch zur sozialen Problemlösungsmethode Zukunftswerkstatt (Vol. 166). Neu Ulm:AG SPAK Bücher.
- Müllert, N. R. (2009): Zukunftswerkstätten. In Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, S. 269-276.
- Müllert, N. R. (2017): Zukunftswerkstatt. In: P. Patze-Diordiychuck, J. Smettan, P. Renner, T. Föhr (Hrsg.): Methoden Handbuch Bürgerbeteiligung. Band 2: Passende Beteiligungsformate wählen. München: oekom, S. 150-160.
- Methodenbeschreibung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen
- Methodensammlung der EnergieAgentur.NRW (im Auftrag der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen)
- Methodenbeschreibung der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik
- Methodenbeschreibung in der Materialiensammlung des Lehrerfortbildungsservers Baden-Württemberg
- Methodenbeschreibung des Wegweisers Bürgergesellschaft, ein Projekt der Stiftung Mitarbeit
- Methodensteckbrief des Methodenkoffers SGL
- Kreativtechniken und -übungen
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